Stadträtin Reinfelder spaltet Bambergs CSU
Autor: Michael Wehner
, Donnerstag, 27. Sept. 2012
Es sollte das Comeback einer Bamberger CSU-Politikerin werden, die sich selbst ins Abseits manövriert hat. Doch die Kür von Daniela Reinfelder zur Chefin der Mittelstandsunion der CSU geriet zum Gegenteil.
Sie wollte eine eigene Pressekonferenz am Freitag, doch dann genügte ein einfaches Telefonat, um die Neuigkeit zu verkünden: Daniela Reinfelder, die aus der CSU-Fraktion ausgetretene CSU-Stadträtin, wurde Ende vergangener Woche in einer knappen Wahl als Chefin der Mittelstandsunion Bamberg (MU) wiedergewählt. Die Mittelstandsunion ist eine von vielen Untergruppierungen innerhalb der CSU. Sie versteht sich als der verlängerte Arm der Wirtschaft in der CSU.
Ist die Bestätigung Reinfelders ein Signal für eine Ende der Streitigkeiten in der Bamberger CSU? Für die Architektin aus Gaustadt ist das knappe Ergebnis von 25 zu 23 Stimmen zumindest der Beweis, dass sie ungeachtet mancher Kritik auch viel Unterstützung in der CSU genießt. Reinfelder sieht sich auf dem Kurs zurück an die CSU-Spitze und gibt sich im Gespräch mit dem FT staatsmännisch: "Wenn der Weg frei ist von Dissonanzen und wir ihn gemeinsam gehen wollen, dann gehen wir ihn. Ich bin bereit", zitiert sie den Bayerischen Ministerpräsidenten.
Kritik an der Wahl
Doch ist der Weg wirklich frei von Dissonanzen, wie Reinfelder glauben machen will? Weit gefehlt. Im Verlauf unserer Recherchen hagelt es förmlich Hinweise darauf, dass die Wahl bei der Mittelstandsunion alles andere als glatt gelaufen ist. Hauptgrund der Kritik, wie sie eine ganze Reihe von Augenzeugen beobachtet haben: Daniela Reinfelder soll Anhänger von Gegenkandidat Wolfgang Heim, dem 58-jährigen Inhaber einer Bamberger Metallbaufirma, den Satzungsvorschriften widersprechend so ausgebremst haben, dass sie nicht zur Wahl zugelassen wurden. Folge: Noch in der Versammlung wurde mit einer Wahlanfechtung gedroht.
Die ist in der Zwischenzeit abgeblasen - mit Rücksicht auf das Gesamtbild der CSU. Doch wer tiefer schürft, erfährt wenig Schmeichelhaftes über die Abläufe in der Mittelstandsunion. Vor der Wahl haben offenbar beide Lager versucht, ihr Stimmenreservoir dadurch zu mehren, dass neue Mitglieder angeheuert wurden. Allerdings gab es unterschiedliche Bearbeitungsgeschwindigkeiten für die Aufnahmewünsche.
Auswirkungen der Sperrfrist?
Glaubt man der Gruppe um Wolfgang Heim, dem Gegenkandidaten von Reinfelder, hatte sie das Pech, dass ihre Anträge nicht eben mit Höchstgeschwindigkeit weitergeleitet wurden. Drei von Heims Unterstützern sollen, obwohl sie bereits im Mai Antrag auf Aufnahme gestellt hatten, so spät als Mitglied akzeptiert worden sein, dass sie wegen der Sperrfrist am 20. September nicht mehr abstimmen durften. Folge: Heim unterlag mit knappem Abstand.
Daniela Reinfelder streitet die Vorwürfe ihrer Parteifreunde mit Vehemenz ab. Sie weist darauf hin, dass die Anträge zum frühestmöglichen Zeitpunkt und damit satzungsgemäß behandelt wurden. Die Neuaufnahme von Mitgliedern habe sie nur deshalb forciert, um wichtige Persönlichkeiten aus der Wirtschaft für die Mittelstandsunion Bamberg zu gewinnen.
Doch von allgemeiner Aufbruchstimmung kann nach diesem Start in die neue Wahlperiode keine Rede mehr sein. Im Gegenteil, der Wirtschaftsflügel der CSU leckt sich die Wunden: "Hier wurden die Grenzen der Fairness sehr weit ausgedehnt. Ich bin menschlich tief enttäuscht", sagt Wolfgang Heim.
Beobachtungen eine MU-Mitgliedes
Bezeichnend auch die Beobachtungen, die ein MU-Mitglied ohne CSU-Parteibuch während der Veranstaltung gemacht hat. Der Mann, der seine Anonymität gewahrt wissen will, um nicht zwischen die Fronten der CSU zu geraten, bestätigt, dass die Anträge mit Datum vom 2. Mai unterschrieben worden waren, während die Mitgliederliste die Aufnahme erst zum 30. Juli ausweist. "Die Kopien lagen in der Sitzung vor. Das wurde offen kritisiert", sagt der Selbstständige.
Er ist nicht der einzige, der den Eklat anprangert. Von "mangelnder Teamfähigkeit" bei der Vorsitzenden spricht ein frustriertes weibliches CSU-Mitglied. Auch sie bittet dringend darum, nicht genannt zu werden: "Sonst wird scharf geschossen."
In der CSU-Fraktion hätte man das Thema Reinfelder am Montag am liebsten totgeschwiegen. Doch das Hauen und Stechen in der Mittelstandsunion geht an der CSU-Spitze nicht spurlos vorbei. "Diese Wahlen sollte man nicht überbewerten", wiegelt Fraktionschef Helmut Müller ab. Auch Kreisvorsitzender Christian Lange geht auf Distanz: "Die CSU hat viele Untergruppierungen." Er bestätigt, dass einige Mitglieder die Abläufe bei den MU-Wahlen "sehr kritisch" sehen.
Hipelius' Befürchtung
Bambergs CSU-Bürgermeister Werner Hipelius war nicht bei der Versammlung, kennt aber die Vorwürfe der Manipulation. Zum Sachverhalt möchte er sich nicht äußern, doch seine Befürchtung ist, dass die wiederholten Querelen um Daniela Reinfelder der CSU als Ganzes schaden, weil sie ein falsches Bild von der Partei nahelegen: "Die Leute sagen immer, wir wären zerstritten. Das ist aber nicht so. Die Ursachen liegen in einer einzigen Person."