Todesfälle in Franken: So gefährlich sind Kräutermischungen

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Seit einigen Jahren bereitet die Modedroge "Legal Highs" den Fahndern Kopfzerbrechen. Foto: dpa
Seit einigen Jahren bereitet die Modedroge "Legal Highs" den Fahndern Kopfzerbrechen. Foto: dpa

Sie stecken in bunten Verpackungen und haben Namen wie "Spice" oder "Crazy Monkees". Der Konsum der Kräutermischungen ist aber äußerst gefährlich und kann sogar zum Tod führen. Noch sind viele der Substanzen legal, die Justizminister fordern aber eine Gesetzesänderung.

Die Internetseite ist bunt, der Händler zuvorkommend. Auf Nachfrage des Reporters, ob die bei ihm vertriebenen Kräutermischungen gefährlich seien, antwortet "Volker" per E-Mail: "Vernünftig dosiert gibt es im Normalfall keine Probleme. Wichtig ist es für Anfänger, mit einer leichten Mischung zu starten. Wenn du körperlich gesund bist und dich an die Ratschläge hältst, dann sollte nichts passieren." Anschließend gibt er dem Reporter noch eine genaue Gebrauchsanleitung mit auf den Weg: "Maximal 0,5 Gramm je Joint und dann nach Bedarf steigern."

Kräutermischungen: Ein Teufelskreis

Thomas Köppl vom Rauschgiftdezernat des Polizeipräsidiums Mittelfranken kennt die vielen Online-Shops, über die man in Deutschland "Legal Highs" ganz problemlos bestellen kann. Es stört ihn gewaltig, dass sich die Händler hinter dem Schein der Legalität verstecken, obwohl sie über das Internet eigentlich gefährliche Drogen verkaufen. Viel machen könne man dagegen aber nicht. "Es ist ein Teufelskreis. Immer dann, wenn eine Substanz verboten wird, kommen die Händler mit neuen Mischungen ums Eck, die legal sind", sagt Köppl.


Polizei warnt vor Kräutermischungen - können sogar zum Tod führen


Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Die Richter hatten im Sommer 2014 entschieden, dass der Verkauf synthetischer Cannabinoide (künstlich hergestellte, psychotrope Substanzen, die die Effekte von natürlichem Cannabis kopieren) mit Blick auf das Arzneimittelgesetz nicht unter Strafe gestellt werden kann. Bei den sogenannten "Legal Highs" handelt es sich meist um geringfügige Abwandlungen bereits verbotener Stoffe, die selbst nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen.

Die harmlos wirkenden Kräutermischungen werden meist in China produziert. Alleine schon die Herstellungsweise, berichtet Köppl, müsste jeden davon abhalten, die Droge zu konsumieren: Zu den legalen Kräutern werden die (aktuell noch) legalen Cannabinoide in eine Mischmaschine gegeben, verrührt und in Tütchen abgepackt. "Wenn diese dann geschüttelt werden, können sich die Cannabinoide ablösen und am Boden landen", erklärt Köppl. Für denjenigen, der die letzte Mischung aus dem Tütchen konsumiert, kann das dann besonders gravierende Folgen haben. "Im Vergleich zum Cannabiskonsum ist die Intensität teilweise um das Zehnfache erhöht."

Kräutermischungen haben auch in Franken schon zum Tod geführt


Die Folgen sind dramatisch. Die Symptome reichen von Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Ohnmacht und Wahnvorstellungen. Und auch Todesfälle gibt es immer wieder. Auch in Franken. Im Vorjahr wurden alleine in Mittelfranken zwei Menschen tot in Wohnungen aufgefunden.

In Ansbach starb ein 17-Jähriger nach dem Konsum von "Legal Highs" an Herzversagen, in Nürnberg wurde ein 24-Jähriger von seinem Vater leblos in der Wohnung aufgefunden. Der junge Mann hatte sich tagelang nicht gemeldet. "Die Gefahr der Überdosierung ist sehr groß. Auch, weil man nie weiß, was in den Tüten genau drin ist. Trotzdem steigt die Zahl der Konsumenten", sagt Köppl.

Polizei und Staatsanwaltschaft sind bei der Strafverfolgung mehr oder weniger die Hände gebunden. Die neuen Substanzen werden so lange auf den Markt gespült und vertrieben, bis sie ihrerseits verboten sind. "Es ist wie das Rennen Hase gegen Igel. Wir hoffen auf ein Verbot der gesamten Stoffgruppe", so Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth.

Aufklärung wichtig

Ob und wann die Gesetzesänderung kommt, ist offen. Thomas Köppl geht davon aus, dass sich die Polizei noch einige Zeit mit legalen Kräutermischungen beschäftigen muss. Und das bedeutet: wenige Festnahmen und ganz viel Aufklärung. "Wir gehen in Schulen und informieren über die Gefährlichkeit. Und wir hoffen, dass sich schnellstmöglich herumspricht, welche dramatischen Folgen der Konsum von Legal Highs hat."

Wie wichtig Aufklärung ist, wird einem schnell bewusst, wenn man sich im Internet umschaut. Nur selten wird auf die Gefahren hingewiesen, meist preisen die User in speziellen Foren die Modedroge an. Und auch die Verkäufer lassen nichts unversucht, die besondere Wirkung der Kräutermischung hervorzuheben. Unter anderem heißt es in einer der vielen Produktbeschreibungen: "Zum Relaxen und für besinnliches Glücksgefühl. Es macht dich frei wie ein Vogel für Stunden voller Glückseligkeit".


Neue Grenzwerte

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem Urteil die Gefährlichkeit der Kunstdrogen namens "Legal Highs" unterstrichen. Das Gericht legt darin Grenzwerte für künstliche Haschischstoffe fest. Für zwei Wirkstoffe fallen diese sehr niedrig aus, was für ihre Gefährlichkeit spricht. Die jetzt festgelegten Grenzwerte betreffen die Menge des Cannabis-Wirkstoffs, der in einer Drogenmischung enthalten ist. Sie sind vor allem maßgeblich für die Strafverfolgung von Dealern, da diese die dafür erforderlichen größeren Drogenmengen besitzen. Bei der Überschreitung der Grenzwerte drohen Händlern Haftstrafen von mindestens einem Jahr.

Mehrere 10 000 Euro Gewinn

Im konkreten Fall hob der BGH ein Urteil des Landgerichts Landshut auf, weil er die Grenzwerte für die gefundenen Stoffe anders festsetzte. Das Landgericht hatte 2013 einen Händler zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Er hatte Kräutermischungen mit künstlichen Cannabinoiden über das Internet verkauft und soll damit mehrere 10 000 Euro Gewinn gemacht haben.

Die Landshuter Richter hatten den Angeklagten wegen Einfuhr und Handel mit Betäubungsmitteln verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre und acht Monate gefordert. Sowohl Anklage als auch Verteidigung waren in Revision gegangen. Nach dem BGH-Urteil blieb offen, ob die Neuauflage des Prozesses für den Angeklagten eine härtere oder mildere Bestrafung zur Folge hat.

Anders als der Name nahelegt, enthalten "Legal Highs" häufig verbotene Drogenstoffe wie künstliches Haschisch. Die BGH-Festlegungen betreffen Substanzen, die derzeit eher selten gehandelt werden.