Druckartikel: Tod durch "K.o.-Tropfen": Aussagen widersprechen sich

Tod durch "K.o.-Tropfen": Aussagen widersprechen sich


Autor: Sebastian Martin

Bamberg, Dienstag, 08. Dezember 2015

Am zweiten Verhandlungstag im Mordprozess gegen einen 24-Jährigen vor dem Landgericht Bamberg scheint sich eine Wende anzubahnen. Viele Zeugen erinnern sich nicht mehr richtig an den Ablauf der verhängnisvollen Nacht. Am 9. Dezember könnte das Urteil fallen.
Der Angeklagte am ersten Verhandlungstag im Landgericht in Bamberg. Foto: Nicolas Armer/dpa


Am zweiten Verhandlungstag hat sich das vor dem Schwurgericht des Landgerichts Bamberg fortgesetzt, was bereits am ersten Prozesstag der Fall war: Viele Zeugen konnten oder wollten sich nicht mehr richtig an den Ablauf der verhängnisvollen Nacht vor fast einem Jahr erinnern.

Damals war ein 27-Jähriger an Heiligabend im Klinikum Bamberg gestorben. Er hatte bei einer spontanen Party in seiner Bamberger WG vier Tage zuvor GBL genommen. Ein heute 25-Jähriger überlebte nur knapp.

Die Staatsanwaltschaft Bamberg hat Mordanklage gegen einen 24-Jährigen aus dem Landkreis Bamberg erhoben, der die Droge mitgebracht hatte. Er wird beschuldigt, die Gäste nicht auf die Gefahren des Konsums hingewiesen und später keine Hilfe geleistet zu haben, aus Angst, er könnte Ärger mit der Polizei bekommen. Das bestreitet der Angeklagte.


Mit dem Smartphone nach "GBL" gegoogelt

Am Dienstag zeichnete sich ab, dass doch einige Partygäste den kritischen Zustand des 27-Jährigen erkannt haben mussten. Vor allem die Rolle eines 32-Jährigen scheint wesentlich. Nach seiner Aussage ist anzunehmen, dass er frühzeitig wusste, was mit dem späteren Opfer los war. Er soll in der Nacht mit seinem Smartphone nach "GBL" gegoogelt haben.

Der Mann ist Krankenpfleger in Ausbildung. Beteiligte gaben an, sie hätten gedacht, dass er sich auskenne. Der 32-Jährige hatte sich um die Geschädigten gekümmert, sie in eine stabile Seitenlage auf dem Bett gebracht, wo sie sich nach dem Drogenkonsum schlafen gelegt hatten. Sie bekamen später Atemnot, der 27-Jährige erlitt einen Hirnschaden.

Warum der 32-Jährige nicht sofort den Notarzt gerufen hatte, diese Antwort blieb er - wie andere Zeugen - dem Gericht um Vorsitzenden Richter Manfred Schmidt schuldig. Er berief sich bei seinen Erinnerungslücken darauf, dass er alkoholisiert war. Verteidiger Jochen Kaller nahm ihm das nicht ab. Der 32-Jährige blieb dennoch dabei, er sagte, er habe sich in einer Stresssituation befunden.

In dem Prozess wurden an den ersten beiden Tagen bereits etliche Zeugen - vor allem Partygäste - befragt. Sie berichteten von einem großen Durcheinander an dem Abend, gaben teilweise Widersprüchliches an und machten immer wieder geltend, kaum zu wissen, was genau geschehen war.


Zeuge hatte bei Polizei Angeklagten schwer belastet

Widersprüchlich war auch die Aussage eines weiteren wichtigen Zeugen. Ein 22-Jähriger sagte vor Gericht etwas anderes als bei der Polizei. Er war damals als Beschuldigter vernommen worden. Ihm und weiteren Partygästen wurde unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen. Der Mann ließ durchblicken, dass er sich damals in einem besseren Licht präsentiert hatte. Mit Erfolg: Die Ermittlungen wurden eingestellt.

Seine früheren Angaben belasteten den Angeklagten erheblich. Dieser soll mitbekommen haben, wie schlecht es den beiden Geschädigten nach dem GBL-Konsum gegangen war. Er soll das Ganze jedoch heruntergespielt haben. Am Dienstag wiederholte der 22-Jährige diese Aussagen nicht.

Am Mittwoch, 9. Dezember, kommen weitere Zeugen und Sachverständige zu Wort. Ein Urteil wird frühestens danach erwartet.