Unterwegs in geheimer Mission
Autor: Harald Rieger
, Donnerstag, 15. Dezember 2011
Der Bamberger Funkfachmann Rudolf Staritz feiert seinen 90. Geburtstag. Das Museum Kutz zeigt einen Großteil seiner gesammelten Kommunikationsgeräte aus der Vorzeit des Computers.
Funk- und Chiffregeräte stapeln sich bis unter die Decke und lassen den Keller von Rudolf Staritz fast aus allen Nähten platzen. Doch Computer oder gar eine Internetverbindung sucht man vergeblich. Nicht, dass der Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik, der dieser Tage seinen 90. Geburtstag feiert (das genaue Datum will er nicht verraten), etwa Berührungsängste mit der modernen Kommunikationstechnik hätte. Aber als Experte für Nachrichtentechnik will er einfach "keine offene Türe" in seinem Hause haben. "Ich lasse mich nun einmal nicht gerne ausspionieren. Streng genommen dürfte ich eigentlich gar kein Telefon in meinen vier Wänden haben", sagt Staritz. Verfolgungswahn? Mitnichten - der Senior hat sich über ein Drittel seines Lebens mit der Telekommunikation und der geheimen Spionage befasst und weiß ganz genau, wovon er spricht.
Mit 14 Jahren kam Rudolf Staritz zum ersten Mal mit der Fernmeldetechnik in Berührung - als er wie alle seine Schulkameraden in die Hitlerjugend eintreten musste. Früh fand er Gefallen an der drahtlosen Kommunikation und widmete sich in seiner Freizeit intensiv dem Amateurfunk, ehe er nach dem Schulabschluss ein Studium in Fernmeldetechnik begann. Doch nach nur zwei Semestern brach der Zweite Weltkrieg aus. Aufgrund seiner einschlägigen Kenntnisse wurde der junge Soldat kurzerhand in das Amt Ausland/Abwehr berufen. "Der Funk war damals das einzige Kommunikationsmittel. Damit wurde Kontakt zu den eigenen Leuten gehalten und damit wurden Gegner ausspioniert."
Staritz ist während der Kriegsjahre unter dem Kommando von Admiral Canaris und Oberst Hansen als Funker, Funkausbilder und Konstrukteur von Agentenfunkgeräten tätig gewesen. Besonders beim Bau von Funkgeräten war auch sein Einfallsreichtum gefragt. "Wir hatten Funkgeräte beispielsweise in Grammophone, Bücher oder Nähmaschinen eingebaut. Als Deutschland dann gegen Russland kämpfte, wurden wir Funker vor eine neue Herausforderung gestellt", erinnert er sich. Denn dazu mussten eigens batteriebetriebene Funkgeräte entwickeln werden, die ohne Strom aus der Steckdose auskamen.
Im letzten Kriegsjahr war Staritz mit dem geheimen Meldedienst und der Aufklärung sowie mit der Spionageabwehr und Gegenspionage beschäftigt. "Vor Ende des Krieges erhielten wir den Befehl, die Agentenfunkverbindung auch nach dem Krieg weiter aufrecht zu erhalten. Da ich nicht als Mann vom Geheimdienst erkannt werden sollte, erhielt ich zivile Papiere und wurde nach Lübeck ins Telegrafenamt versetzt." So entging er der Kriegsgefangenschaft und konnte unmittelbar nach der Kapitulation sein Studium in Hamburg wieder aufnehmen. Nach seinem Abschluss als Diplom-Ingenieur bekommt Rudolf Staritz Anfang der 50er Jahre einen Job in der Forschungsabteilung der Bundespost. Auch hier ist er wieder mit der Entwicklung von Computerperipherietechnik und Datenfernübertragung beschäftigt.
Bei der Post lernte er auch seine künftige Frau kennen. Nach der Hochzeit 1954 siedelte das Ehepaar nach Oberfranken um. Den gebürtigen Ziegenrücker (Saale-Orla-Kreis) zog es zurück in die Nähe des Thüringer Waldes. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1983 war er bei der Post für Zukunftsentwicklungen im Postdienst eingesetzt, war Leiter der Versuchsstelle in Nürnberg und forschte insbesondere an der Kommunikation per Satellitenübertragung.
Einen Teil seiner umfangreichen Sammlung an Kommunikationsgeräten aus der Zeit vor der Einführung des Computers hat Staritz dem Bamberger "Museum Kutz - Kommunikations-Technik und -geschichte" zur Verfügung gestellt. Inzwischen wurde die Ausstellung unter dem Motto "Geheime Kommunikation" neu zusammengestellt und erweitert. Die Eröffnungsfeier findet am Freitag um 16 Uhr in dem Museum am Kranen statt.