Stimmen aus Franken zur Diätenerhöhung
Autor: Günter Flegel
Bamberg, Donnerstag, 20. Februar 2014
Die Abgeordneten der Großen Koalition werden am Freitag im Bundestag mit großer Mehrheit neue Regeln für ihre Bezüge absegnen. Die damit verbundene "Lohnerhöhung" um fast zehn Prozent stößt nicht nur der grün-linken Opposition sauer auf.
Es gehört zu den Ritualen der großen Politik: Wann immer die Abgeordneten des Bundestages oder eines anderen Parlaments beschließen, dass ihre Bezüge erhöht werden, geht ein Aufschrei durchs Land. Geldgier! Selbstbedienung! Maßlosigkeit! Der Aufschrei ist nicht leiser, wenn ein Politiker in einen besser bezahlten Job in der Wirtschaft wechselt. Wo liegt die Wahrheit? Wohl in der Mitte.
Als die Demokratie in Deutschland das Laufen lernte, gab es keine Diäten für die Abgeordneten. Sie arbeiteten bis 1906 ehrenamtlich, ihre Bezahlung war seit 1870 per Gesetz sogar verboten. Damit wollten die Architekten der ersten deutschen Demokratien sicherstellen, dass Politiker nicht auf das Geld, sondern ausschließlich auf das Gemeinwohl schauen.
Als "Gage" gab es nur eine Gratis-Bahnfahrkarte nach Berlin.
Die SPD machte Druck
Vor allem die SPD drängte auf eine Vergütung für die Abgeordneten nach dem Vorbild anderer Staaten; das Hauptargument der Sozialdemokraten war, dass es sich nur Wohlhabende - Adelige und Unternehmer - leisten konnten, ein politisches Amt zu übernehmen. Die klassische Klientel der SPD, Arbeiter, blieb außen vor. Ab 1906 erhielten die Abgeordneten eine Entschädigung von 400 Mark im Jahr; etwa die Hälfte eines Arbeiter-Jahresgehalts. 1949 starteten die Abgeordneten des Bundestages mit einer Pauschale von 600 DM im Monat. Dazu kamen Tagegeld (450 DM), Aufwandsentschädigung (300 DM) und Reisekostenerstattung (600 DM).
Aktuell liegen die Bezüge bei 8252 Euro im Monat.
Jetzt soll dieser Betrag in zwei Stufen um 830 Euro steigen.
Weitere Leistungen
Die 631 Abgeordneten erhalten außerdem eine Kostenpauschale von 4123 Euro und Sachleistungen. Der Bundestag übernimmt bis zu einer Höhe von 15.053 Euro im Monat die Gehälter der Abgeordneten-Mitarbeiter.
Zu viel oder zu wenig? Kritiker verweisen auf die Nebeneinkünfte vieler Abgeordneter, die sich mit den Diäten zu einem Top-Gehalt summieren. Christian Pestalozza von der Freien Universität Berlin rückt die neuen Diäten-Regeln gar in die Nähe des Verfassungsbruchs: Der Automatismus zur Erhöhung der Bezüge ohne Aufschrei sei nichts anderes als der Versuch, die Öffentlichkeit zu umgehen, sagt der Staatskundler.
Irgendwie können es die Abgeordneten halt keinem Recht machen.
Nur eines droht ihnen nicht (mehr): Die Ehrung mit dem Titel "Unwort des Jahres": Das war die "Diätenanpassung" (= -erhöhung") schon 1995.
Stimmen aus Franken
Uwe Kekeritz (Grüne, Fürth): "Ich brauche keine Erhöhung meiner Diät. Mit rund dem Dreifachen des Durchschnittsverdieners komme ich gut aus. Deshalb werde ich diese Diätenerhöhung am Freitag auch ablehnen.
Wenn die Koalition aber unbedingt die Abgeordnetendiäten an das Niveau der obersten Bundesrichter anpassen will, dann solle dies wenigstens über eine, besser zwei Wahlperioden gestreckt werden. Eine Anhebung um zehn Prozent binnen sechs Monaten ist unangemessen. Im gleichen Zug wäre es zudem unbedingt erforderlich die anderen Baustellen ebenfalls anzugehen: Altersvorsorge, Kostenpauschale, Amtsausstattung und Transparenz von Nebeneinkünften.
Das von der Koalition gewählte Schnell-Verfahren binnen einer Woche ohne echte Beratung in den Ausschüssen und ohne Einbeziehung aller Abgeordneten des 18. Deutschen Bundestages mag formal korrekt sein. Politisch ist es feige. Die Bürgerinnen und Bürger würden, dessen bin ich mir sicher, ein Gesamtpaket gutheißen, das alle angesprochenen Fragen behandelt. Gerade bei der Altersvorsorge sollten auch wir Abgeordnete endlich in die gesetzliche Rente einbezogen werden."
Emmi Zeulner (CSU, Lichtenfels/Bayreuth): "Für mich als neue und junge Abgeordnete war die Entscheidung, ob ich der Neuregelung bei den Abgeordnetenentschädigungen zustimmen soll oder nicht, nicht einfach. Denn ich bin mir voll bewusst, dass die Entschädigung schon jetzt deutlich höher ist, als es mein Gehalt als Krankenschwester jemals hätte sein können. Auch verdiene ich mehr als die meisten in meinem Alter.
Jedoch sind alle Parlamentarier gleich, egal welches Alter sie haben oder welchen Beruf sie vorher ausgeübt haben. Hinzu kommt, dass der Vorschlag der Erhöhung nicht aus den Reihen der Parlamentarier kam, sondern den Empfehlungen einer unabhängigen Expertenkommission, die 2011 eingesetzt wurde, folgt. Dennoch kann ich nachvollziehen, dass die Erhöhung für Diskussionen sorgt. Ich spende einen Teil meiner Abgeordnetenentschädigung. Dies gilt vor und auch nach der Erhöhung.
Harald Weinberg (Linke, Nürnberg): Ich werde bei der Namentlichen Abstimmung GEGEN die Diätenerhöhung stimmen. Vom Grundsatz finde ich eine Diätenhöhe richtig, die die Unabhängigkeit des Abgeordneten sichert. Auch eine Koppelung an z.B. die Vergütung eines höheren Beamten erscheint mir sinnvoll. Ob das ein Bundesrichter sein muss, sei dahin gestellt.
Auf jeden Fall müsste dann die Regelung der Nebentätigkeitseinkünfte deutlich restriktiver geregelt werden. Die jetzt geplanten Erhöhungsschritte sind jedoch unverhältnismäßig.
Der immer wieder vorgebrachte Hinweis auf die weitaus höheren Vergütungen in der Wirtschaft, z.B. von Bankvorständen, kann meines Erachtens nicht zur Begründung der Diätenerhöhung herangezogen werden. Diese Vergütungsexzesse, die in keinem Verhältnis mehr zur Leistung der Vergüteten stehen, sollten vielmehr Anlass für den Gesetzgeber sein, über eine gesetzliche Deckelung von Managergehältern nachzudenken.
Da es vermutlich dennoch eine breite Mehrheit für die Diätenerhöhung geben wird, werde ich den Netto-Erhöhungsbetrag für soziale und politische Projekte spenden.
Anette Kramme (SPD, Bayreuth): "Ich werde zustimmen, denn es ist
