Trip durch den Kurzfilm-Kosmos
Autor: Petra Mayer
Bamberg, Dienstag, 17. Januar 2017
Bayerns ältestes Kurzfilmfestival ist zurück: Ab 23. Januar läuft in Bamberg ein siebentägiges Programm, das Filmemacher aus aller Welt präsentieren.
Sie sind frech, pointiert und gehen aufs Ganze: Kurzfilme, wie sie ab 23. Januar wieder an der Regnitz zu sehen sind. Den Zeitgeist trifft das Genre, mit dem Ende des 19. Jahrhunderts die Geschichte der bewegten Bilder begann. In Bamberg gibt's für Cineasten sieben Tage lang ein gigantisches Programm, das in Kürze kaum anzukündigen ist. Über 40 Veranstaltungen mit 150 Filmen und internationalen Filmemachern erwarten das Publikum: Regisseure aus Österreich, Südtirol, der Schweiz, Luxemburg, Norwegen, Kanada, England, Australien und Polen werden zu Bayerns ältestem Kurzfilm-Festival kommen.
"Der Geräuschemacher"
Mit einem Blick hinter die Kulissen beginnt die Reise durch den Kurzfilm-Kosmos. In der Villa Concordia betritt am ersten Festivaltag Max Bauer die Bühne - der "Geräuschemacher". Ein Handwerk wird beleuchtet, dessen Geschichte bis zu den Anfängen des Tonfilms zurückreicht.
Von Donnermaschine begleitet
Nein, im Grunde noch viel weiter, wie der an über 200 nationalen und internationalen Filmproduktionen beteiligte Münchner auf seiner Homepage erklärt: "Bereits im Theater des antiken Griechenland wurde der Auftritt eines Gottes ja gerne mit einer Donnermaschine begleitet." So weit aber schweifen Bauer und Andrea Kilian, die den Geräuschemacher als Regisseurin begleitet, im Künstlerhaus nicht ab. Übrigens widmete man dem Berufsstand in den 30er Jahren sogar einen eigenen Schlager: "Mein Bruder macht im Tonfilm die Geräusche."
Die ganze Vielfalt
Nach der Eröffnung präsentieren rund 70 europäische Filmemacher ein Programm, das die ganze Vielfalt des Genres belegt. Neun Dokumentationen mit einer Gesamtlänge von rund 170 Minuten gehen am 24. und 25. Januar ab 18 Uhr im Lichtspiel ins Rennen um Preise. Kurzes für "Kurze" ist an gleicher Stelle am 28. Januar ab 14 Uhr zu sehen.
Mit Rallyelegende Walter Röhrl
Spiel-, Animations- und Experimentalfilme wetteifern am 26. und 27. Januar im Lichtspiel und Odeon ab 18 Uhr um die Gunst des Publikums. Vergessen wir nicht den Regionalfilm-Contest "Oberfranken dreht auf", der Kinobesuchern am 28. Januar im Odeon ab 17 Uhr gleich noch eine Begegnung mit Rallyelegende Walter Röhrl beschert.
Der blanke Horror
Für Trash- und Horrornächte sorgt das Wiener slash-Filmfestival am 28. Januar ab 22.30 Uhr und am 29. Januar ab 22 Uhr im Lichtspiel. Fans des gepflegten Grusels sollen auf ihre Kosten kommen. "Aus anderer Sicht" zeigt als weiteres Special am 28. Januar ab 18 Uhr im Lichtspiel und am 29. Januar ab 16 Uhr im Odeon Kurzfilme zum Leben mit Einschränkungen.
Zum Thema Anderssein
Aus Kanada, Australien, Norwegen, England, Irland, der Schweiz und Deutschland kommen die Streifen, die sich dem Thema Anderssein auf unkonventionelle Weise nähern. Unter die Haut gehen soll Besuchern aber auch das Special "Augenblicke", das heuer zum 25. Mal gezeigt wird und Menschen mit existenziellen Fragen konfrontiert (28. Januar ab 20.15 Uhr im Lichtspiel, 29. Januar ab 22 Uhr im Odeon).
"Lolek und Bolek"
Erinnern Sie sich noch an "Lolek und Bolek"? Zwei Zeichentrickstars, die ab 1964 über die Mattscheibe flimmerten. Das Special Polen, das die Kurzfilmtage unter dem Motto "Lolek, Bolek und der Eiserne Vorhang" am letzten Festivaltag im Lichtspiel präsentieren, bringt die Brüder zurück, denen man in ihrer Heimat mittlerweile sogar ein Denkmal setzte. Marian Cholerek, einer der Regisseure, begleitet "Lolek und Bolek". Gemeinsam mit Animator Henryk Pollak zeigt er dem Publikum ab 16 Uhr aber auch andere Werke und erklärt, wie man all den Figuren im berühmten polnischen Studio Bielsko Biala zu jener Zeit Beine machte. Wobei sich Cholerek offenbar auch an kritische Werke wagte, für die er mitunter mit einem Bein im Gefängnis stand, wie auf der Festival-Homepage nachzulesen ist.
