Druckartikel: Viel Spaß und Genuss bei Bierverkostung

Viel Spaß und Genuss bei Bierverkostung


Autor: Diana Fuchs

Aufseß, Samstag, 12. März 2016

Nach einer Bierverkostung in der Fränkischen Schweiz weiß der Laie, warum Anstoßen lebenswichtig ist.
Mit einem Festbier stoßen an: Matthias Helldörfer (Tourismuszentrale Fränkische Schweiz), Adolf Hofmann (TI Waischenfeld), Ilka Utz (TI Hollfeld), die Bierliebhaber Ralf Dieter und Kathrin Riehle, (vorne) Wanderführer Edmund Meidenbauer, Biersommelier Ernst Rothenbach und Nico Cieslar (TI Forchheim). Fotos: Diana Fuchs


Hart, aber herzlich ging es zu, damals in der Fränkischen Schweiz. Wenn der kleine Ernst Taschengeld haben wollte, sagte sein Vater: "Bub, kannst du haben. Aber erst mähst du Rasen oder schrubbst die Biertanks." Dem Rasen hat der Zehnjährige sich so gut wie nie gewidmet. Ernst Rothenbach hat schon damals, Ende der 70er Jahre, gewusst, was er lieber mag als Grünzeug.

Zum Beispiel das Bierfass-Pichen. "Wir haben die Fässer mit brennendem Pech abgedichtet. Dafür gab es für jeden Helfer eine Schöpfkelle voll mit dunklem Bier", erinnert sich der 46-Jährige aus Aufseß grinsend. Kein Wunder, dass aus dem kleinen Fassreiniger ein großer Biersommelier geworden ist.
 

 


Zuerst lernte Ernst Rothenbach Hotelfachmann und Betriebswirt. Vor 15 Jahren - damals plagten viele kleine Brauereien wie die der Rothenbachs Existenzsorgen - begann er, sich intensiv mit dem Gerstengebräu auseinanderzusetzen. "Ich hab's schon immer faszinierend gefunden, was man aus denselben Rohstoffen - Wasser, Gerstenmalz, Hopfen und Hefe - für unterschiedliche Biere herstellen kann", sagt Rothenbach. "Deswegen wollte ich Biersommelier werden. Auch wenn mich dafür viele belächelt haben." Heute weiß er: "Wenn du eine Idee hast und die Leute sagen, du spinnst, dann bist du auf dem richtigen Weg."

Zusammen mit seinem Bruder und seinem Neffen, den Braumeistern, hat Ernst Rothenbach den Gasthof renoviert. Stolz führt das Trio die Familienbrauerei weiter. Zweimal im Jahr werden Spezialbiere kreiert. Bei Bierproben können sie getestet werden - wie viele weitere Gerstensäfte.

Alle werden am besten getrunken, wenn sie acht bis zehn Grad kühl sind, erklärt Ernst Rothenbach. Es gibt jedoch auch Kenner, die ihr Bier gerne ein bisschen wärmer genießen. "Das hat auch Sinn", weiß Rothenbach, "denn je höher die Temperatur, desto mehr Aromen schmeckt man heraus."
Bier hat grundsätzlich mehr Aromen als Wein, weiß der Fachmann: "Wein hat um die 500, Bier 800 bis 1000." Deshalb gilt: "Man kann Speisen auch durch Bier zerstören!" Und weil das natürlich fatal wäre, präsentiert der Biersommelier positive Beispiele. Zum Festbier - das wie alle Biere im bauchigen Stilglas ausgeschenkt wird, weil sich hier die Aromen viel besser entfalten können - gibt es geräucherten Rinderschinken aus der Fränkischen Schweiz. "Ein Gedicht", schwärmt Kathrin Riehle, Bierliebhaberin aus dem unterfränkischen Castell. Den kalten Braten mit Meerrettich zum Dunkelbier findet Nico Cieslar von der Tourist-Info Forchheim genial. Und das Pils zur Zitronenforelle mit Bamberger Hörnli mundet offenkundig allen so gut, dass plötzlich nur noch Besteckklappern und wohlige Seufzer am Tisch zu hören sind.

