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Steigerwald: Bleiben die Buchen geschützt?


Autor: Michael Wehner

Ebrach, Freitag, 18. Sept. 2015

Die erste juristische Entscheidung zum Hohen Buchenen Wald könnte bereits heuer fallen. Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz stellen sich dennoch auf einen dreijährigen Streit vor den Schranken von Justizia ein. Werden die Richter den Schutz der fränkischen Buchen sicher stellen?
Dürfen die Buchen im umstrittenen Hohen Buchenen Wald bei Ebrach bis an ihre natürliche Altersgrenze wachsen? Darüber entscheiden die Gerichte.  Foto: Ronald Rinklef


Für eine dreihundertjährige Buche sind drei Monate nur ein winziger Augenblick. Und doch entscheiden die nächsten Wochen darüber, ob Tausende dicker Buchen im ehemaligen Schutzgebiet Hoher Buchener Wald bei Ebrach ungestört alt werden oder ob sie (wie in jedem Wirtschaftswald) der Säge zum Opfer fallen dürfen.

Bis Anfang 2016 rechnen Beobachter damit, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) eine Entscheidung über den Eilantrag von Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz gefällt haben wird. Die beiden Organisationen haben nach der Aufhebung der Schutzverordnung den Verwaltungsrechtsexperten Bernd Tremml aus München damit beauftragt, eine Normenkontrollklage in Gang zu setzen.

Der Eilantrag soll verhindern, dass vor dem Ende des Hauptsacheverfahrens durch Holzeinschlag Fakten geschaffen und die Schutzwürdigkeit in Frage gestellt werden. Prozessgegner ist der Freistaat Bayern. Ihm wird vorgeworfen, unter anderem gegen EU-Recht zu FFH-Gebieten verstoßen zu haben und die Aufhebungsverordnung durch eine Verschiebung der Zuständigkeit möglich gemacht zu haben, die aus Sicht der Kläger verfassungsrechtlich nicht haltbar ist.


Gute Chancen für die Kläger?

Tremml, der auf 25-jährige Prozesserfahrung in vergleichbaren Streitfällen im Umwelt- und Planungsrecht zurückblicken kann, geht davon aus, dass BN und LBV gute Chancen haben, die Entscheidung der Staatsregierung bei den auf Naturschutzrecht spezialisierten Richtern des VGH anfechten zu können. Gleichwohl stellt man sich darauf ein, dass das Hauptsacheverfahren, also die Normenkontrollklage zur Aufhebung des geschützten Landschaftsbestandteils, drei Jahre dauern und am Ende beim Bundesverwaltungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof landen wird. "Das wird ein steiniger und ein aufwändiger Weg durch die Instanzen, aber wir sind darauf vorbereitet", sagt Tremml.

Zwischenzeitlich haben die Bayerischen Staatsforsten auf Empfehlung der Landesanwaltschaft bis zum Ende des Jahres "Hiebsruhe" im ehemaligen Schutzgebiet verkündet. Die Staatsforsten stehen auf dem Standpunkt, dass das Trittsteinkonzept mit naturnahen Waldinseln auf der gesamten Fläche des Forstbetriebs einem flächigem Schutzgebiet gegenüber von Vorteil ist. "Wir wollen im Steigerwald ein internationales Vorzeigeprojekt für integrativen Naturschutz im Wald schaffen", sagte der Vorstandsvorsitzende Martin Neumeyer.


Denzler: Rechtmäßig gehandelt

Günther Denzler (CSU), Bambergs früherer Landrat, lässt sich durch die Vorwürfe der Schutzgebietsgegner nicht verunsichern. Er hat die umstrittene Verordnung zum Hohen Buchenen Wald betrieben, um die Chancen des Steigerwald auf den Titel Weltnaturerbe zu wahren. "Ich bin nach wie vor überzeugt, rechtmäßig gehandelt zu haben",sagt Denzler auf unsere Nachfrage; die Rücknahme der Verordnung hält er dagegen für eine pure Machtdemonstration der Entscheidungsträger.

Wie es aussieht, ist die Normenkontrollklage nicht das einzige juristische Ungemach, das der Staatsregierung nach dem umstrittenen Schleifen des größten fränkischen Waldschutzgebiets droht. So erwägt der Verein Nationalpark Nordsteigerwald, eine Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgericht gegen das Vorgehen des Freistaats zu erheben. Auch dafür stehen die Erfolgsaussichten nach Expertenmeinung nicht schlecht. Gesetzesänderung und nachfolgende Aufhebung des Schutzgebiets erfüllten, so sagen Verfassungskenner, alle Kriterien eines juristischen Willküraktes.