Druckartikel: Vortrag in Bamberg: ein Ägypter als radikaler Islamkritiker

Vortrag in Bamberg: ein Ägypter als radikaler Islamkritiker


Autor: Rudolf Görtler

Bamberg, Donnerstag, 23. Oktober 2014

Hamed Abdel-Samad sprach in Bamberg über seine Thesen zum Islam. In seinem aktuellen Buch zieht er Parallelen zwischen Islamismus und Faschismus.
Hamed Abdel-Samad  Foto: Archiv


Ein Eiferer saß da nicht im Buch- und Medienhaus Hübscher, das den Autor eingeladen hatte, am Mittwochabend sein Buch "Der islamische Faschismus. Eine Analyse" vorzustellen. Abdel-Samad, 1972 als Sohn eines Imams in Ägypten geboren, ist Politologe, häufiger Talkshow-Gast, bekannt auch durch die Fernsehserie "Entweder Broder". Und er muss nach Todesdrohungen aus radikalislamischen ägyptischen Kreisen unter Polizeischutz leben.

Was ihn alles nicht zum geifernden Abtrünnigen gemacht hat. Abdel-Samad, durch eine Erkältung an diesem Abend sichtlich gehandikapt, argumentierte ruhig und besonnen, trug zwar nicht immer strukturiert vor, verzichtete dafür auf Fachjargon. Diese Ruhe täuscht vielleicht über die Brisanz seiner Thesen hinweg. Der Politikwissenschaftler sieht den Islam auch als eine politische Ideologie.

Das Grundübel dieser Ideologie vermutet er in der Gründungszeit im siebten Jahrhundert n. Chr. und der Gründungsurkunde: dem Koran.

Die "Urkrankheit des Islam" sei entstanden, weil diese Religion sehr schnell zu großer politischer Macht gekommen sei und weltliche und religiöse Herrschaft verschmolzen habe. Im Mittelalter sei die islamische Welt dem Okzident militärisch, wissenschaftlich, kulturell überlegen gewesen, denn sie habe produktiv mehrere Hochkulturen in sich aufgesogen, so die aus Byzanz und Persien.

Dem folgte, so Abdel-Samad, im Grunde eine über Jahrhunderte dauernde Stagnation, in der sich der Islam dogmatisch verkrustete. Nach dem Ende des Osmanischen Reiches in den 1920er Jahren seien die arabischen Gesellschaften in eine Identitätskrise geschlittert. "Verspätete Nationalstaaten" seien entstanden, gleichzeitig formierte sich parallel zu den europäischen Faschismen der Islamismus.

Der Autor zählte eine ganze Reihe von ideologischen Parallelen auf: das Führerprinzip, den Antisemitismus, Allmachtsfantasien der Anhänger, Mystifizierung von Kampf und Tod bis hin zu solch überraschenden Fakten wie den fast identischen Uniformen von ägyptischen Terrormilizen und der SS oder dass während des Zweiten Weltkriegs in der islamischen Welt das Gerücht kursierte, Hitler sei heimlich nach Mekka gepilgert und ein "Hadsch Mohammed".

Ebenso ruhig, aber vernichtend kritisierte Abdel-Samad die Muslimverbände, manche Islamwissenschaftler und die These von der "Islamophobie". Er stellt Muslime nicht unter Generalverdacht. Doch wenn von 1,4 Milliarden weltweit zehn Prozent anfällig seien für fundamentalistische Thesen, blieben 140 Millionen übrig. Statt EU-Hilfen für den Bau von Moscheen empfiehlt er Geld für Bildung - aber nicht an Islamschulen.


Kommentar von Rudolf Görtler: "Klare Worte - überfällig"

Ohne Provokation geht es offenbar nicht. Hamed Abdel-Samads Thesen vom islamischen Faschismus fordern nicht nur Muslime heraus, sondern auch eine deutsche Öffentlichkeit, die jede Islamkritik mit dem Rassismus-Vorwurf konfrontiert und mit dem Schlagwort "Islamophobie" einen griffigen Abwehrmechanismus gegen unbequeme Wahrheiten gefunden hat.

Ja wie? Natürlich gibt es rechtsextreme Islamfeinde wie die Aktivisten von "Pro Köln". Aber es ist unredlich, jedwede Islamkritik in die rechte Ecke zu stellen. Sie ist zunächst einmal Religionskritik, und die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik, wusste schon der alte Marx, basta. Zwar ignoriert Abdel-Samad ganze Bibliotheken von Faschismus-Forschung, die elende wirtschaftliche Lage der Massen in vielen islamischen Ländern auch, die sie anfällig macht für religiösen Fanatismus. Seine Thesen von einer Unterwanderung des Westens durch radikale Muslime wirken arg verschwörungstheoretisch und erinnern fatal an die Kommunisten-Hysterie eines Senators McCarthy. Aber er argumentiert von einem aufgeklärt-humanistischen Standpunkt aus. Nicht vergessen werden darf, dass die Idee von universal geltenden Menschenrechten gegen weltliche und geistliche (christliche) Herrschaft in der europäischen Aufklärung entstand. Dieser Prozess steht in der islamischen Welt noch aus bzw. ist nach hoffnungsvollen Ansätzen versandet.
Abdel-Samad provoziert, aber es möge eine nützliche Provokation sein. Wenn üble antisemitische Ausschreitungen, vornehmlich von migrantischen Jugendlichen getragen, in der deutschen Öffentlichkeit verharmlost bis ignoriert werden, ist das ein schlimmes Signal. Und über das bis zum Überdruss wiederholte Mantra "Das hat alles mit dem Islam nichts zu tun" sollte offen und ohne Hysterie auf allen Seiten diskutiert werden.