Während die Probanden genussvoll schweigen, erzählt Rothenbach, dass untergärige Biere immer länger zur Reifung brauchen als obergärige - deshalb werden sie auch Lagerbiere genannt. Zum Erstaunen seiner Gäste berichtet er auch, dass das Anstoßen im Mittelalter eine Überlebens-Taktik beziehungsweise ein Sicherheits-Ritual war. Warum? Weil beim beherzten Stoß mit den bis zum Rand vollgeschenkten Krügen immer ein bisschen Bier überschwappte und in den Nachbarkrügen landete. "Wenn die Nebenmänner tranken, konnte man sicher sein, dass niemand Gift in einen Krug geschüttet hatte." Daher kommt auch der Trinkspruch "Auf die Gesundheit", der noch heute statt "Prost!" verwendet wird.

Nach drei launigen Probier-Stunden fordert Biersommelier Rothenbach seine Gäste noch einmal richtig heraus. Er tischt eine große Holzplatte mit verschiedenen Käsesorten und das unfiltrierte, bernsteinfarbene Kellerbier "Zwickl" auf und fragt: "Was passt da am besten 'zam?" Alle probieren eifrig die möglichen Kombinationen durch. Die Mehrheit findet, dass ein herzhafter Emmentaler das würzige Bier perfekt abrundet. Rothenbach nickt zufrieden und spricht, ganz Franke, ein verhaltenes Lob aus: "Dem Geschmack kann man nix vormachen."
Und weil das so ist, glaubt Rothenbach, dass die Zukunft des Bieres genau dort liegt: im Geschmack beziehungsweise im Genuss. "Es geht nicht mehr ums hirnlose Saufen. Es geht darum, ein reines, hochwertiges Lebensmittel zu genießen, am besten in geselliger Runde." Rothenbach freut sich, wenn gerade junge Leute im Wirtshaus wieder den "analogen Kontakt" pflegen - das miteinander Sprechen ohne Handy. "Kürzlich hat sich erst wieder einer beschwert, dass O2 in der Gaststube nicht funktioniert. Später hat er mir gesagt, dass es der geilste Abend seit langem war."

Rothenbach schätzt, dass die "eigentlich zu niedrigen Preise in der Region" dazu führen werden, dass die Brauerei-Mittelschicht dünner wird, während kleine Brauer, die schnell auf Trends eingehen, gute Zukunfts-Chancen haben. "Craft-Brewer, handwerklich arbeitende Brauer, sind gefragt."
Apropos gefragt: Zur Bierprobe gehört auch ein alkoholfreier Gerstensaft. Fazit der Damen: Schmeckt! Das Fazit der Herren umschreibt Wanderwart Edmund Meidenbauer wortreicher: "Was hat alkoholfreies Bier mit einem BH auf der Leine zu tun?" Fragende Stille."Das Beste ist draußen!"






Dem Brauer über die Schulter gucken


Da braut sich was zusammen! Was Leckeres! In der Region mit der weltweit höchsten Brauereidichte brodelt es zum 500. Geburtstag des Bayerischen Reinheitsgebots in allen Kesseln. Wo könnte man Bierkultur besser kennen lernen als in Oberfranken, speziell in der Fränkischen Schweiz?

Der Naturpark Fränkische Schweiz im Städtedreieck Bamberg - Bayreuth - Nürnberg ist eine der ältesten Urlaubsregionen Deutschlands. Die 700 idyllisch gelegenen Fachwerkdörfer werden von 35 mittelalterlichen Burgen und Ruinen überragt. Neben der kulturellen und landschaftlichen Schönheit gibt es derzeit jedoch einen weiteren "sinn-vollen" Grund, die "Fränkische" zu lieben: die "BierWochen". Bis zum 23. April, dem "Tag des Bieres", bieten viele Gaststätten mindestens drei Gerichte an, die mit Bier verfeinert wurden.
Zu fränkischen Bratwürsten mit Biersauerkraut, einem Karpfenfilet im Bierteig, einem Braumeisterschnitzel oder einer Weißbiermousse passt natürlich am besten eine Biersorte aus der Region. Da fällt die Auswahl schwer; immerhin pflegen in der Fränkischen Schweiz rund 70 familiengeführte Brauereibetriebe das traditionsreiche Brauhandwerk - meist seit mehreren Generationen - und stellen qualitativ hochwertige Biere her, mittlerweile insgesamt 350 Sorten.

