Umstrittener Kinderbonus: Werden Frankens Kitas günstiger um jeden Preis?
Autor: Stephan Großmann
Gaustadt, Dienstag, 16. Juli 2019
Dank einer neuen Regelung sparen Frankens Familien bald bis zu 100 Euro beim Kitabesuch ihrer Kinder. Eigentlich sollte das Gesetz schon ab April umgesetzt werden. Deswegen sehen Verbände die Förderung aber nicht kritisch - sondern aus Qualitätsgründen.
Es ist 8.20 Uhr, Karl Gümpel bringt seine Tochter Lilly in die Kita, wie fast jeden Morgen. Seit Anfang des Jahres besucht die Dreijährige die Entengruppe des Kindergartens St. Sebastian im Bamberger Stadtteil Gaustadt. Sie kommt gerne, auch weil sie hier schon viele Freunde gefunden hat. Bald sind Sommerferien, dann hat die Kita zwei Wochen geschlossen. Danach darf sich Familie Gümpel aber über ein Geldgeschenk aus der Staatskanzlei in München freuen: Lillys Kita-Besuch ist dann 100 Euro billiger als bisher.
Ab diesem Jahr sollen Familien, deren Nachwuchs den Kindergarten besuchen, einen monatlichen Zuschuss von 100 Euro bekommen. Bisher förderte der Freistaat lediglich das letzte Kindergartenjahr. Alleine in Franken werden laut Sozialministerium mehr als 114 000 Kinder von der neuen Regelung profitieren. Das gilt für alle Kinder, die einen staatlich geförderten Kindergarten besuchen.
Gut für die Eltern: Sie müssen nichts weiter tun, das Geld bekommen sie indirekt über die reduzierten Beiträge gutgeschrieben. Der Freistaat überweist das Geld an die Kommunen, die es an die Träger der Kitas weiterreichen. Letztere sind verpflichtet, die Eltern auf die Reduzierung der Beiträge hinzuweisen.
Schon früh im Jahr haben die Gümpels wie so viele andere Eltern den Brief mit der frohen Botschaft erhalten. Aber: Kinder, die wie Lilly heuer drei Jahre alt geworden sind oder noch werden, kommen erst mit dem neuen Kindergartenjahr in Betracht. Also am 1. September. Und zwar unabhängig davon, ob sie bereits einen Kindergarten besuchen oder nicht.
So sieht es die an das Kindergartenjahr gekoppelte Stichtagsregelung vor. Wessen Kind 2018 oder früher das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat schon ab dem 1. April Anspruch auf den Zuschuss. Die rückwirkende Auszahlung verzögert sich zum Teil jedoch noch, weil erst der bayerische Haushalt verabschiedet werden musste.
Leidet die Qualität?
Bei Trägerverbänden kommt der ausgeweitete Beitragszuschuss nicht nur positiv an. "Wir hätten die Mittel lieber in der Qualitätsentwicklung gesehen", sagt Maria Hellfritsch, Geschäftsführerin des Verbandes katholischer Kindertageseinrichtungen Bayern. Ähnlich betonen es auch die kommunalen Spitzenverbände und andere Träger in Bayern auf Anfrage. Dort sei noch viel zu tun. Kerstin Schreyers Sozialministerium in München entgegnet auf die Kritik, ebenfalls die "Qualitätsentwicklung vorantreiben" zu wollen, etwa mit verbesserten Arbeitsbedingungen und der Gewinnung von Fachkräften.
Hellfritsch weist zudem auf den erheblichen Verwaltungsaufwand hin und bemängelt den verfrühten Start im April. Die Einrichtungen seien kaum vorbereitet gewesen, strukturelle Voraussetzungen wären nicht gegeben und viele Eltern verunsichert. "Wäre der Zuschuss erst mit dem neuen Kindergartenjahr in Kraft getreten, hätte uns das viel Stress erspart."