Druckartikel: Verein "Hilfe für Anja" veröffentlicht Buch über Schicksal des Mädchens

Verein "Hilfe für Anja" veröffentlicht Buch über Schicksal des Mädchens


Autor: Anette Schreiber

Rothensand, Dienstag, 14. April 2015

Das Schicksal des kranken Mädchens aus Rothensand hat die Menschen bewegt und einen FC-Fan-Club aktiviert. Seit 15 Jahren gibt es einen Hilfsverein, viele Typisierungsaktionen und nun die Geschichten dahinter.
Anja Roith blättert in dem Buch, das der nach ihr benannte Verein "Hilfe für Anja" zum 15-jährigen Bestehen herausbrachte. Foto: Ronald Rinklef


Anja wirkt sehr zart und mädchenhaft. In Erwachsenen-Filme kommt die 18-Jährige jedenfalls nur, nachdem sie ihren Ausweis vorgezeigt hat. Das jugendliche Aussehen ist eine Nebenwirkung der vielen Behandlungen. Keine wirklich negative. Die Hüftkopfnekrose dagegen schon. "Eine Folge der intensiven Cortison-Behandlungen," weiß Anjas Mutter Elisabeth. Mit zweieinhalb Jahren wurde bei Anja eine schwere, seltene und schwer auszusprechende Autoimmunkrankheit festgestellt. In ihrer Verzweiflung wagte die Familie den Schritt an die Öffentlichkeit. Wenig später hat sich der Verein "Hilfe für Anja" formiert. Der besteht mittlerweile seit 15 Jahren und hat nun ein Buch mit den Hintergrundgeschichten veröffentlicht.

Mit dabei ein Beitrag von Elisabeth Roith. Das Werk "Lebensretter gesucht" ist letztlich ein flammender Appell an alle, sich typisieren zu lassen und: "Es soll Mut machen", sagt Anjas Mutter. Denn so eine schwere Krankheit "kann jeden treffen", stellt die 46-Jährige trocken fest.Nach dem, was sie und ihre Familie in den letzten knapp 16 Jahren er- und durchlebt haben.

Roiths waren eine ganz normale Familie, bis zur niederschmetternden Diagnose. "Du kannst dich doch nicht daheim hinsetzen und warten, bis dein Kind stirbt." Deswegen haben Roiths die Öffentlichkeit gesucht. In der Hoffnung, einen Knochenmarkspender zu finden. Zuvor habe man immer eher unauffällig gelebt, sich im Hintergrund gehalten. Doch mit der Krankheit wurde alles anders und die Öffentlichkeit zu einer Chance. Spendenaufrufe, Typisierungsaktionen. Im Verwandten- und Bekanntenkreis, in der neuen Heimatgemeinde Hirschaid und parallel dazu in der alten, in der Oberpfalz. Die Stefan-Morsch-Stiftung half. Jede Typisierung kostet Geld, 50 Euro pro Person. Übers Geld kamen Roiths und Michael Sporrer zusammen: Der Vorsitzende eines FCN-Fanclubs musste 800 Mark sinnvoll unterbringen.

"Wollen Sie nur spenden oder sich auch engagieren", wurde der damals von einem Freund der Familie gefragt, erinnert sich Elisabeth Roith. Sporrer überlegte nicht lange und entschied sich für beides. Der Anfang dessen, aus dem der Verein Hilfe für Anja und nun auch das Buch geworden ist. Und vor allem auch eine stattliche Datei mit potenziellen Stammzellenspendern. Vor der Vereinsgründung haben Roiths und Freunde rund 26 000 Spender gewinnen können, nun mit Unterstützung des Vereins sind es gut 62 000.

"Die Krankheit alleine ist schon schwer genug zu verkraften, das Warten auf Hilfe macht mürbe", schreibt Elisabeth Roith in ihrem Beitrag über Anjas Geschichte. Für den hatte sie nur zwei Wochen Zeit. "Aber wir haben die Geschichte schon so vielen Leuten erzählt und auch Tagebuch geführt," so dass es eigentlich kein Problem war, erklärt die junge Anja mit der Abgeklärtheit eines reifen Menschen. "Das sind besondere Kinder", sagt ihre Mutter immer wieder über die Kinder, die sie während Anjas unzähliger Krankenhausaufenthalte kennen gelernt hat.

Elisabeth Roith beschreibt in ihrem Beitrag zum 200-seitigen Buch Anjas Krankheit, wie sie in Schüben verlief und ein Wettlauf mit der Zeit war, um einen geeigneten Spender zu finden. Relativ bald war einer gefunden, der zu 80 Prozent gepasst hätte. Zu wenig, befanden Anjas Eltern seinerzeit und wollten das Risiko nicht eingehen. Wie sich zeigte, die richtige Entscheidung. Anja hätte wohl nicht überlebt. Wie durch ein Wunder ließen auf einmal die Schübe nach. Als sie wieder verstärkt auftraten, war ein fast 100 Prozent passender Spender gefunden. 2011.

Emotional bewegend
In seinem Beitrag schildert der Portugiese Henrique Miranda emotional bewegend, wie er nach einem Hilferuf 2001 für einen kranken Jungen im Fernsehen zehn Jahre später zu Anjas Spender geworden ist, der sich inzwischen als deren großer Bruder fühlt.

Herausgeber Sporrer wiederum erzählt, wie Hardcore-Nürnberg-Fans zu engagierten Lebensrettern wurden. Wie diese Leidenschaft das einstige Lebenselexier Fußball vom Spitzenplatz auf den zweiten Platz verdrängte. Das, was als Festschrift zum 15-jährigen Bestehen gedacht war, hat sich zu einem eindrucksvollen Werk zum Thema Stammzellenspende entwickelt.Natürlich sollen zu diesem Jubiläum auch wieder Typisierungsaktionen stattfinden. Auch wenn Anja - bis auf die Nebenwirkungen und Spätfolgen der Behandlungen - nun als gesund gilt. "Es gibt immer Menschen, die nur mithilfe von Spenden überleben können", weiß Anja. Sie hat im vergangenen Jahr bei der Agentur für Arbeit mit einer Ausbildung zur Fachangestellten für Arbeitsmarktdienstleistungen begonnen, den Führerschein gemacht und sich aus den ersten Einkünften ein kleines Auto gekauft. Sie führt nun das, was einem normalen Leben nahe kommt.

"Aber die Krankheit ist immer da." Gerne würde Anja Sport treiben, tanzen, reiten, "was eben alle Mädchen gerne machen." Aber sie ist vernünftig genug, es nicht zu tun. Deswegen hat sie sich aufs Lesen verlegt. "Das ist hüftschonend," stellt sie pragmatisch fest. Dennoch, Anja ist aufgeweckt, macht einen fröhlichen Eindruck. "Ich bin Optimist hoch 20", behauptet sie von sich. Sonst hätte sie wohl auch nicht überlebt. Vor allem aber nicht ohne ihren Spender.