Theaterstück "Star" von Chapeau Claque: Tücken des Ruhmes
Autor: Dieter Grams
Bamberg, Sonntag, 24. April 2016
Das Stück "Star" von Chapeau Claque erzählt die Geschichte des jugendlichen Stars Marko. Doch plötzlich läuft einiges schief.
"Ich geh' noch ein bisschen nach hinten, mich furchtbar fühlen", sagte die Regisseurin Cornelia Morgenroth kurz vor der Premiere ihrer Inszenierung von "Star", einem Schauspiel nach dem Kinderbuch von Salah Naoura.
Ihre Befürchtung, sich "furchtbar fühlen" zu müssen, erwies sich schnell als vollkommen überflüssig, aber ein wenig Lampenfieber gehört wohl auch bei Profis zum Geschäft.
Mit dem aktuellen Stück wendet sich Chapeau Claque bewusst und zielgerichtet an die Gruppe der acht- bis Zwölfjährigen, sowohl stationär - wie in der Alten Seilerei - als auch mobil. Eine Zielgruppe, die man künftig nicht mehr vernachlässigen will.
Mit der Umsetzung von "Star" auf die Bühne ist Cornelia Morgenroth, assistiert von Jonas Gellert, ein kleines Kunstwerk gelungen, denn die literarische Vorlage vereinigt eine Vielzahl von Schauplätzen und Charakteren.
"Star" beleuchtet das Show-Business aus einer ungewöhnlichen Perspektive, veralbert und demaskiert humorvoll, aber gnadenlos die sich fast von alleine aufbauende Markomania, eine Hybris, die der zwölfjährige Marko selbst gar nicht will. Eigentlich.
"Little Star" Marko, dem hellseherische Fähigkeiten nachgesagt werden, ist Opfer und Täter zugleich, wird gesteuert, gelenkt, manipuliert und damit zu einem Plastikwesen degradiert. Ein Abziehbild, überzeugend verkörpert von Christopher Bailey. Schließlich nutzt er seinen künstlich geschaffenen Kultstatus kindlich naiv, aber durchaus brutal aus, um seine Fangemeinde gleichermaßen zu manipulieren. Zunächst mit Erfolg, denn die dazu notwendigen Mechanismen hat er schnell erkannt. Jeder kennt die Schatten der Vergangenheit, aber niemand die Sonne von morgen. Eine Tatsache, die der Teenager bedenkenlos zur Seite fegt, denn der (unverdiente) Ruhm schmeckt süß wie Zucker, und das Rampenlicht schmeichelt seinem Ich.
Marko hat seine Geschichtsbücher nicht gelesen. "La dolce vita" wurde schon im ersten vorchristlichen Jahrhundert dem sprichwörtlichen "furor teutonicus", den Kimbern und Teutonen, zum Verhängnis. Der begabte, aber unreife junge Mensch unterliegt dem Logos, der eiskalt berechnenden Vernunft. Freilich nicht, ohne vorher mehr oder weniger unbeabsichtigt Lawinen los zu treten. Eigennutz und Chaos sind das Gebot der Stunde.
Andrea Feuchtenberger begleitet Christopher "Marko" Bailey auf seinem Weg von einem ganz normalen Teen zum Superstar und ist auch auf dem schmerzlichen Weg zurück stets total präsent - auf dem Flughafen, der Rennbahn, im Fernsehstudio, im Friseursalon oder in der Schule, wo man dem prominenten Schüler eine Art Fürstensuite eingerichtet hat.
Feuchtenberger macht dabei jedem Chamäleon Konkurrenz, verwandelt sich unablässig abseits des Scheinwerferlichts, aber gleichwohl sichtbar, für kurze, aber intensive Szenen in Markos attraktive Mama, seine Tante und einen überraschend auftretenden Pseudovater, Freund und Manager Gregg, Freundin Elena, die sich selbst im Weg stehende Regieassistentin, die Journalistin Luca, Toxi, die eigentlich Bärbel heißt und Regine (wer immer das auch sein mag), gurrt, schnurrt, schreit, knurrt, haut drauf und auch schon mal daneben, eiskalt berechnend oder von Gefühlswelten schlicht überwältigt, auf, unter oder neben dem sechseckigen Trapez (klettern müssen sie beide können, und tun das auch).
Wandlungsfähige Feuchtenberger
Die Regie verlangt Andrea "Jekyll and Hyde" Feuchtenberger einiges ab, und sie erledigt ihre Jobs offenbar mühelos. Ob nun wirklich mühelos, wissen wir nicht, aber auf jeden Fall großartig."Star" wirft Fragen auf, und gibt schmunzelnde, augenzwinkernde, mit viel Wortwitz und Situationskomik gewürzte Antworten. So ein bisschen muss man auch zwischen den Zeilen hören und sehen können, zum Beispiel, wenn es um das Dingsymbol des Stückes geht - ein Metronom.
Wer herausfinden will wohin die Spur führt, kann das wieder am 30. April, 4. und 13. Mai tun. In der Alten Seilerei. Vorstellungen für Schulen können unter den Rufnummern 0951/39333 oder 0951/9686673 gebucht werden.