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Vogteihaus in Hallstadt erstmals für Besucher offen


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Hallstadt, Sonntag, 14. Sept. 2014

Erstmals öffnete am Sonntag in Hallstadt das Vogteihaus seine Pforten. Ein hoch interessiertes Publikum stürmte förmlich das barocke Gebäude und den historischen Garten.
Farbenfrohe Fresken sind eine der Besonderheiten des Hallstadter Vogteihauses. Foto: Ronald Rinklef


Trotz seines hohen Alters hat Erwin Fürst nicht die Reise aus seiner Wahlheimat USA nach Hallstadt gescheut. Der rüstige 88-Jährige will dabei sein, wenn am "Tag des offenen Denkmals" das Vogteihaus am Marktplatz erstmals seine Pforten für die Öffentlichkeit aufmacht. Schließlich ist Erwin Fürst in diesem barocken Gebäude aufgewachsen, hat Kindheit und Jugend in jenem "unheimlich interessanten Haus verbracht, in dem noch so viele Geheimnisse sind", erzählt Fürst und spekuliert mit gedämpfter Stimme über einen "Geheimgang" und allerlei verwobene Geschichten über den einstigen Erbauer dieser Gemäuer.

Tatsächlich übt das Vogteihaus eine solche Faszination aus, dass es ein hoch interessiertes und neugieriges Publikum an diesem Sonntag förmlich stürmt. Landrat Johann Kalb und Bürgermeister Thomas Söder nehmen die ersten Besucherscharen in Empfang.

Und natürlich auch der jetzige Besitzer des Vogteihauses, Wolfgang Steck, der Neffe von Erwin Fürst. Fürsts Bruder Manfred, der bis zu seinem Tod im Frühjahr 2013 das stattliche Anwesen bewohnte, hat es über Jahrzehnte erhalten und gepflegt. Doch nun steht dieses Stück Hallstadter Geschichte leer: "Glanz steckt in diesem Gebäude", betont der Landrat. Und für den Bürgermeister ist es "eine Schatztruhe, die viele Jahre verborgen war". Dabei habe das Vogteihaus "einen Wert für Historiker und die ganze Bevölkerung". So werde es "ein wichtiger Stein sein bei der anstehenden Innenstadtsanierung", verspricht Söder.

Kulinarischer Einblick
Eigentümer Steck hat selbst weitreichende Pläne für dieses einzigartige Bauwerk. Er will es wieder nachhaltig mit Leben füllen und zu einem beliebten Mittelpunkt Hallstadts machen. Doch vor der Wiederbelebung steht die umfassende Sanierung, "die es gemeinsam anzupacken gilt", erklärt Steck. Einschlägige Ämter und Behörden wie etwa die Denkmalpflege oder Städtebauförderung seien erfreulicherweise schon eingebunden.

Einen kulinarischen Eindruck von der künftigen Nutzung können die Besucher gleich genießen: Seit vier Uhr früh haben fleißige Frauenhände mit tatkräftiger Unterstützung durch Wolfgang Steck 300 der typischen Hallstadter Hutkrapfen gebacken, die zum Kaffee im historischen Garten des Anwesens gereicht werden. "Das Zentrum des öffentlichen Lebens in der Fürstbischöflichen Vogtei soll die Krapfenbackschule werden", blickt Steck voraus. Der leckere Hallstadter Krapfen sei weithin bekannt und begehrt und so tief verwurzelt, dass die Einwohner den Beinamen "Hallstadter Krapfenbäcker" bekommen hätten. Das Austragen der Hutkrapfen zu Festen wie Erstkommunion oder Hochzeit sei ein vom Aussterben bedrohter Brauch. Vor diesem Hintergrund solle die Krapfenbackschule der Erhaltung dieser altfränkischen Backkunst dienen, so Steck. Ein "Krapfencafé" im romantischen Innenhof mit den Nebengebäuden sei zudem für eine Verköstigung vor Ort angestrebt.

Medizinisches Zentrum
Sicher werden dann auch die bislang nicht zugänglichen Räume des Vogteihauses öffentlich gemacht. Zumindest an diesem "Tag des offenen Denkmals" kann Stadtführerin Claudia Büttner schon einmal einige besonders repräsentative Zimmer zeigen. Sie beginnt mit Zahlen und Fakten wie die Grundsteinlegung im Jahr 1726, mit der für den Amtsvogt Johann Peter Stapf als Vertreter des Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn in Hallstadt ein offizielles Bauvorhaben begann. Die erste Lebenshälfte war das Vogteihaus ein Ort der Verwaltung, war Gerichtsstand und Rentamt. Seit 1840 diente es als Zentrum für die medizinische Versorgung der Stadt mit seiner Marktapotheke und seiner Arztpraxis. 1885 ging es in den Besitz des Apothekers Franz Paul Fürst über, der Urgroßvater von Wolfgang Steck.

Passend zum Thema "Farbe" am Denkmaltag 2014 begeistern die farbintensiven Fresken im Treppenhaus, im Jagdzimmer oder im Boudoir. Claudia Büttner erläutert fachkundig Illusionsmalereien am Deckengewölbe, unternimmt am Beispiel einiger gemalter Szenen einen Ausflug in die antike Mythologie, um auch gesicherte Bauschäden wie Risse oder deutliche statische Probleme nicht zu verheimlichen. Die Stadtführerin hat aufmerksame Zuhörer, die nach der spürbaren Kühle in den Räumen gern in den Garten spazieren, der mit seinen säuberlich gestutzten Buchshecken, Rasenflächen, Rosen und Spalierobst sowie dem "Poetenturm" und steinernen Faunen eine wahre Augenweide ist.