Umstrittene Werbung: Sind Samenspender Helden?
Autor: Irmtraud Fenn-Nebel
Erlangen, Donnerstag, 28. Juni 2018
Zum 1. Juli gibt es ein bundesweites Spenderregister. Eine Erlanger Samenbank hat eine Kampagne gestartet, die bei Spenderkindern schlecht ankommt.
Für den unwahrscheinlichen Fall, dass er dem Samen von James Bond entwachsen wäre: Spenderkind Leonard F.* (der Name ist der Redaktion bekannt) dürfte den Namen seines biologischen Vaters erfahren. Abgesehen davon, dass dieser mit Sicherheit nicht Bond heißt - der Geheimagent ist für F. ein rotes Tuch. Die Figur ist eine von drei so genannten "Helden", mit denen die Erlanger Samenbank zurzeit auf Plakatwänden im Großraum Nürnberg für die Samenspende wirbt. Was von Andreas Hammel, ärztlicher Leiter der Samenbank, als Hingucker gedacht ist, macht Leonard F. wütend.
"Rechtswidrige Vereinbarungen"
Leonard - und alle bisher entstandenen Spenderkinder - haben bereits jetzt das Recht, ihren genetischen Vater kennenzulernen. Das hat der Bundesgerichtshof schon 2015 bestätigt. "Mit anderen Worten: Anderslautende Vereinbarungen zwischen Ärzten, Eltern und Samenspendern waren schon immer rechtswidrig. Das stand sogar 1970 schon im Deutschen Ärzteblatt", sagt Anne Meier-Credner vom Vorstand des bundesweiten Vereins "Spenderkinder". Bislang sei es für Spenderkinder nur häufig sehr schwierig, dieses Recht umzusetzen, weil Ärzte und Samenbanken nicht alle so vorbildlich wie die Erlanger Samenbank dokumentiert hätten und sich zum Teil auch einfach weigern würden, vorhandene Informationen herauszugeben. "Deswegen wäre es so wichtig, diese bereits existierenden Informationen in ein zentrales Register zu überführen, damit sich die Spenderkinder nicht weiter mit unkooperativen Ärzten und Samenbanken auseinandersetzen müssen", fordert Meier-Credner. Spenderkinder begrüßen die neue Regelung
Womit wir beim Thema wären: Vor einem Jahr wurde ein Gesetz zur Errichtung eines Samenspenderregisters beschlossen, das zum 1. Juli 2018 in Kraft trat. Ziel ist es, "für Personen, die durch heterologe Verwendung von Samen bei einer ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung gezeugt worden sind, die Verwirklichung des Rechts auf Kenntnis ihrer Abstammung sicherzustellen". Der Verein "Spenderkinder" begrüßt diese Regelung. "Auch wenn das Gesetz aus unserer Sicht an einigen Stellen noch verbesserungsbedürftig ist, greift es das Bedürfnis vieler Spenderkinder auf, einfach und unbürokratisch erfahren zu können, wer ihr genetischer Vater ist", sagt Meier-Credner.
Die Kinder kommen nicht vor
Die Werbekampagne der Erlanger Samenbank hält sie jedoch für fragwürdig. "Darin werden Samenspender als Helden und das Gesetz als Absicherung der Bedürfnisse von Wunscheltern und Spendern dargestellt", kritisiert Meier-Credner. Leonard F., der in Nürnberg wohnt, sagt: "Jedes Mal, wenn ich auf meinem Weg durch die Stadt mit der Werbung konfrontiert werde, versetzt mir das einen Stich. Hier werden nur die künftigen Eltern thematisiert, die Kinder kommen überhaupt nicht vor."
Der Verein hat seiner Empörung in einem Brief an die Samenbank sowie in einer Stellungnahme auf seiner Homepage Luft gemacht. Hammel, der 2003 die Erlanger Samenbank gründete, antwortete den Spenderkindern via Facebook. "Die Idee meiner Kampagne ist es, das Image der Samenspender positiv darzustellen", sagt er auf Anfrage dieser Zeitung. "Ich meine, dass in jedem Menschen ein Stück Held steckt, zumal wenn er sich engagiert, etwas von sich gibt oder etwas Außergewöhnliches macht, was anderen hilft. Das ist der Bezug zu meiner Kampagne."