"Trägerschaft für Ankerzentren würde beim Freistaat bleiben"
Autor: Stefan Fößel
Bamberg, Montag, 30. April 2018
Ein bundesweites Netz von Ankerzentren soll entstehen. MdB Thomas Silberhorn (CSU) erwartet, dass Bamberg dadurch entlastet wird.
Es sind zwei Zahlen, die viele Bamberger beschäftigen: 2025 und 1500. Die eine benennt das vom Freistaat Bayern vertraglich zugesicherte Ende der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO), die andere die parteiübergreifend geforderte Obergrenze für deren Belegung. Die Pläne des Bundesinnenministers Horst Seehofer, bundesweit "Ankerzentren" (Die Abkürzung "Anker" steht für "Ankunft, Entscheidung, Rückführung") einzurichten, weckte in Bamberg Befürchtungen, dass nun die beiden wichtigen Zahlen wackeln könnten. Nach dem Besuch des Innen-Staatssekretärs Stephan Mayer (CSU) in Bamberg können sich seine Parteifreunde Melanie Huml und Thomas Silberhorn jedoch optimistischer präsentieren. "Die Trägerschaft für mögliche Ankerzentren würde beim Freistaat bleiben", erklärt die bayerische Gesundheitsministerin. Und was geschieht 2025, mit Ende der Vertragslaufzeit? "Der Bund wird die Trägerschaft danach nicht an sich ziehen", sagt der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Silberhorn sieht durch das Netz von 40 bundesweiten Ankerzentren, davon wohl sechs in Bayern, noch einen anderen, entlastenden Effekt: "Ich erwarte, dass wir bei der Belegungszahl auf unter 1000 kommen. Bamberg muss kleiner werden." Melanie Huml weist darauf hin, dass die Zentren nicht alle neu entstehen müssten, sondern dass auch die Struktur bestehender Einrichtungen angepasst werden könne.
Nach seinem Besuch in der AEO hat sich Mayer auch mit Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) ausgetauscht. "Es war ein Vieraugengespräch", sagt Starke. "Ich habe die Situation der AEO aus der Sicht der Stadt Bamberg geschildert. Außerdem habe ich die Gelegenheit genutzt, die städtische Forderung zu bekräftigen, wonach bereits renovierte Wohngebäude aus der AEO für die Bamberger Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden sollen." Es sei vereinbart worden, bezüglich der weiteren Planungen der Bundesregierung zur Errichtung von Ankerzentren in einem engen Informationsaustausch zu bleiben. "Mir wurde zugesagt, dass die Stadt Bamberg frühzeitig in den Kommunikationsprozess einbezogen wird", sagt Starke.
Für Innen-Staatssekretär Mayer war es ein durchaus lehrreicher Besuch. Er lobt die gute Zusammenarbeit in der Aufnahmeeinrichtung, das Miteinander der Behörden, das Engagement von Stadt und Ehrenamtlichen. Und ihn beeindrucken die Zahlen, etwa, dass 58 Prozent der Asylverfahren in 30 Tagen entschieden sind. "Dass Bamberg ein Vorbild für die Ankerzentren ist, ist kein Geheimnis", sagt Mayer. Bald soll es fünf Pilot-Einrichtungen geben, Standorte will der Staatssekretär noch nicht benennen. Für Bamberg erwartet Mayer "mittel- bis langfristig Entlastung". Das Konzept der Ankerzentren sei noch nicht ganz fertig, doch biete es sich bei der jetzigen Rechtslage an, dass die Trägerschaft beim jeweiligen Land liege. "Es kann auch unterschiedliche Konzepte in den Ländern geben, aber am Prinzip der dezentralen Verteilung wird nicht gerüttelt." Die Dimension der Zentren solle so sein, "dass die Akzeptanz vor Ort noch gegeben ist, das Ziel sind Belegungszahlen von 1000 bis maximal 1500". Auch Horst Seehofer habe kürzlich im Innenausschuss des Bundestags eine Obergrenze von 1500 für die Ankerzentren benannt haben, teilt SPD-Bundestagsabgeordneter Andreas Schwarz mit.
Schnelle Asylverfahren seien im Interesse aller Beteiligten, sagt Thomas Silberhorn. Optimierungsbedarf gebe es freilich noch für die Zeit nach der Entscheidung, für die Integration oder Abschiebung. So lebten zum Beispiel noch zu viele "Fehlbeleger" in der AEO, deren Asylantrag bereits bewilligt wurde. In anderen Fällen sei die Integration schwierig, weil noch keine Sprachkurse belegt wurden. Zugleich gestalte sich die Rückführung abgelehnter Asylbewerber in manche Länder schwierig, weshalb man in künftigen Ankerzentren auf einen "handhabbaren und zumutbaren Mix an Herkunftsländern" achten müsse. Kritischer sieht der Bayerische Flüchtlingsrat das Konzept der Ankerzentren. In den vergangenen beiden Jahren habe man in Bayern die Erfahrung gemacht habe, dass große Lager "Zentren der Ausgrenzung" seien und dort Konflikte noch geschürt würden.
Rechnungshof rügt die Bima
Dass auch in einem möglichen Ankerzentrum die Belegungszahl nicht über 1500 und vielleicht in naher Zukunft unter 1000 liegen könnte, ist für viele Bamberger eine gute Nachricht. Die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtung reichen jedoch für 3400 Bewohner. Nun weist Bundestagsabgeordneter Andreas Schwarz (SPD) darauf hin, dass der Bundesrechnungshof die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten (Bima) "angezählt" habe. Die Gebäude, die der Bund den Ländern für die Unterbringung von Flüchtlingen mietfrei zur Verfügung stelle, seien laut Bericht des Bundesrechnungshofs nur zu rund 40 Prozent ausgelastet, das sei nicht wirtschaftlich. "Bamberg ist nicht der einzige Fall, in dem Bundesimmobilien nicht oder nur bevorratet genutzt werden", sagt Schwarz. "Hier müsste die Bima dem Freistaat den Mietvertrag für die nicht genutzten Kapazitäten für 2000 Menschen kündigen."