Von Elfen, Feen und Kobolden - Literarischer Spaziergang im Hain
Autor: Petra Mayer
Bamberg, Dienstag, 10. Juni 2014
Eine Märchenwelt erwartet Literaturfans. Feen, Elfen, Kobolden und anderen fantastischen Wesen spürt der Hainspaziergang des Brentano-Theaters ab 20. Juni nach. In Bambergs grüner Oase verheißen Dorothea Schreiber und Martin Neubauer "poetische Mittsommernachtsträumereien".
Bei sengender Sommersonne folgte das Publikum Elfen, einem sprechenden Hund und anderen aberwitzigen Gestalten. Zuschauer trotzten Gewitterschauern, im Winter auch Eis und Schnee, um Dichtern und (Quer-)Denkern bis hin zu Karl Valentin als legendärem Sprachanarchisten zu lauschen: Literatur inmitten der Natur bieten die Hainspaziergänge des Brentano-Theaters seit der Jahrtausendwende - zur Verwunderung zahlloser Passanten, denen der Tross schon überraschend begegnete. Auch Vierbeiner setzten unerwartete Pointen: Erlebnisse, die Martin Neubauer unvergesslich sind, der sich gerade auf die Premiere der "Mittsommernachtsträumereien" mit Dorothea Schreiber als Partnerin vorbereitet. Unter diesem Titel lädt ab 20. Juni ein neuer literarischer Spaziergang mit dem Hain als romantischer Kulisse ein.
Aus der Not heraus
Aus einer Zwangslage heraus entwickelte der Brentano-Theater-Prinzipal mit der mittlerweile verstorbenen Schauspielerin und Sängerin Ulrike Baier die literarische Reihe: "Wir konnten unseren Garten nicht bespielen, wollten auf die Sommerdarbietung aber nicht verzichten." Gleich bei der Premiere war der Publikumszuspruch auch so gut, dass sich die Ausflüge etablierten, zu denen in späteren Jahren noch Oster-, Herbst- und Weihnachtsspaziergänge kamen.
Von Station zu Station
Inmitten der Natur genießen Romantiker seither Naturgedichte und folgen wechselnden Akteuren von Station zu Station durch den Hain. Gemeinsam erwandern sie sich Texte, die intensiver als bei jeder Indoor-Lesung wirken - sofern Petrus den Spaziergängern keinen Strich durch die Rechnung macht. "Für deutsche Wetterverhältnisse hatten wir bisher aber noch wahnsinniges Glück: nur vier Termine sind ausgefallen", sagt Martin Neubauer. Wahre Literaturfans lassen sich eben nicht so leicht den Spaß verderben. "Wir wurden sogar von Platzregen überrascht, irgendwann lief Heidi Lehnert das Wasser aus den Haaren. Fürs Publikum jedoch war's kein Grund, um abzubrechen." Da hieß es: "Warum? Wir haben doch Schirme dabei!"
Zu unfreiwilligen Akteuren wurden im Lauf der Jahre Passanten, die in Inszenierungen stolperten. "Als Elisabeth Wasserscheid einmal als Elfe auf dem Hainbrunnen saß und versonnen in den Abend blickte, erkundigten sich zwei Ausflügler, ob die junge Frau nicht etwa Hilfe bräuchte...", so Neubauer. Er selbst sorgte schon für Irritationen. "Als ich ein lautmalerisches Gedicht allein im Hain übte, sah mich eine Spaziergängerin besorgt an. Ihr Mann beruhigte sie aber: ,Mussd der nix denkn, des is dä Noibauä!"
E.T.A. Hoffmanns sprechender Hund Berganza stieß einem vierbeinigen Kulturbanausen auf. "Der treue Begleiter eines Gastes hatte mit dem knurrend auftauchenden Protagonisten - dargestellt von Stephan Bach - ein Problem und wäre über ihn wohl am liebsten hergefallen."
Hubschrauber kreiste
Den absurdesten Hain-Spaziergang erlebten Literaturfreunde aber, als sie der "Mai-Muse" in einem Jahr während des Weltkulturerbelaufs folgten. "Exakt diesen Termin hatte ich versehentlich ausgewählt - meine bislang schlimmste Fehlleistung." So standen Besucher vor der Herausforderung, sich auf zarte Gedichte zu konzentrieren, die Victoria Heinz im Jugendstil-Gewand zwischen Absperrungen und keuchenden Läufern vortrug - "unter einem surrenden Hubschrauber, das hatte schon wieder ungewollt Performance-Charakter". Bis heute wird der Brentano-Theaterleiter auf das skurrile Zusammentreffen angesprochen. Normalerweise präsentiert sich der Hain natürlich eher friedlich, ja idyllisch. "Das schönste Kompliment in 15 Jahren war: ,Seit Ihren Hainspaziergängen finde ich den Herbst nicht mehr so traurig.'"
Ab 20. Juni geht's in Bambergs grüner Oase nun um "Mittsommernachtsträumereien". Texte zum Johannistag, der Sonnenwende, den längsten Abenden stehen auf dem Programm. "Da darf William Shakespeares ,Mittsommernachtstraum' nicht fehlen - in der Tat werden Puck und Oberon vorbeischwirren." Andere Dichter kämen ebenfalls zu Wort. Eine Szene aus Hermann Sudermanns "Johannisfeuer" dürften Bamberger erwarten, eine schaurig-schöne Ballade über Erlkönigs Tochter, ein Sommer-Märchen Hans Christian Andersens, Sonnwendgedichte (ohne deutschtümelnden Einschlag) von Georg Heym, Ludwig Uhland, Max Dauthendey und etlichen anderen. "Selbst die Biene Maja unternimmt einen Nachtflug." In der Hoffnung auf reale Glühwürmchen haben die Akteure zwei Termine übrigens auf 21 Uhr gelegt. "Die Zeit der kürzesten Nächte ist was Besonderes: Sie verführt uns, wieder an Feen, Elfen und Kobolde zu glauben."
Die Termine der literarischen Hainspaziergänge unter dem Titel "Mittsommernachts-Träumereien" mit Dorothea Schreiber und Martin Neubauer sind: Freitag, 20. Juni, 19 Uhr, Samstag, 21. Juni, 19 und 21 Uhr, Sonntag, 22. Juni, 19 Uhr, Dienstag, 24. Juni, 19 und 21 Uhr, Donnerstag, 26. Juni, 19 Uhr, und Freitag, 27. Juni, 19 Uhr. Interessenten treffen sich vor dem Bootshaus. Anmeldungen sind beim Brentano-Theater als Veranstalter unter der Telefonnummer 0951/54528 möglich.