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Viele Radfahrer meiden Bambergs Radhaus


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Montag, 07. Oktober 2013

Das für 1,2 Millionen Euro erbaute "Radhaus" in der Brennerstraße droht zum Flop zu werden. Auch eineinhalb Jahre nach Eröffnung meiden viele Pedalisten das videoüberwachte Parkhaus wie der Teufel das Weihwasser. Der Bau eines zweiten Fahrrad-Parkhauses auf der anderen Bahnhofseite wurde deshalb vorerst auf Eis gelegt.
Eineinhalb Jahre nach der Eröffnung gibt es immer noch viel Leerstand im Bamberger Fahrradparkhaus. Gleichzeitig sind die kostenlosen Stellflächen vor dem Parkhaus dicht belegt.   Fotos: Ronald Rinklef


Wie erklärt man einem Fremden, wo er in Bamberg das Fahrradparkhaus findet? Ganz einfach: Dort, wo es keinen Baum ohne eine Traube von Fahrrädern drum herum gibt; wo sich jeder Straßenmast hinter einem Verhau aus Lenkern, Satteln und Pedalen verbirgt - genau dort kann man auch das glatte Gegenteil: einsam parken. In Bambergs erstem und einzigem "Radhaus" hinterm Bahnhof.

50 Cent würde es kosten, ein Rad auf einen der dafür vorgesehenen 330 Bügel zu heben. Doch die Wenigsten tun es. Ja schlimmer noch: Bambergs Bahnhofsradler scheinen sich einen Sport daraus zu machen, vor, neben und beim Radhaus zu parken - alles, nur nicht drin.

Warum das so ist, lässt sich auf einschlägigen Foren nachlesen. "Wer mit dem Fahrrad fährt, schont die Umwelt und will auch seinen Geldbeutel schonen. Irgendwann muss ich auch zahlen wenn ich eine Parkbank benutze", wird da geklagt. "Das war doch vorauszusehen. Warum soll man für ein Rad, das oft nur Schrottwert hat, zahlen, wenn man es nebenan umsonst abstellen kann?", schimpft ein Schreiber. Ein anderer fragt, warum es in Bamberg nicht möglich ist, die Plätze im Radhaus kostenlos anzubieten.

Defizit von 50 000 Euro

Allem Fahrradchaos in der Brennerstraße zum Trotz wird es dazu vorerst wohl nicht kommen. "Es ist nicht die Aufgabe der Stadtwerke, den Fahrradverkehr zu fördern", sagt Helmut Müller (CSU). Schon jetzt führen die schlechten Zahlen im Radhaus immer wieder zu Diskussionen im Aufsichtsrat der Stadtwerke. Müller teilt mit seinem Kollegen Dieter Weinsheimer (FW) die Sorge, dass das "Radhaus" die Leistungsfähigkeit des Energieunternehmens dauerhaft belastet - wie wie manch anderes hoch subventionierte Infrastrukturprojekt in Bamberg.

Eine einfache Rechnung: Jeder, der das Radhaus nutzt, trägt dazu bei, die Betriebskosten zu senken. Und weil viele einen Bogen drum machen, ist das Defizit eineinhalb Jahre nach seiner Eröffnung noch höher als geplant.
Wie viel genau? Die Stadtwerke sprechen von rund 50 000 Euro. Allerdings sind darin auch die Kosten für den Unterhalt der benachbarten Parkpalette, von Bahnsteigtunnel und Aufzug enthalten. Jan Giersberg geht fest davon aus, dass sich dieser Betrag mindern lässt. Auch in Bamberg werde sich ein dauerhafter Kundenkreis für das Fahrradparkhaus entwickeln lassen. "Es ist ja nicht umsonst so, dass die Fahrradparkhäuser in anderen Städten Deutschlands ein großer Erfolg sind."

Zumindest die Grünen signalisieren Unterstützung für diesen Kurs: "In Bamberg dauert das immer etwas länger, bis ein solches Angebot angenommen wird", sagt Peter Gack. Als Grund für die Stagnation im Fahrradhaus sieht er auch den noch wenig attraktiven Standort im Osten des Bahnhofs.

Doch was passiert im Westen? Auch dort wurden lange Zeit Pläne verfolgten, eine Parkanlage zu errichten - 2012 war zuletzt von 300 000 Euro die Rede, die in das Radhaus II fließen sollten. Das Projekt ist, so hört man, vorerst zurückgestellt - um Geld für den Bau der Parkpalette an der Kronacher Straße zu sparen , und vermutlich auch, um neuen Ärger zu vermeiden. Zu sehr hat das mediale Dauerfeuer der mit viel Vorschusslorbeeren gestarteten High-Tech-Einrichtung geschadet. Die Berichterstattung über die Parkkralle für widerrechtlich abgestellte Fahrräder war ja nur der letzte Streich. Schon vorher hatten im Auftrag der Werke geknackte Schlösser und weggesperrte Fahrräder dazu beigetragen, dass das Radhaus sich nicht nur Freunde machte.

Vier Diebstähle im Radhaus

Dabei sehen sich die Stadtwerke zu Unrecht in der Rolle des Prügelknaben. Mit dem Ausbau der Bahnhofsrückseite habe man den Auftrag der Politik umgesetzt, die Infrastruktur des Bamberger Ostens aufzuwerten. Ein wichtiges Argument lautete dabei stets die Sicherheit der abgestellten Räder zu erhöhen. Hierzu gibt es mittlerweile erste Zahlen von der Polizei. So wurden 2012 neun Räder im Umfeld der Brennerstraße geklaut und vier im Radhaus. Von diesen hat die Polizei drei Fälle mit Hilfe der Videooüberwachung aufgeklärt. Außerhalb waren dies nur fünf von neun Fällen. Nicht gleichgültig steht die Polizei auch dem Verhau der wild abgestellten Fahrräder entlang der Brennerstaße gegenüber. Es gebe immer wieder Beschwerden von Anwohnern, sagt Klaus Linsner. Dass die Massen von Wildparkern auf der Rückseite des Bahnhofs nicht weniger werden, sieht er als Beleg dafür, dass den Fahrradfahrern der schnelle Zugang zum Bahngleis wichtiger ist als das Parkhaus.

Um diesem Bedarf Rechnung zu tragen, schlägt Peter Gack (Grüne) vor, dass die Stadt einen Teil des Grundstücks von den Stadtwerken pachtet oder kauft, um es Radfahrern kostenlos anzubieten. Bisher freilich fand seine Idee keine Zustimmung.

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