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Über 90 Busse in einer Straße: Wie Bamberg mit dem Tourismus ringt


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Montag, 26. Sept. 2016

Die Einzelhändler klagen über Umsatzverluste, den Anwohnern wird es zu viel: Bis zu neun Busse wurden zuletzt zeitgleich an der Mußstraße beobachtet.
Ein Kompromiss wird fortgeschrieben: Auch künftig sollen die Busse von Flusskreuzfahrern an der Mußstraße halten, allerdings nur noch unter der Woche.   Foto: Ronald Rinklef


Busse und kein Ende. Anwohner an der Mußstraße mussten in den zurückliegenden Monaten Nerven beweisen. Seit der Stadtrat probeweise auch die Transferbusse der Flusskreuzfahrer an der Konzerthalle halten lässt, konzentriert sich die Masse des Gruppenreiseverkehrs in Bamberg in der nicht gerade breiten Straße. Bis zu neun Busse haben Gästeführer zeitgleich dort beobachtet.

Dennoch scheint das befürchtete Chaos ausgeblieben zu sein, die Stadt kommt zu dem Ergebnis, dass die Testphase seit Januar 2016 gut verlaufen sei. Grundlage für diese Erkenntnis waren stichprobenartige Beobachtungen durch Mitarbeiter des Parküberwachungsdienstes und des Stadtplanungsamtes. "Das Verhalten der Busfahrer war mit wenigen Ausnahmen vorbildlich. Es wurden kurze Wartezeiten der Busfahrer auf die Gäste eingehalten und nach Zustieg erfolgte zügig die Abfahrt", heißt es wörtlich in einem Bericht, der jetzt dem Umweltsenat vorgelegt wurde. Daraus geht auch hervor, dass das Verkehrsaufkommen stark vom Tag abhängt. So wurden in der Mußstraße zwischen 40 Bussen am Montag und über 90 am Samstag gezählt.


Terrorwarnungen zeigen Wirkung

Diese hohen Zahlen sind auch deshalb bemerkenswert, weil mittlerweile klar ist, dass es nicht zu dem ursprünglich erwarteten weiteren Anstieg der Flusskreuzfahrten gekommen ist. Im Gegenteil: Wegen der in den USA kursierenden Terrorwarnungen für Europa hat sich das Passagieraufkommen im ersten Halbjahr 2016 auch in Bamberg merklich reduziert. Das zeigt sich auch an der Zahl von Schiffsanmeldungen. Sie sind auf 700 zurückgegangen, nach dem sie im Vorjahr noch bei 800 lagen.

Während die Anwohner im Umfeld der Konzerthalle sich der Touristenmassen zeitweise kaum erwehren können, plagen den Bamberger Einzelhandel andere Sorgen: Seit die südliche Promenade nicht mehr angesteuert wird, spürt man in der Langen Straße, aber auch rund um Obstmarkt und Obere Brücke, wie wichtig die Passanten für den Umsatz sind. Übereinstimmend berichten die Interessengemeinschaft Lange Straße und der Einzelhandelsverband Bayern, dass "Impulskäufe" durch Touristen deutlich zurückgegangen seien. 60 Prozent der Mitglieder der IG Lange Straße spricht sich deshalb dafür aus, den Ausstieg an der Promenade wiederaufzunehmen.

Dazu wird es aber nicht kommen, jedenfalls nicht in vollem Umfang. Als Reaktion auf die kritischen Stellungnahmen aus dem Handel und die objektiv hohen Belastungszahlen für die Mußstraße hat der Umweltsenat gegen die Stimmen von Hans-Jürgen Eichfelder und Wolfgang Wußmann (BA) einen weiteren Kompromiss beschlossen. Demnach soll es grundsätzlich auch im nächsten Jahr beim Halt Mußstraße bleiben. Doch um die Belastung besser zu verteilen, sollen die Busse der Flusskreuzfahrer künftig am stark frequentierten Samstag und Sonntag nun wieder an der südlichen Promenade stoppen - das Ganze auch diesmal probeweise. Vorteil: Am Wochenende verkehren keine Schulbusse.


Zustimmung trotz Skepsis

Wie schwierig es bei diesem Thema für die Politik ist, einen gangbaren Weg zu finden, machen die Äußerungen der Stadträte deutlich, die dem Kompromiss zustimmten, aber auch Bedenken nannten. Von "Bauchschmerzen" sprach bei der jetzigen Lösung etwa Franz-Wilhelm Heller (CSU), der sich selbst als "Anhänger der südlichen Promenade" bezeichnete. "Wir waren von Anfang an gegen die Mußstraße", sagte Peter Süß von der SPD-Fraktion. Die Umsatzverluste im Einzelhandel entlang der früheren Laufstrecke der Flusskreuzfahrer bezifferte er mit 20 Prozent.

Skepis auch bei Gertrud Leumer (GAL). Sie verglich die Suche nach dem optimalen Bushalt mit der "Quadratur des Kreises" und brachte einen alternativen Bushalt am Margaretendamm ins Gespräch. Dieser fand aber keine Unterstützung.

Dass mit dem Doppelhalt Mußstraße/südliche Promenade möglicherweise nicht das letzte Wort gesprochen ist, deutete Bürgermeister Christian Lange (CSU) an. Er berichtete von Verhandlungen zwischen Stadt, Bayernhafen und Reedereien über einen dritten Weg. Würden die Gespräche zum Erfolg führen, könnte das bedeuten, dass die Flusskreuzfahrer von ganz normalen Linienbussen der Stadtwerke an den ZOB gebracht werden. Hört man Christian Lange, käme das einem Befreiungsschlag gleich, da er die Belastung der Stadt an den neuralgischen Punkten verringern würde und die Auslastung der Busse verbessern würde. "Eine geniale Lösung", findet Lange.