Tausende feierten Glauben
Autor: Marion Krüger-Hundrup
Bamberg, Freitag, 27. Mai 2016
Beim katholischsten aller Kirchenfeste zogen die Gläubigen mit der Prozession durch die Straßen der Stadt. Ihr Leitwort: "Seht, da ist der Mensch!"
Etwas nervös blickte Pfarrer Anton Heinz von der Innenstadtgemeinde St. Martin drei Minuten vor Beginn des Familiengottesdienstes auf dem Maxplatz um sich: "Sind die alle in der Tiefgarage?" versuchte er mit Humor die noch leeren Ränge zu erklären. Doch dann füllte sich in kürzester Zeit der Platz, und Hunderte versammelten sich vor dem blumengeschmückten Altar am Rathaus. Die Messe zum Fronleichnamsfest konnte beginnen. Parallel dazu feierte Erzbischof Ludwig Schick ebenfalls mit zahlreichen Gläubigen auf dem Domplatz den Gottesdienst.
Auf dem Maxplatz schickten Silvia Emmenlauer am elektrischen Piano, Frank Eichfelder an der Querflöte und Sopranistin Elisabeth Rumer ihre Melodien in den strahlend blauen Himmel.
Am Ende der Eucharistiefeier spendete Pfarrer Heinz entgegen üblicher Praxis nicht den Schlusssegen: "Das macht der Erzbischof!" erklärte er und wies darauf hin, dass die Feier noch nicht zu Ende sei: "Wir werden jetzt an die zentrale Fronleichnamsprozession geschaltet!" Und tatsächlich tönten durch die Lautsprecher Gebet und Gesang der Menschen, die sich vom Domplatz über die Markusbrücke zum Maxplatz bewegten.
Der Pilgerstrom floss langsam, gesäumt von Gläubigen wie Schaulustigen. Es bot sich ein farbenfrohes Bild aus Fahnen, Standarten, Figuren, Leuchtern, aus Landsmannschaftlichen Trachten und Mänteln der diversen Ordensritter. Und doch war nicht die Präsentation der so barock anmutenden Pracht Grund für die Prozession, sondern die Verehrung der Gegenwart Jesu - sichtbar gemacht durch die goldene Monstranz, die der Erzbischof unter dem Baldachin trug.
Werbung für die
Ökumene
Für Nichtchristen war es eine einfache Oblate in dem Schaugefäß. Für Katholiken ist diese Oblate - im Kirchensprech: Hostie - das "Allerheiligste" oder "heilige Eucharistie", nämlich der in einer geheimnisvollen Wandlung des Brotes gegenwärtige Leib Christi. Denn während der Messe spricht der Priester die sogenannten Konsekrationsworte, die als Jesu Worte beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern vor der Kreuzigung überliefert sind. So tragen katholische Christen am Fronleichnamsfest ihren Glauben an die Gegenwart des Herrn aus den Kirchen in die Welt des Alltags.Und das geschah in Bamberg nicht etwa mit rein katholischen Scheuklappen. So hatten sich Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) und Stadtrat You Xie (CSU) als bekennende evangelische Christen in die Schar eingereiht und sangen kräftig mit. Ausdrücklich bestürmten die Pilger zudem den Himmel, "den ökumenischen Zusammenhalt unter den Christen in dieser Stadt zu stärken" sowie "das friedliche Zusammenleben aller Religionen und Glaubensgemeinschaften in Bamberg zu fördern".
Unter dem Leitwort "Seht, da ist der Mensch!" - Motto des derzeitigen Katholikentages in Leipzig - hatte auch Erzbischof Schick in seiner Predigt auf vielfältige Bedrohungen der Menschenwürde hingewiesen. Er legte das Leitwort weiter aus. Es bedeute, "dass nicht die Mächtigen und Grausamen die wahren Menschen sind, sondern die, die wie Jesus barmherzig und gütig sind, ehrlich, treu und wahrhaftig, die sich für Recht und Gerechtigkeit einsetzen".
Vier Stationen umfasste der Prozessionsweg. An jedem Altar verharrten die Pilger im Gebet um Frieden, um den Erhalt der Schöpfung und für die menschliche Arbeit, für die Ortskirche, für die Stadt Bamberg und ihre Bewohner. Die mitwandernden Domchöre mit Domkapellmeister Werner Pees sorgten für gesangliche Festlichkeit.
"Die bringen Segen ins Haus"
"Wir kommen jedes Jahr zur Prozession, die ist etwas Besonderes und bedeutet uns viel", erklärte die Hallstadterin Sigrid Dürr mit ihrer Tochter Sabine. Die beiden Frauen waren wie Tausende andere mit Andacht bei der Sache. Und diese wirkt nach. Denn nachdem der Erzbischof mit seinem Tross vom Maxplatz weitergezogen war zurück zum Domplatz, zückten etliche die mitgebrachten Gartenscheren. Damit schnitten sie Zweige von den Birkenbäumchen hinter dem Altar. "Die bringen Segen ins Haus!" begründete eine alte Dame ihr Tun und packte sich das Körbchen an ihrem Rollator voll mit dem Grün.