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Volksverhetzung: Ausreden brachten keinen Erfolg


Autor: Gertrud Glössner-Möschk

Bamberg, Dienstag, 14. März 2017

Mit einer unglaubwürdigen Version wollte sich eine 51-Jährige aus Hirschaid gegen den Vorwurf verteidigen, üble Facebook-Posts verbreitet zu haben.
Auch bei Facebook ist nicht alles erlaubt. Eine 51-Jährige musste sich wegen ihrer Posts am Amtsgericht verantworten.  Foto: Stephan Jansen/dpa-Bildfunk


Zum zweiten Mal innerhalb von nur zwei Wochen wurde am Amtsgericht ein Fall von "Volksverhetzung" verhandelt, und wieder war die Angeklagte eine Frau. Diesmal ging es aber nicht um eine öffentliche Rede wie bei der Ex-NPD-Funktionärin Sigrid S., sondern um Facebook-Posts von Karola H. (Name von der Redaktion geändert), in denen Ausländer und Flüchtlinge unflätig beschimpft und verunglimpft worden waren.


160 Tagessätze

"Propagandascheiße", "Erbsenhirne" und "Promenadenmischungen" waren noch die harmloseren Begriffe, die über den Facebook-Account der 51-jährigen Frau aus Hirschaid am 18. und 25. September 2015 in die Öffentlichkeit getragen wurden.

Ein Strafbefehl war die Folge: 160 Tagessätze zu je 10 Euro sollte sie bezahlen; das wollte sie aber nicht. Stattdessen legte sie Widerspruch ein. Zur öffentlichen Hauptverhandlung erschien sie am Montag ohne Verteidiger: "Den Rechtsanwalt kann ich mir nicht mehr leisten", verkündete sie.

Ihre eigenen Bemühungen, ein besseres Ergebnis herauszuschlagen, waren aber nicht von Erfolg gekrönt. Vor Amtsrichter Hofmann gab sie an, für die Posts nicht verantwortlich zu sein. "Der Text ist mir völlig unbekannt."


Schwiegersohn unter Verdacht

Ihr Handy liege immer offen im Wohnzimmer und sei ohne Zugangscode zu benutzen. Sie habe einen Verdacht, wer die Texte geschrieben haben könnte, könne es aber nicht beweisen, weshalb sie in dieser Hinsicht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen wolle. Schließlich kam doch heraus, wen sie im Visier hat: ihren Schwiegersohn - einen Mann mit Migrationshintergrund -, der ihr die Schuld am Scheitern seiner Ehe gebe.

Die Enkelin habe beobachtet, wie der Papa das Handy der Oma benutzt habe. Von den Posts auf Facebook will Karola H. das erste Mal von ihrem Rechtsanwalt gehört haben. Sie habe das "nur für einen blöden Witz gehalten", wundere sich aber nicht: Sie werde von ihrem Schwiegersohn seit der Trennung von seiner Frau denunziert und diffamiert.

Gegen Flüchtlinge oder Ausländer habe sie persönlich gar nichts: "Zu mir kommen viele Türken in den Laden." Richter Hofmann war von der neuen Version der Angeklagten nicht sonderlich angetan: "Das höre ich heute zum ersten Mal!" Er hielt ihr schriftliche Unterlagen ihres Rechtsanwalts vor. Diesem gegenüber hatte die Angeklagte die Urheberschaft der Texte zugegeben. Sie habe die Posts aus Ärger über ihren Schwiegersohn verfasst, heißt es sinngemäß in dem Schriftsatz.


Absolutes Minimum

Daraufhin musste sich Karola H. entscheiden: entweder, sie akzeptiert den Strafbefehl und zieht den Einspruch zurück, oder aber, es werden an einem zweiten Verhandlungstag drei Zeugen vernommen, die Tochter, der Schwiegersohn und ihr ehemaliger Rechtsanwalt. Sie trage dafür das Kostenrisiko. Davor aber scheute Karola H. zurück, denn "es wird selten billiger", wie der Richter erklärte. "Ein Strafbefehl ist immer ein Friedensangebot der Staatsanwaltschaft." Mit nur 10 Euro pro Tagessatz liege sie noch weit unter dem für Arbeitslose geltenden Minimal-Satz von 15 Euro.