Verkaufsoffener Sonntag in der Kritik
Autor: Sebastian Schanz
Bamberg, Dienstag, 14. August 2018
Schwache Umsätze und unzufriedene Händler: Nach dem Flop vom vergangenen Wochenende wollen die Veranstalter Konzept und Termin erneut überdenken.
Der verkaufsoffene Sonntag ist gefloppt. Das geben die Organisatoren von Stadt und Stadtmarketing offen zu. Sie wollen deshalb sowohl das Gesamtkonzept als auch den neuen Termin überdenken.
"Es waren mehr Kunden da, als ich befürchtet hatte, aber weniger, als wir erhofft hatten", sagt Klaus Stieringer. "Ich verstehe jeden, der verärgert ist", sagt der Geschäftsführer des Bamberger Stadtmarketings, der offen einräumt, dass dieser verkaufsoffene Sonntag in der Mitte des Monats und der Sommerferien, bei heißen Temperaturen und mit der zu kurzen Vorbereitungszeit ein Misserfolg war.
Stadtsprecherin Ulrike Siebenhaar zeigt ebenfalls Verständnis für Kritiker. "Man wird über das Thema, speziell über eine Ausweitung der Veranstaltung, noch einmal reden müssen." Das sieht auch Stieringer so. Denn der Zuschnitt der Veranstaltung hat sich als ungünstig erwiesen.
Sonntag schwächt Folgetage
"Die Zone für die teilnehmenden Händler war stark begrenzt und aus unserer Sicht vollkommen willkürlich festgelegt", kritisiert Anne Baum, die in den Theatergassen ein kleines Geschäft für Kindermode betreibt. Doch während nur wenige Meter entfernt in der Langen Straße die Ladentüren offenstanden, durfte sie nicht aufsperren. Baum erzählt, sie habe extra ihren Urlaub abgebrochen, als sie überraschend die Nachricht in den sozialen Medien las, dass der verkaufsoffene Sonntag diesmal am Blues- und Jazzfestival stattfinden würde. Nur um dann zu erfahren, dass sie gar nicht öffnen dürfe. "Das heißt, profitieren konnten eigentlich vor allem die A-Lagen mit vor allem großen Ketten in der Fußgängerzone", erklärt die Geschäftsfrau. "Für uns in unserer derzeitigen Lage ist das eine mittlere Katastrophe, da der Sonntag zwar nicht mehr Umsatz bringt, aber diesen aus den Tagen drum herum abzieht."
Stadt sind die Hände gebunden
Bei Klaus Stieringer rennt sie mit der Kritik offene Türen ein. Aktionstage wie dieser seien genau für solche kleinen Läden gedacht, betont der Stadtmarketing-Chef un kündigt an, dass man daran arbeiten müsse, das Gebiet wieder zu erweitern. "Die verkaufsoffenen Sonntage sollen ja eben nicht am Maxplatz stattfinden, wo eh viele Menschen sind." Warum also die Änderungen? Hintergrund ist wie berichtet, dass der bisherige Termin des verkaufsoffenen Sonntags mit dem Herbstmarkt juristisch nicht mehr haltbar war. Was das Aus für die Verbindung mit dem Herbstmarkt angeht, da seien der Stadtverwaltung die Hände gebunden, betont Stadtsprecherin Siebenhaar Denn einen solchen Aktionstag darf man per Gesetz nur an eine Großveranstaltung knüpfen, die mehr Menschen lockt, als der sonntägliche Handel.
In Bamberg gibt es laut Stieringer nur drei solche Kracher: die Sandkerwa, "Bamberg zaubert" und eben das Blues- und Jazzfestival. Keiner davon gilt wesensverwandt mit einem Shoppingerlebnis. Ein weiteres Problem: Die Verkaufszone richtet sich nach der Hauptveranstaltung. Nur mit Mühe hat das Stadtmarketing daher vor der Stadtratsentscheidung bewirkt, dass die Zugangswege zum Festival, wie etwa die Luitpoldstraße, mit aufgenommen wurden. Die Allianz für einen freien Sonntag sah das äußerst kritisch.
"Indem ich dem städtischen Handel den verkaufsoffenen Sonntag wegnehme, verliert er seine schärfste Waffe gegen den Onlinehandel." Der Sonntag sei bei Amazon, Zalando und Co. nämlich ein massiver Umsatztag. Das müsse den Gegnern eines verkaufsoffenen Sonntags bewusst sein. Der Stadtmarketingchef kritisiert die Allianz für einen freien Sonntag, die den bewährten Termin ins Wanken gebracht hatte. "Dadurch wurde dem Bamberger Einzelhandel ein Bärendienst erwiesen."
Gewerkschaft will Kleine stärken
Rita Wittmann von der Gewerkschaft Verdi, die in der Sonntagsallianz aktiv ist, lässt die Kritik nicht gelten. "Unsere Position ist ganz klar: Eher die kleinen Unternehmen fördern, als die Discounter drei Kilometer vor der Stadt." Die Veranstalter hätten bei der Neuplanung Vertreter der Allianz mit an den Tisch holen können, dies aber nicht getan. Wie geht es nun weiter? Die Stadtverwaltung sei offen für Vorschläge, betont Stadtsprecherin Siebenhaar. Und auch das Stadtmarketing kündigt an, die Konzeption grundlegend zu überdenken.
Die Allianz für einen freien Sonntag kündigt Widerstand an: "Sollte eine Verschiebung geplant sein, wird die Allianz die ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um zu prüfen, ob eine solche Rechtssicherheit gegeben ist. Ansonsten kann kein verkaufsoffener Sonntag stattfinden", betont Bastian Sauer, Organisationssekretär beim Deutschen Gewerkschaftsbund Oberfranken.
Kommentar des Autors:
Nach diesem verkaufsoffenen Sonntagsflop fühlen sich alle als Verlierer. Kleine Einzelhändler, weil sie nicht mitmachen durften. Große Läden, weil kaum Kunden kamen. Und die Bamberger Veranstalter, weil sie sich gegenüber anderen Kommunen benachteiligt sehen, bei denen kein Aktionsbündnis für einen freien Sonntag kämpft. Auch die Gewerkschaft darf sich als Verlierer sehen: Eines ihrer Ziele ist es, kleine Einzelhändler zu unterstützen. Doch die meisten von ihnen waren im neuen Konzept ganz außen vor. Stattdessen langweilte sich in den großen Läden das Personal und sehnte sich an den nächsten Baggersee. Früher war alles besser? In diesem Fall ja. Am etablierten Herbstmarktsonntag hat das Zusammenspiel über viele Jahre funktioniert, während diesmal gar nichts passte. Das neue Verlegenheitskonzept fiel zielsicher ins Sommerloch. Und dort sollte man es auch lassen. Nur an Stellschrauben zu drehen, wird den Konsummotor nicht anspringen lassen. Was gefehlt hat und noch immer fehlt, ist eine zündende Idee.
Sebastian Schanz