Verkauf von Bamberger Wohnungen: Nur Tscherner stimmte dagegen
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Donnerstag, 28. Juli 2016
Der Stadtrat segnete den Verkauf von 530 Wohnungen der Stadtbau GmbH ab. Doch es wurden auch Zweifel an dem 25-Millionen-Euro-Geschäft laut.
Was wird sich für Brigitte Arnold verändern? Die Frau vom Eichendorffplatz in Bamberg-Ost hat am Mittwoch eine Nachricht mit überraschendem Inhalt in ihrem Briefkasten gefunden. Ihre Wohnung wird schon bald nicht mehr der Stadtbau-Gesellschaft gehören, sondern der Weltkulturererbestiftung Bamberg. "Ein wenig beunruhigt war ich schon", sagt Arnold, die deshalb auch die Stadtratssitzung besuchte.
Etwa eine Stunde diskutierten die Räte am Schillerplatz über eine der größten Finanztransaktionen Bambergs, dann wurde abgestimmt. Das Verkaufspaket fand eine große Mehrheit. Nur Norbert Tscherner stimmte dagegen, weil er den Versprechungen nicht glauben wollte. "Da steckt etwas anderes dahinter.", argwöhnte der Bürger-Block-Stadtrat, ohne allerdings sein Misstauen näher erläutern zu können. In einem war sich Tscherner aber sicher: 80 Prozent der hier Anwesenden haben die Unterlagen nicht verstanden.
Wem nutzt der Verkauf von 530 Stadtbauwohnungen und 17 Gewerbeeinheiten über die ganze Stadt hinweg an eine Reihe von städtisch verwalteten Stiftungen? Glaubt man den Verantwortlichen im Rathaus, dann gibt es bei dieser komplexen Vermögensumschichtung nur Gewinner. Die Stiftungen lösen in einer Null-Zinsphase ihr Anlageproblem, indem sie ihr Geld in Wohnungen stecken, die drei bis vier Prozent Mietrendite abwerfen. Die Stadtbau bereinigt ihr Finanzproblem, indem sie viele Darlehen ablöst und eine Bruttosumme von 25 Millionen Euro erhält, wie in der Sitzung gesagt wurde.
Und auch die Bürger könnten profitieren. Denn die Stadtspitze will mit dem Geld nicht nur den Sanierungsstau bei der Stadtbau angehen. Bamberg will beim Thema Neubau endlich auch klotzen. "Die Stadtbau springt beim sozialen Wohnungsbau in die Lücke, die Bund und Land hinterlassen haben", sagte OB Andreas Starke (SPD) zufrieden mit dem Ergebnis langer Vorberatungen: 225 bezahlbare Wohnungen sollen nach seiner Aussage in den nächsten Jahren in der Gereuth, in der Wunderburg und auf dem Gelände der ehemaligen Lagardekaserne entstehen. Und auch dieses wurde versprochen: Die Stiftungen wollen bei den erworbenen Wohnungen rasch auch die Sanierung der häufig älteren Häuser angehen.
Dennoch: Dass der Verkauf von so vielen in öffentlichem Besitz befindlichen Wohnungen ohne Widerstand über die Bühne ging, hat weniger mit den angekündigten Wohltaten, sondern vielmehr damit zu tun, dass die Mieter keine Veränderungen befürchten müssen. Nicht nur, dass die Stadtbau für ein Dienstleistungsentgelt weiterhin die Verwaltung der verkauften Wohnungen übernimmt. Alles bleibe im Konzern Stadt Bamberg, wie Starke sagte. Was die politische Kontrolle und was was Mieterhöhungen angeht. Niemand müsse befürchten, dass die sozialen Kriterien geschleift würden.
Über die meisten Fraktionen hinweg wurde der Coup gelobt. Helmut Müller (CSU) sprach davon, dass die Stadtbau flüssige Mittel erhält, um ihre wichtigste Aufgabe, den Bau von bezahlbarem Wohnraum, wahrzunehmen. Heinz Kuntke (SPD) nannte das Vorhaben einen Meilenstein der Bamberger Wohnungspolitik, von dem man hoffen könne, dass er "den gordischen Knoten löst". Fast schon enthusiastische Zustimmung war auch von den Grünen zu hören. Ursula Sowa rief bereits das Ende der Eigentumsbildung jenseits von 3500 Euro pro Quadratmeter in Bamberg aus.
Ob es tatsächlich dazu kommt? Trotz der komplexen Materie, einer "technischen Konstruktion, die es in sich hat", lobte auch Dieter Weinsheimer (BA) das "faszinierende Konzept" der Eigentumsübertragung. Es helfe, die wichtigste Aufgaben der Stadt zu erfüllen, den sozialen Wohnungsbau.
Und Mieterin Brigitte Arnold? Sie zeigte sich nach der Debatte im Stadtrat vorsichtig erleichtert: "Wenn das alles so kommt, wie es hier versprochen wird, dann muss man keine Angst haben."