Bekannt aus vielen Serien
Als künstlerischer Pate folgt Horst Kummeth Nora Gomringer nach. Viele dürften den gebürtigen Forchheimer aus Fernsehserien wie "Wildbach", dem "Forsthaus Falkenau" "Tatort" oder den "Rosenheim Cops" her kennen. Der Schauspieler arbeitet aber auch hinter der Kamera als Regisseur und Drehbuchschreiber. Und produzierte den Kurzfilm "Loch Ness", anzusehen bei Youtube. Die erste Begegnung mit Kummeth steht übrigens gleich bei der Eröffnung der Kurzfilmtage an. Los geht's zur besten Sendezeit: um 20.15 Uhr.
Kurzinterview mit dem Festivalkoordinator
Ranhalten! Rund 150 Plätze weniger als im Vorjahr Zum Mekka der Kurzfilmfans wird Bamberg ab 23. Januar wieder. Wobei ein Mann im Regiestuhl sitzt, der das Festival von den Anfängen an begleitete: Volker Traumann, der die Kurzfilmtage schon durch schwierige Zeiten führte und sie dennoch zu einem der größten Wettbewerbe deutschsprachiger Kurzfilmer entwickelte. Wir baten ihn zum Interview.
Rund 30 Mitstreiter
"Film ab" heißt's fürs Publikum am 23. Januar. Wie lange arbeiten Sie und Ihr Team schon daran, das 27. Festival zu organisieren?Seit über einem Jahr. Die Planung beginnt eben noch bevor das vorhergehende Festival endet. Wir müssen Werbung machen, Termine koordinieren und vieles mehr. Ein sechsköpfiges Team unterstützt mich rund ums Jahr, in den letzten drei Monaten vor dem Festivalstart sind es um die 30 Mitstreiter.
Erste Langfilme
Auf welchen Programmpunkt freuen Sie sich diesmal besonders?Ich freue mich auf den Besuch zweier Dokumentarfilmerinnen, die 2014 Preisträgerinnen waren: Denize Galiao und Marie Elisa Scheidt. Beide hatten damals "Through the lens of InkedKenny" gezeigt und den Dokumentarfilmpreis gewonnen. Diesmal werden im Spezial "Kurz-Lang" ihre ersten dokumentarischen Langfilme zu sehen sein, nachdem Langfilme ja Meilensteine für junge Filmemacher darstellen: Denize Galiaos "Im Schatten der Copacabana" und Marie Elisa Scheidts "Mit leichtem Gepäck".
5500 Besucher
Gibt's neben all der Vorfreude auch Sorgen, die Sie als Koordinator zusetzen?Angst habe ich in diesem Jahr davor, dass wir der Begeisterung des Publikums angesichts von nurmehr knapp 300 Plätzen nicht gerecht werden können. Der "LuLi"-Saal des ehemaligen Ufa-Kinos, in dem allein 300 Zuschauer unterkamen, steht uns leider nicht mehr zur Verfügung. Einen gewissen Ausgleich gibt's durchs Odeon, in das wir nach Jahren zurückkehren. Mein Tipp an Kurzfilmfans: Kommt Anfang der Woche, wenn meist noch Kapazitäten frei sind, den Rest der Zeit drängen sich die Leute. Und die Zuschauerzahlen wuchsen im vergangenen Jahr weiter an: auf rund 3500 Kinobesucher und rund 5500 Besucher insgesamt, also inklusive des Rahmenprogramms.
Wie war diesmal die Resonanz auf "Oberfranken dreht auf"?
Sehr gut, das Format ist unser Filmemacher-Renner. Über 30 Einsendungen erreichten uns, so dass der Wettbewerb wieder sehr spannend wird. Neben Profis beteiligten sich Schulklassen. Auch der 2015 ausgezeichnete Regisseur von "Schatten der Vergangenheit" meldete sich zurück: Christian Schöfer, der diesmal mit Tobias Kindermann "Zurück in die Vergangenheit" zeigt. Rallyelegende Walter Röhrl, um den es in dem Film geht, wird am 28. Januar zur Premiere kommen.
Keine finanziellen Sorgen
Ist die Zukunft des Festivals in finanzieller Hinsicht gesichert, nachdem es vor Jahren auf der Kippe stand? Ja, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, Anträge bei Staatsregierung, Stadt und Bezirk gestellt. So verfügen wir über ein finanzielles Polster und müssen uns auch wegen reduzierter Platzkapazitäten keine Sorgen machen. Zumal die Stadt ihre jährliche Förderung heuer um 1100 Euro auf ganze 10.500 Euro erhöhte. Wofür wir sehr dankbar sind.