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Warum billig bauen in Bamberg so schwer fällt


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Mittwoch, 15. März 2017

An der Mittelbachstraße werden 96 ehemalige Sozialwohnungen abgebrochen, um Platz für neuen Wohnraum zu schaffen. Die Kaltmieten steigen kräftig.
Günstig, aber nicht mehr zeitgemäß? 65 Jahre nach dem Bau hat die Siedlung in der Mittelbachstraße ausgedient. Sie wird abgerissen.  Foto: MW


Heinz Kuntke, Sprecher der SPD im Bausenat, nahm kein Blatt vor den Mund. Als es im Rathaus um ein neues Siedlungsprojekt für die Gartenstadt ging, kam er gleich zum Kern des Themas: Seine Fraktion wolle nicht zusehen, wie günstige Sozialwohnungen flächendeckend in hochpreisigen Wohnraum umgewandelt werden. "Wir sind gespannt, zu welchen Kosten hier die Wohnungen einmal angeboten werden." Kuntke verlangt die Anwendung einer Sozialklausel mit verbilligender Wirkung.

Wer derzeit durch die Mittelbachstraße spaziert, sieht erst auf den zweiten Blick, dass die sieben aus den 50er Jahren stammenden Wohnblocks bereits nicht mehr bewohnt sind. 96 Einheiten, die hier nach dem Zweiten Weltkrieg als Sozialwohnungen hochgezogen worden waren, werden in diesen Wochen entkernt, um ihren endgültigen Abriss vorzubereiten. Die meisten der ehemaligen Bewohner, darunter viele ältere Menschen, haben bereits vor Monaten das Angebot angenommen, sich in andere Wohnungen in Bamberg vermitteln zu lassen.

Sie leben nun am Heidelsteig, in der Feldkirchenstraße, in der Hegel- oder in der Kantstraße und haben ein Rückkehrrecht. Nur in einem Fall soll es zu Problemen gekommen sein, die mittlerweile aber bereinigt sind.

Für die Kritik, wie sie aus der SPD, aber auch aus anderen gesellschaftlichen Kreisen an zu hohen Wohnkosten in Bamberg kommt, hat Günther Straub, Geschäftsführer der Baugenossenschaft für den Stadt- und Landkreis Bamberg, nicht allzu viel Verständnis. "Die Leute wissen nicht, wie teuer Bauen geworden ist", sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Straub spricht von einer Kostenexplosion und meint damit eine Vielzahl von Auflagen, freiwilligen und vorgeschriebenen Standards, die etwa im Fall der Mittelbachstraße dazu führen, dass die Genossenschaft in der Summe 25 Millionen Euro für 69 neue Wohnungen investieren muss: Da ist die hohe Energieeffizienz, die Kosten aufwerfen: für extrem dicke Dämmschichten und dreifach verglasten Fenster samt kontrollierter Wärmerückführung und Pelletsheizung; da ist der Aufwand für Lärmschutz und Barrierefreiheit mit teueren Aufzügen. Da sind aber auch verpflichtende städtische Auflagen wie zum Beispiel "sündteuere Gründächer" oder der Mehrpreis durch Stellplatz- und Fahrradstellplatzverordnung. Das alles führt zu exorbitant hohen Gestehungskosten und dazu, dass die Kaltmieten in der Mittelbachstraße "mit Sicherheit" auf neun bis zehn Euro pro Quadratmeter steigen werden. "Rechnerisch müsste ich sogar 14,50 Euro nehmen", sagt Straub.

Doch warum werden in Bamberg nicht mehr Sozialwohnungen gebaut? Warum klaffen Einkommen und Baukosten immer weiter auseinander? Die Baugenossenschaft spricht davon, dass sie in der Mittelbachstraße Wohnungen für die Mittelschicht bauen will, also die große Gruppe der Normalverdiener, die keinen Anspruch auf Sozialwohnungen hat. Für sie wären die bestehenden Wohnungen mit ihrer einfachen Ausstattung "nicht mehr zumutbar" gewesen.

Anderseits kritisiert Straub den Rückzug von Bund und Land aus der Sozialwohnungsförderung. "In Bamberg fehlen einfach die Grundstücke für sozialen Wohnungsbau", klagt er mit Blick auf ein Vorhaben in der Rotensteinstraße, bei dem die Genossenschaft nicht zum Zug kam. Ein Konkurrent hat für das Bauland offenbar mehr bezahlt.

Auch Veit Bergmann, Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbautochter Stadtbau, sieht bei der bestehenden Förderung Schwächen. "Wenn sie wirkungsvoll wäre, würden sich die Unternehmen doch darauf stürzen." Für ihn ist eine wirksame Kostenreduzierung beim Bauen nur möglich, wenn sich Bund, Länder und Gemeinden zusammentun, um das Gestrüpp der Auflagen kräftig zurückzustutzen. Das reicht vom Preistreiber Klimaziele bis hin zu kostenträchtigen Stellplatzverordnungen und steuerlichen Erschwernissen. Auch individueller Verzicht könnte eine Möglichkeit sein, um Kosten zu sparen, meint Bergmann. "Muss ich immer absolut schalldicht bauen?"