Steigerwald: Millionen stehen auf dem Spiel
Autor: Michael Wehner
Ebrach, Montag, 26. Dezember 2016
Ein Nationalpark-Titel ist Millionen wert. Das zeigen Zahlen aus Gegenden, die davon profitieren.
Es sind bemerkenswerte Zahlen, die Ralph Straußberger aus dem Doppelhaushalt 2017 und 2018 des Freistaats herausgepickt hat. Sie zeigen die enorme Finanzausstattung, die das Land seinen bestehenden Nationalparks gönnt: Neun Millionen Euro fließen demnach 2017 allein in die Gehälter der 185 Mitarbeiter im Stellenplan des Nationalparks Bayerischer Wald, etwa die Hälfte davon erhalten die rund 90 Waldarbeiter.
Nicht enthalten sind in diesen Summen die regelmäßigen Aufträge an Unternehmen im Millionenbereich oder gar die Investitionen, die nötig sind, um einen Nationalpark aufzubauen, etwa für Tiergehege und Besucherzentren. Das "Haus der Berge", das 2013 im Nationalpark Berchtesgaden eröffnet wurde, kostete beispielsweise 19 Millionen Euro. Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) beziffert die Nettowertschöpfung der beiden bayerischen Nationalparks mit 68 Millionen Euro im Jahr. Sie spricht von einem ökologischen Konjunkturprogramm.
Der beste Bewerber tritt nicht an
Was haben diese Zahlen mit dem Steigerwald zu tun? Ralph Straußberger, Waldreferent des Bund Naturschutz Bayern, setzt sich dafür ein, dass die Staatswaldgebiete im nördlichen Steigerwald doch noch in die Reihe der Kandidaten für den dritten bayerischen Nationalpark aufgenommen werden. Weil es einfach keinen Sinn macht, "ausgerechnet den besten Bewerber nicht zu einer Olympiade zu schicken", wie Straußberger sagt. Aber das ist nicht der einzige Grund. "Sollte ausgerechnet der Steigerwald außen vor bleiben, werden sich die Politiker unserer Region fragen lassen müssen, warum sie sich die Chancen, man spricht von 20 Millionen Euro Anfangsinvestitionen, haben entgehen lassen - ohne jede Prüfung."
Aus dem Rennen genommen
Genau danach sieht es im Moment aus. Diskutiert wird im Moment ein Nationalpark im Spessart, in den Ammergauer Bergen, in der Rhön oder an der Donau. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat den Steigerwald für einen dritten Nationalpark aus dem Rennen genommen, dem Bekenntnis folgend, dass die Staatsregierung keinen Nationalpark gegen den Willen der Bevölkerung errichten will. Doch ist diese Prämisse wirklich noch aktuell, wie der Anti-Nationalpark-Verein "Unser Steigerwald" in einer Stellungnahme unlängst behauptet hat? Dort war von einem "überwältigendem Votum gegen einen Nationalpark" die Rede. Die Zahlen einer repräsentativen Emnid-Umfrage von Anfang Dezember wecken Zweifel an der Richtigkeit dieser These. So antworteten auf die Frage "Fänden Sie es gut oder schlecht, wenn in Franken ein Nationalpark Steigerwald im Staatswald eingerichtet wird?" 67 Prozent der Befragten mit "sehr gut" oder "eher gut". Bei der Untersuchung im Auftrag von drei Naturschutzverbänden wurden Bewohner der betroffenen drei Landkreise und der benachbarten Städte Bamberg und Schweinfurt befragt.
50 Prozent vor Ort sagen ja
Auch die Stimmung vor Ort scheint anders zu sein, als die gefühlte Einschätzung mancher Kommunalpolitiker erwarten ließe. Bricht man die Umfrage auf die Gemeinden im Umfeld des möglichen Nationalparks herunter, was einem Suchfeld von Burgebrach bis Zeil, von Gerolzhofen bis Schlüsselfeld entspricht, erhält man folgende Zahlen: 50 Prozent der Befragten und damit zwölf Prozent mehr als vor zwei Jahren stufen einen Nationalpark als "sehr gut" oder "eher gut" ein, 43 Prozent als "eher schlecht" oder "sehr schlecht". Die Kritik von "Unser Steigerwald" an der Glaubwürdigkeit der Umfrage kann Straußberger nicht nachvollziehen. Die Grundlage der auf der BN-Seite nachzulesenden Befragung entspreche wissenschaftlichen Regeln, die Fragestellung sei keineswegs manipulativ, sondern sachbezogen.
Was sagen Politiker der Region Bamberg dazu, in deren Mitte die Idee eines Nationalparks Steigerwald Anfang 2007 geboren worden war?
Jonas Merzbacher, Sprecher der SPD-Fraktion im Kreistag, hat wenig Verständnis dafür, dass das Thema trotz der hohen Bedeutung von Landrat Johann Kalb (CSU) förmlich "totgeschwiegen" werde. Die SPD habe bereits im September beantragt, eine Potenzialanalyse eines möglichen Nationalparks Steigerwald zu erstellen, doch geschehen sei nichts. Man müsse nicht für einen Nationalpark sein, aber es sei sträfliches Politikversagen, wenn man sich die Sache nicht einmal ansehe. "Wir machen einen richtig schlechten Job. Es geht am Ende des Tages nicht um persönliche Empfindlichkeiten, sondern um die Region."
Gilt das Seehofer-Wort ewig?
Wolfgang Möhrlein, Chef der CSU-Fraktion im Kreistag, hält nichts von einem Vorpreschen im Landkreis Bamberg, wie es aus seiner Sicht eine vom Landkreis beauftragte Untersuchung bedeuten würde. Er würde es für gut befinden, wenn die Teilnehmer des vom Umweltministerium angestoßenen Dialogprozesses die Frage klären, wie es mit dem Steigerwald weitergeht. Dort müsse man auch darüber diskutieren, ob das Nein von Seehofer für alle Zeiten gelten könne oder zu revidieren sei. Man muss wissen: Vor Seehofers Steigerwald-Ausschluss war im Dialogprozess der Nationalpark als Option genannt worden. Für den Landkreis Bamberg nimmt unter anderem Landrat Johann Kalb (CSU) an der Steigerwaldkonferenz teil. Auf die Frage, ob er es empfehle, dass ein Nationalpark wenigstens geprüft wird, antwortet er, dass er dem Dialogprozess nicht vorgreifen wolle. Kalb verweist auf den Kreistagsbeschluss von 2010, sich für ein Weltnaturerbe einzusetzen. Daran soll festgehalten werden.