Wie gut, dass die Fränkische Schweiz auch über die "BierWochen hinaus mit bierigen Veranstaltungen aufwartet: Neben (geführten) Brauereiwanderungen, dem Gersten(saft)-geschmückten Osterbrunnen im Gößweinsteiner Ortsteil Kleingesee und einer rollenden Bierverkostung in der Dampfbahn gibt es zum Beispiel vielerorts Bierkellerführungen, bei denen man zahlreiche Biersorten kennen lernen kann. Das gilt auch für die gut ausgeschilderten Wander- und Radwege von einer Brauerei zur nächsten. Auf dem 24 Kilometer langen Waischenfeld-Rundweg zum Beispiel kommen Radler an drei Braustätten vorbei, auf dem Fünf-Seidla-Steig im Süden der Region kann man auf 17 Kilometern bei fünf Privatbrauereien Station machen, eine davon ist die bekannte Klosterbrauerei Weißenohe.

Vom 2. April bis zum 29. Oktober tauchen Gäste jeden letzten Samstag im Monat bei der Sonderführung "Das Brauwesen in Creußen" in die regionale Bierkultur ein. Der Gerstensaft steht auch beim "Tag der Brauereien" am 21. Mai in Forchheim (mit Sudhaus-Besichtigungen) und bei der Forchheimer Bierkellereröffnung am 23. und 24. April und im Mittelpunkt. Dann wird zudem die neue Bierkönigin gewählt und Gäste können an kostenlosen Bierkellerführungen teilnehmen.

Wer sich besonders intensiv mit dem Gerstengebräu befassen will, der kann in einem Gößweinsteiner Gasthaus sogar ein "Bier-Diplom" machen (www.ferienzentrum-goessweinstein.de). Sehr zum Wohl!

Weitere Informationen und Routen (zum Ausdrucken) unter www.fraenkische-schweiz.com/


BIERIGE WANDERWEGE:

Brauereienweg Heiligenstadt-Leinleitertal:
Von Heiligenstadt durchs idylllische Leinleitertal nach Oberleinleiter, an der Holdsmühle vorbei, durch Brunn zum Schloss Greifenstein, dann steil abwärts nach Heiligenstadt (14,5 km). Info: www.markt-heiligenstadt.de, Tel. 0 91 98/ 92 99 32.

Bierquellen-Wanderweg Pegnitz:
18 Kilometer langer Rundwanderweg von Weiglathal nach Lindenhardt, Leups, Büchenbach und über Trockau zurück nach Weiglathal (vier Brauereien). Info: www.pegnitz.de, Tel. 0 92 41/723 11.
Aufsesser Brauereiweg:
Der älteste Brauerweg führt auf 14 Kilometern (Laufzeit etwa vier Stunden) von Aufseß nach Sachsendorf, Hochstahl, Heckenhof und zurück (vier Brauereien). Info: www.brauereiweg.de

Ahorntaler Brauereienweg:
Der 24 Kilometer lange Rundwanderweg nimmt etwa sieben Stunden Gehzeit in Anspruch (zwei Brauereien). Infos: www.ahorntal.de, Tel. 0 92 02/ 200.

13-Brauereien-Weg in der Fränkischen Toskana:
Bierkultur, Genuss und Gastlichkeit stehen bei der 32-Kilometer-Wanderung im Vordergrund. Info: www.fraenkische-toskana.de, Tel. 0 95 05/ 8 06 41 06.

Brauereitouren um Pottenstein:
Sternförmige Touren zum Selbsterkunden zu den beliebtesten Brauereien der Region. Info: www.pottenstein.de, Tel. 0 92 43/ 708 41.

Brauereiwanderung Waischenfeld:
Geführte Wanderung über 16 Kilometer, fünf Brauereien, Rücktransfer per Bus, Teilnahmegebühr 10 Euro. Info: www.waischenfeld.de, Tel. 0 92 02/ 96 01 17. *ldk*




1516, im April, legte der Bayerische Landständetag unter Vorsitz von Herzog Wilhelm IV. in Ingolstadt fest, dass zur Herstellung bayerischen Bieres nur Gerste (Gerstenmalz), Hopfen und Wasser verwendet werden dürfen. Von der Rolle der Hefe wusste man noch nichts. Deutsches Bier darf in der Bundesrepublik Deutschland laut Gesetz auch heute noch ausschließlich aus Malz, Hopfen, Hefe und Wasser hergestellt werden. Damit ist das Reinheitsgebot von 1516 das älteste noch gültige Lebensmittelgesetz der Welt.