Tödlicher Unfall bei Steppach: Motorradfahrer verurteilt
Autor: Anna Lienhardt
Steppach, Montag, 08. Sept. 2014
Die Begleiterin eines Motorradfahrers starb, weil dieser ein riskantes Überholmanöver eingeleitet hatte. Der 22-jährige Biker wurde nun zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je sieben Euro verurteilt. Seine Schuld wiegt für den jungen Mann viel schwerer.
In Sitzungssaal 024 des Bamberger Amtsgerichts müssen an diesem Montag einige schlucken. Bei einem Anwesenden bleibt es nicht nur dabei. Er weint, schluchzt, ihm bricht die Stimme weg. Es ist Karsten T. (Name geändert), ein junger Mann aus dem Landkreis Erlangen-Höchstadt.
Der heute 22-Jährige hat keine Milz mehr, einen Lungenschaden und starke Rückenschmerzen - weil seine Wirbelsäule teilweise versteift ist, Wirbel gebrochen sind und er seinen Hals nicht mehr richtig drehen kann. Außerdem waren beide Arme gebrochen.
Mehrmals pro Woche muss er sich Behandlungen unterziehen, Ergotherapie, Reha-Sport und Massagen. Zum Wintersemester möchte er weiterstudieren, seit seinem Motorradunfall hat er ausgesetzt, wegen der körperlichen Beschwerden. Erst eineinhalb Monate Krankenhaus, dann eineinhalb Monate Reha.
"Das sind nur körperliche Verletzungen, die sind nicht so schlimm.
Der Unfall vom 17. Februar dieses Jahres, als Karsten seine Arbeitskollegin Steffi P. (Name geändert) mit dem Motorrad zuhause absetzen wollte. Er war mit der 22-Jährigen auf der Staatsstraße 2260 unterwegs, als er kurz vor dem Ortsausgang von Steppach in Richtung Stolzenroth (beides Gemeindeteile von Pommersfelden) ein anderes Fahrzeug - vermutlich einen Kleinlaster, der bis heute nicht gefunden wurde - überholen wollte.
"Unter grober Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt" setzte Karsten T. gegen 15.45 Uhr zum Überholmanöver an, obwohl ein Passat entgegenkam, wie es im Strafbefehl der Staatsanwaltschaft heißt. "Das Motorrad ist ausgeschert, um den Kleinlaster zu Überholen, dann hat's schon gekracht. Ich hab' die Leute über's Auto fliegen sehen", sagte eine Zeugin vor dem Amtsgericht aus, die zum Unfallzeitpunkt mit ihrem Auto hinter dem Motorrad fuhr.
Fahrer überlebte, Sozia starb
Karsten T. überlebte schwer verletzt, seine Arbeitskollegin Steffi starb am Tag nach dem Unfall. Nun, sieben Monate später, stellte sich das Gericht die Frage, wie der 22-jährige Student für die fahrlässige Tötung seiner Bekannten zu bestrafen sei. Ergebnis: eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je sieben Euro, drei Monate Fahrverbot, und der Angeklagte muss die Kosten des Verfahrens tragen.
Gleich zu Beginn ihrer Urteilsbegründung stellte Richterin Marion Aman die Frage nach der "gerechten Strafe". "Einerseits ist hier ein Mensch zu Tode gekommen. Andererseits zeigt dieser Fall auch, wie sehr der junge Mann leidet", sagte sie.
Zwar sehe die fahrlässige Tötung auch eine Freiheitsstrafe vor, diese sei aber bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Verfahrens nicht mehr in Betracht gekommen.
Für Karsten T. spricht laut der Richterin, dass er seine Schuld einräumt, nicht vorbestraft ist und ein geregeltes Leben führt. "Außerdem hat er Kontakt zur Familie der Getöteten aufgenommen. Das ist ein Punkt, der einen hohen Stellenwert bei der Strafzumessung hat", führte Marion Aman aus.
Karsten T. hatte vor Gericht unter Tränen ausgesagt, dass zunächst seine Eltern den Kontakt hergestellt hätten, er sich Ende Juli dann selbst mit der Mutter der jungen Frau getroffen hatte. "Sie macht mir keine Vorwürfe." Die macht sich Karsten selbst, der nie wieder aufs Motorrad steigen wird. Was geschehen sei, "ist das Schlimmste, was mir in meinem Leben passiert ist. Wenn ich es rückgängig machen könnte, ich würde es tun."
Doch Richterin Aman sagte nach dem Urteilsspruch auch klar: "Dieser Unfall beruht alleine auf der Ungeduld und dem Leichtsinn des Angeklagten." In der Hauptverhandlung habe man allerdings gewichtige Gründe gehört, die eine Geldstrafe unter der Eintragungsgrenze im Vorstrafenregister rechtfertigen würden. "Ich habe Ihnen ein Urteil ausgesprochen, das es Ihnen ermöglicht, nach dem Studium beruflich weiterzukommen", so Aman.
Karsten T. hatte den Wunsch geäußert, sein Lehramts-Studium fortsetzen zu wollen. "Um eine Geldstrafe geht es mir nicht. Das Geld macht für mich nichts gut, ob ein Euro oder eine Million." Bei diesen Worten war der Angeklagte nicht der Einzige, der seine Tränen nicht zurückhalten konnte.