"Gelte nicht mehr als Mensch": Ungeimpfte Pflegekräfte im Gesundheitswesen berichten über schwierigen Alltag
Autor: Daniel Krüger
Bamberg, Freitag, 11. Februar 2022
Die drohende Impfpflicht in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen sorgt auch in Bamberg für große Sorgen. Gegenüber inFranken.de berichtet eine ungeimpfte Beschäftigte aus ihrem schwierigen Berufsalltag.
- Bamberg: Ungeimpfte Beschäftigte im Gesundheitswesen berichtet aus Alltag
- "Arbeitsteams massiv gespalten": Umgang im Team sei deutlich schwieriger geworden
- "Darf Enkel nicht mehr besuchen": Auch Privatleben leide wegen Impfdebatte stark
- Gelernte Pflegerin reagiert auf Söder-Vorstoß zur Aussetzung der Teil-Impfpflicht
Ab dem 16. März soll - so der Plan der Ampel-Koalition - eine Impfpflicht für Beschäftigte in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen gelten. Doch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Montag (7. Februar 2022) öffentlich angekündigt, das bereits beschlossene Gesetz de facto vorerst aussetzen zu wollen. Auch in Bamberg ist die Stimmung bei vielen Einrichtungen angespannt, jüngst fand auf dem Gelände des Klinikums eine Protestaktion gegen die Teil-Impfpflicht statt. inFranken.de hat mit einer ungeimpften Beschäftigten im Gesundheitswesen über die aktuelle Situation gesprochen.
Beschäftigte protestieren am Klinikum Bamberg gegen Impfpflicht - "Ton macht die Musik"
Die gelernte Pflegerin arbeitet mittlerweile bereits seit vielen Jahren im psychosozialen Bereich in Bamberg. Ihren Namen möchte sie nicht öffentlich machen, weil die Einrichtung, in der sie arbeitet, "nichts mit meinem Statement zu tun hat", betont sie gegenüber inFranken.de. Sie selbst ist nicht beim Klinikträger, der Sozialstiftung, tätig. Den Protest von Beschäftigten auf dem Gelände des Klinikums Bamberg am 25. Januar 2022 habe sie aber unterstützt, "da ich aufgrund meiner beruflichen Herkunft, meiner Kenntnisse dieser Branche und meiner eigenen Impfskepsis solidarisch mit ihnen bin".
Bei der Aktion sei "die Pflege mit Kerzen buchstäblich 'zu Grabe getragen'" worden, erzählt sie. "Es sollte gezeigt werden: Es geht hier um Menschen, die ihren Beruf mit Liebe machen." Sie selbst habe etwa eine Freundin, "die während der Pandemie freiwillig in einem Altenheim gearbeitet hat, in dem durch einen Corona-Ausbruch viele Menschen gestorben sind". Nun sei deren Stelle "neu ausgeschrieben" worden. Besondere Kritik übt die examinierte Pflegerin am Umgang mancher Einrichtungen mit ungeimpften Beschäftigten kurz vor der geplanten Einführung der Teil-Impfpflicht.
"Manche Unternehmen stehen hinter ihren Mitarbeitern und sagen, wir machen 'langsam' mit der Impfpflicht, es müssen Daten erhoben und gemeldet werden, doch erst dann entscheiden die Gesundheitsämter über Sanktionen", so ihre Erfahrung. "Ich sehe ja ein, dass die Einrichtungen die Impfpflicht durchsetzen müssen, weil es sonst Bußgelder gibt", erzählt die Bambergerin. "Aber der Ton macht die Musik, mit Menschen wird unterschiedlich umgegangen."
"Dann müssten sich Pflegekräfte nicht zu Telegram flüchten" - Ungeimpfte kritisiert "unnötigen Druck"
So habe ein Bamberger Träger etwa "in Mitarbeitergesprächen darauf hingewiesen, dass es ab dem 15. März ein pauschales Betretungsverbot für Ungeimpfte geben würde, dabei müsste das meines Wissens nach individuell von den Gesundheitsämtern, nicht von Arbeitgebern, entschieden werden", erzählt sie. Bereits im Voraus seien Gespräche geführt worden, "bei denen gleich angeblich vorausschauend gesagt wurde: Wenn jemand gar nicht zu überzeugen ist oder es nicht schafft, seinen Impfstatus bis zum 15. März zu erfüllen, dann müsse man die Stelle im Vorfeld ausschreiben, weil es sonst Engpässe gibt".
Video:
Das habe sie von Beschäftigten erfahren - noch vor der Ankündigung von Söder, die Impfpflicht aussetzen zu wollen. Die Bambergerin spricht in diesem Zusammenhang von "unnötigem Druck". Grundsätzlich glaube sie, sagt die gelernte Pflegerin, dass eine "bessere Debatte in der Gesellschaft" geführt werden müsse. "Dann müssten sich Pflegekräfte nicht zu Telegram flüchten und für Verschwörungstheorien anfällige Menschen würden dort nicht hineingeraten", erzählt sie, die selbst nicht in dem Netzwerk aktiv sei. Aus ihrer Sicht treibe diese "die Politik und fehlende Debattenkultur dahin". Auf ihren Berufsalltag habe das Thema Impfen mittlerweile einen starken Einfluss.