Die kurvige Strecke oberhalb von Ebrach auf der B22 ist besonders bei Bikern beliebt. Nach Unfällen ist für mehr Sicherheit gesorgt.
Unter dem grünen Dach riecht es nach Wachstum. Geschäftig zwitschern Vögel vielstimmig durcheinander. Dann schwillt mächtiges Brummen allmählich an, um sich nach zerfetzendem Übergang erneut zur Heiserkeit hochzukreischen. Motorradfahrer peitschen ihre PS vorm Anstieg mächtig an, um sich von der Fliehkraft der Kurven emportragen zu lassen. Bei schönem Wetter lockt der Radstein bei
Ebrach Biker magisch an. Eine Konkurrenz zum weit bekannten Würgauer Berg?
Nicht ganz, sieht man die Berichte der Bamberger Verkehrspolizei. Zum Glück, insbesondere auch was die Unfallzahlen besagen. Dennoch, mit zunehmendem Verkehr steigt auch der Anteil der motorisierten Zweiradfahrer. Bei gutem Wetter gefühlt jedes vierte Fahrzeug, beliebt in Zweiergruppen.
Um die Freude am Filmen gewagter Kurvenfahrten zu vergällen, wurde eine als Park- und Kameraplatz genutzte Fläche an der spektakulärsten Kurve per Leitplanke mit Unterfahrschutz dicht gemacht.
Den Grund dafür findet Robert Schwarzmann von der Verkehrspolizei Bamberg in der Unfallstatistik: Zwischen 2012 und 2014 gab es am Radstein Unfälle mit drei schwerverletzten Motorradfahrern und ebenso vielen leichtverletzten. Als Reaktion darauf wurde 2015 besagter Schutz angebracht. Der hat wohl auch schon Wirkung gezeigt. Denn für die letzten eineinhalb Jahre sind insgesamt fünf Unfälle dokumentiert, bei denen zwei Motorradfahrer beteiligt waren. Zugegeben, die Strecke verleitet, zumindest dazu sich dem durchaus reizvollen Straßenverlauf hinzugeben.
Geschwindigkeitsbegrenzung
Auf etwa 1,7 Kilometer Länge geht es kurz nach Breitbach über insgesamt fünf verschieden ausgeformte Kurven hoch zum Radstein, der inzwischen wohl hauptsächlich wegen des heuer eröffneten Baumwipfelpfades an Bekanntheit gewonnen hat. An sich gilt hjer eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 70 km/h. Die wird meist ausgereizt wenn nicht sogar überschritten, wobei teilweise Haarnadelkurven zu bewältigen sind. Was die Situation verschärft, sind Reisebusse und landwirtschaftliche Fahrzeuge, die hier verkehren.
Neben Planken und Unterfahrschutz wurden nach Ortsterminen mit den weiteren zuständigen Behörden Schilder und Zeichen angebracht, die für Gefahren sensibilisieren sollen, merkt Schwarzmann dazu weiter an.
Ebrachs Bürgermeister Max-Dieter Schneider (SPD) sagt "ich bin froh, dass mich der Radstein nichts angeht." Er meint damit die
Zuständigkeit für die Umsetzung von Maßnahmen. Zufrieden zeigt er sich mit dem, was umgesetzt wurde, "um die Situation zu entschärfen". Deshalb sei auch wohl nichts Größeres mehr passiert.
Auch Vorteile
Freilich sieht Schneider in der Beliebtheit des Radsteins bei den Motorradfahrern auch eine angenehme Begleiterscheinung für den Markt Ebrach: Bei ihren Touren kehren die zweirädrigen Kurven-Touristen oft auch bei den örtlichen Gastronomen ein.
STANDPUNKT
Die Maßnahmen greifen - zum Glück! Renntradition hat der Radstein zum Glück nicht. So braucht sich kein Verkehrsteilnehmer bei der Fahrer-Ehre gepackt zu fühlen, wie es sicherlich am Würgauer Berg ist, dessen legendäre Veranstaltungen immer noch nachwirken. Ebenso die unsinnigen Streckenvideos durchgeknallter Harakiri-Motoristen.
Freilich hat die Strecke viel weiter westlich auf der B22 auch ihren Reiz, um den Motorradfahrer schon lange wissen. Das ist den Behörden bekannt, die mittels Geschwindigkeitsbegrenzung ausbremsen und durch Unterfahrschutz den möglichen Verletzungsgrad abfedern. Mehr ist eigentlich nicht drin.
Im Gegensatz zum Ellerberg ist diese Passage eine notwendige und vielbefahrene auf der Ost-West-Verbindung. Genutzt gerade auch von denjenigen, die nicht auf die unfallträchtige A 3 wollen. Der Ellerberg hingegen spielt für eine geringere Zahl an Pendlern eine Rolle. Die belasten die Einwohner von Tiefenellern viel weniger als das Treiben der Möchtegern-Motorrad-Helden. Auch wenn am Radstein Motorradlärm keinen Anwohner stört. Dem Idyll würde Ellerberg-Popularität allemal schaden.
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