Druckartikel: Tomatologie für Hobbygärtner

Tomatologie für Hobbygärtner


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Bamberg, Sonntag, 20. März 2016

Das 1. Bamberger Saatgut-Festival lockte Menschen mit grünen Daumen an das Aufseßhöflein in der Nordflur.
260 verschiedene Tomatensorten präsentierte Gärtnermeisterin Melanie Grabner an ihrem Stand. Fotos: Barbara Herbst


Passend zum bevorstehenden Gründonnerstag drückte Kerstin Hertinger alias Freyja ihren Standbesuchern das Rezept für die "Neun-Kräuter-Suppe" in die Hand. Die Pflanzenfrau aus dem Steigerwald pries dieses grüne Nass als "frühlingshaften Zaubergenuss" an: "Im christlichen Volksglauben ist die Gründonnerstagssuppe ein Brauch, der die Gesundheit für das ganze Jahr garantiert", erklärte Freyja, die sich selbst - ganz unchristlich - als "schamanische Energetikerin" bezeichnet. "Man darf mich auch Kräuterhexe nennen", sagte sie großmütig.

In ihr Knusperhäuschen am Aufseßhöflein hatte sie zum 1. Bamberger Saatgut-Festival etliche Kostproben ihrer etwa 600 verschiedenen Kräuterspezialitäten aus aller Welt mitgebracht, die sie auf ihrem Kräuterhof in Prölsdorf anpflanzt. Oregano, Lorbeer, Minze, Wasabi, Pilzkraut oder Hexenfinger verströmten einen betörenden Duft.

Das exotische Gemisch stieß auf bodenständig Lokales: auf Bamberger Hörnla mit dem kernigen Geruch nach Erde, oder auf fränkische Brotzeitgurken mit Frischefaktor.

Denn natürlich durften bei diesem Festival nicht die Bamberger Gärtner fehlen, die seit Jahrhunderten das Stadtbild mit prägen. Sie bewahren das Wissen um den Anbau und die Pflege um Lokalsorten. Und verkörpern damit das Anliegen der Organisatorinnen dieses Saatgut-Festivals: Nämlich das Bewusstsein für den Wert alter Saat-Kulturen zu wecken und einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Sortenvielfalt nicht noch weiter abnimmt.

So klang die offizielle Begrüßung der herbeigeeilten Gartenfreaks von Andrea Fiedler, Hausherrin des Aufseßhöfleins mitten im Gärtnerland der Nordflur, und ihrer Freundin Petra Dotterweich wie ein Schlachtruf: "Es lebe die Revolution im Gärtnerland!" Mit dem Festival solle "ein Zeichen für die Natur gesät werden", was die "samenlustigen Besucher" - O-Ton Andrea Fiedler - dann auch taten.

Völlig unbefangen hatte die fünfjährige Mila zuvor laut verkündet: "Das Fest ist eröffnet!" Das Mädchen stand neben Bürgermeister Wolfgang Metzner (SPD) und ihrer Mutter Patricia Alberth, Leiterin des Zentrums Welterbe Bamberg, auf der Freitreppe. Metzner erinnerte daran, dass die Gärtnerstadt bei der Erhebung Bambergs zum Weltkulturerbe eine entscheidende Rolle gespielt habe: "Das gärtnerische Erbe Bambergs ist Teil des immateriellen Weltkulturerbes unserer Stadt." Ziel sei deshalb, die Gärtnertradition weiter zu pflegen, betonte der Bürgermeister. Jede Aktion, die ein Licht auf diese Gärtnertradition werfe, "wird gefördert und unterstützt", ergänzte Patricia Alberth zum Auftakt des Saatgut-Festivals.

Rund 20 Organisationen, Gärtnereien, Firmen waren der Einladung zum Mitmachen gefolgt. Besonders gefragt waren tatsächlich Saatgut und Samen, die in kleinen Tütchen oder Gläschen angeboten wurden. Gärtnermeisterin Melanie Grabner zum Beispiel präsentierte 260 verschiedene Tomatensorten von der blauen Elberta Leway bis zur grün-gelb gestreiften Zebra. Die Hobby-Gärtner lauschten ihrer Tomatologie: "Die Tomate tourt seit über 500 Jahren um die Welt und stammt ursprünglich aus Südamerika." Tomatenexpertin Grabner hatte für jeden die richtigen Tipps parat: "Welche Sorte passt in welchen Garten?" Bei der Auswahl und der Vielfalt konnten Leckermäuler mit grünem Daumen rasch fündig werden.

Samen für die Bamberger birnenförmige Zwiebel, für den Bamberger Spitzwirsing oder die Buschbohne "Bamberger Blaue" gab es an den Tischen des Bamberger Sortengartens. Zwischendurch gestärkt mit einem veganen Dinkel-Apfel-Kuchen marschierten die Hobby-Gärtner weiter zu Gartenbautechnikerin Yvonne Leonhardy, die aus dem Bamberger Staudengarten Gewächse zum Auspflanzen bereit hielt: "Wenn der Frost vorbei ist, ist die Zeit dafür", wusste die Fachfrau, eingerahmt von Storchschnabel, Zimbelkraut, Gänsekresse oder Iris.

Der Garten-Flohmarkt lockte mit allerlei Tand und Trödel, Vorträge im Gartensaal des Aufseßhöfleins informierten über naturnahes Gärtnern oder genfreies Saatgut, Workshops vermittelten Kenntnisse über die Herstellung von Kompost. "Nur wer Gutes sät, kann Gutes ernten", lautete ja auch das Tagesmotto der Gastgeberinnen.