Druckartikel: Urteil nach Todesfahrt auf A3: Cannabis war im Spiel

Urteil nach Todesfahrt auf A3: Cannabis war im Spiel


Autor: Sebastian Martin

Schlüsselfeld, Montag, 03. August 2015

Ein 35-Jähriger wurde vom Amtsgericht Bamberg zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Er hat Schuld an dem schweren Unfall, der sich Weihnachten 2013 auf der A 3 bei Schlüsselfeld ereignet hatte. Seine beiden Mitfahrer waren damals ums Leben gekommen.
Ein schrecklicher Unfall hatte sich am 22. Dezember 2013 auf der A 3 bei Schlüsselfeld ereignet. Damals waren zwei Insassen des Unfallfahrzeugs getötet worden. Der Fahrer hatte Drogen im Blut: Er musste sich gestern vor dem Amtsgericht Bamberg verantworten.  Foto: News5/Grundmann


Es war mitten in der Nacht, als sich der Unfall ereignete. Der heute 35 Jahre alte Fahrer war mit seinem Auto von Luzern Richtung Polen unterwegs. Auf dem Beifahrersitz befand sich die Frau seines Freundes, der auf dem Rücksitz saß, neben diesem das damals dreijährige Kind des Paars. Es war kurz vor Weihnachten 2013. "Wir wollten nach Polen, die Eltern der Frau meines Freundes besuchen", sagte der Fahrer, der wie seine Mitfahrer aus der Schweiz kommt, gestern vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Marion Aman.

Der Mann musste sich vor Gericht verantworten, weil damals um 1.45 Uhr bei Schlüsselfeld auf der A 3 dieser tragische Unfall geschah: Der 35-Jährige fuhr mit etwa Tempo 140 auf einen vollbesetzten rumänischen Kleinbus auf. Das Auto zog anschließend nach rechts zur Seite und rammte die Leitplanke. Durch die Keilform des Toyota Celica geriet das Auto unter die Leitplanke und blieb stecken. Die Beifahrerin war sofort tot. Der Freund des Fahrers verstarb später im Rettungswagen. Das Kind überlebte schwer verletzt. Der Fahrer hatte nur leichte Schürfwunden.


Zeitpunkt des Konsums wichtig

In der gestrigen Verhandlung ging es um Emotionen des Angeklagten und die Frage, wann der gelernte Zweiradmechaniker Cannabis konsumiert hatte. Er hatte angegeben, trotz mehrerer Pausen auf der sechsstündigen Fahrt wegen eines Sekundenschlafs den Unfall verursacht zu haben. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, dass die Müdigkeit unter anderem auch vom Marihuanakonsum herrührte.

Dass der Angeklagte vor der Fahrt Drogen konsumiert hatte, stand außer Frage. Das räumte der 35-Jährige auch ein. Nicht verwunderlich: Cannabis sei in der Schweiz weitestgehend legal, erklärte sein Anwalt Jochen Kaller. Es kam nun aber auf den Zeitpunkt des Konsums an: Der Angeklagte gab an, er habe zuletzt am Abend vor dem schweren Unfall Cannabis geraucht. Die rechtsmedizinische Gutachterin Vera Sterzik aus Würzburg widersprach dieser Version allerdings. Die hohen Werte an Cannabinoiden in seinem Blut, das in der Tatnacht abgenommen wurde, würden darauf hindeuten, dass er wenige Stunden bis sogar eine Stunde vor dem Unfall zuletzt Cannabis geraucht haben musste.

Die Einordnung missfiel Anwalt Jochen Kaller: Es sei nicht klar, ob man durch den Messwert feststellen könne, wann der letzte Konsum stattgefunden hatte. An den Pupillen des Angeklagten habe keiner in der Unfallnacht etwas festgestellt, so Kaller. Vielmehr hätten Polizisten wie Ersthelfer berichtet, der Mann habe nach dem Unfall abwesend gewirkt. Das sei mit dem Schockzustand des Mannes erklärt worden.

Insofern widersprach der Verteidiger auch Staatsanwalt Arno Ponnath, der nach Abschluss der Beweisaufnahme, in der unter anderem sechs Zeugen und zwei Gutachter gehört worden waren, neben dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Körperverletzung auch die Anschuldigung der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs erhob. Aus Sicht von Ponnath habe der Mann, wenn er Drogen in den Pausen der Fahrt konsumierte, eine Gefährdung anderer billigend in Kauf genommen. Für den Verteidiger war das "sehr weit hergeholt".


Ein Jahr und acht Monate auf Bewährung

Der Staatsanwalt forderte zwei Jahre und vier Monate Haft für den Angeklagten, außerdem den Entzug des Führerscheins für gut eineinhalb Jahre. Der Verteidiger blieb darunter mit einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie einem einjährigen Führerscheinentzug

Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft nur in Teilen: Eine vorsätzliche Gefährdung sah es nicht. Das Gericht sah es jedoch als erwiesen an, dass der Mann unter Drogeneinfluss das Auto geführt hatte und womöglich dies auch zur Verstärkung seiner Müdigkeit beigetragen hatte. Er handelte demnach fahrlässig.

So entschieden die Richter auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monate. Diese wird allerdings auf Bewährung ausgesetzt. Bewährung deshalb, da die Beifahrer wohl wussten, dass der Mann Cannabis konsumiert hatte und, weil die Verhandlung erst eineinhalb Jahre nach dem Unfall stattfand. Die Ermittlungen hatten so lange angedauert. Auch konnte nicht geklärt werden, ob der Freund des Fahrers auf dem Rücksitz angeschnallt war oder nicht. Nun wird dem Mann der Führerschein für eineinhalb Jahre entzogen. Er muss 9000 Euro an die Einrichtung "Lifeline" bezahlen.

Das Kind der Toten lebt heute bei Pflegeeltern. Es soll ihm gut gehen, sagte der 35-Jährige vor Gericht: "Ich würde es gerne rückgängig machen, es tut mir wirklich leid."

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.