Stadtradler strampeln für die Umwelt und für sich selbst
Autor: Selina Helmrich
Bamberg, Montag, 24. August 2020
Etliche Bürger aus Stadt und Landkreis Bamberg sammelten auch in diesem Jahr fleißig Kilometer mit dem Rad. Zwei Teilnehmer erklären ihre Motivation.
Radfahren für eine gute Sache. Drei Wochen lang konnten wieder Teams und Einzelpersonen bei der jährlichen Aktion "Stadtradeln" mitmachen. Die Teilnehmer möchten mit dieser Aktion auf die steigende Anzahl an Radfahrern aufmerksam machen und fordern eine bessere Radinfrastruktur. Über ihre Erfahrungen in den 21 fast autofreien Tagen sprechen zwei besonders eifrige Teilnehmer, der 35-jährige Marcus Nowak aus Hallstadt und die 42-jährige Melanie Schmitt aus Baunach, im Interview.
Was ist ihre Motivation beim "Stadtradeln" mitzumachen?
Fahren Sie eine feste tägliche Strecke mit dem Rad?
Marcus Nowak: Ich fahre jeden Tag von Hallstadt nach Erlangen zur Arbeit und zurück, das sind zusammen etwa 100 Kilometer. Für die 47 km brauche ich eineinhalb Stunden, wenn ich nicht so starken Gegenwind habe. Im Winter dauert es etwas länger. Melanie Schmitt: Nein, mein Mann fährt aber jeden Sommer von Baunach zum Klinikum nach Bamberg und zurück. Ich weiß auch von vielen anderen, dass sie die Strecke Bamberg-Baunach standardmäßig fahren. Wenn der Feldweg zwischen Baunach und Kemmern noch ausgebaut werden würde, wäre die Strecke perfekt.
Wie sind Sie zum Radfahren gekommen?
Marcus Nowak: Meine Mutter sagt mir immer wieder, dass ich das erste Fahrrad immer hingeschmissen habe, weil ich Fahrradfahren doof fand. Irgendwann bin ich dann durch die Gegend geradelt wie ein Weltmeister und konnte gar nicht mehr damit aufhören. Ich habe auch nie einen Führerschein gemacht. Ich habe immer in Städten gewohnt, wo ich kein Auto gebraucht habe.Melanie Schmitt: Als Kind fährt man einfach gerne. Das lässt dann vielleicht als Jugendlicher, wenn man dann Auto fährt etwas nach. Jetzt habe ich der Umwelt zu liebe wieder angefangen. In Baunach bekommt man ja eigentlich alles, da kann ich dann auch mit dem Fahrrad hinfahren.
Was war ihre weiteste Strecke für das Stadtradeln?
Marcus Nowak: Die längste Strecke für das Stadtradeln waren 392 Kilometer, Richtung Heidelberg in eineinhalb Tagen. Eigentlich wollte ich noch viel weiter fahren, aber dann hat mir der Regen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Am nächsten Tag bin ich mit dem Zug wieder heim.Melanie Schmitt: Das war von Baunach nach Bamberg und wieder zurück. Das sind glaub ich circa 32 km mit dem Fahrrad. Ein "Stadtradel"-Fahrer aus Baunach ist aber bis ins Ruhrgebiet zu seiner Schwester gefahren, 420 km einfach. Er hat mit insgesamt über 1000 km die meisten Kilometer für Baunach gesammelt. Ich bin aber eher die Alltagsradlerin.
Fahren Sie außerhalb des Aktionszeitraums "Stadtradeln" viele Touren?
Marcus Nowak: Ja, einmal bin ich in drei Tagen 1200 km gefahren. Da wurde ich aber von zwei Leuten im Auto unterstützt, die mich mit Essen und Trinken versorgt haben. Ich bin dafür jeden Tag 400 km gefahren und habe pro Tag nur drei Stunden geschlafen. Das war eine geile Aktion, das hat mir Spaß gemacht. Melanie Schmitt: Nein, mit den Kindern eigentlich nicht.
Was war ihr persönliches Fahrrad-Highlight?
Marcus Nowak: Meine erste Tour im Jahr 2013. Die bin ich alleine mit einem Eingang-Rad für 400 Euro gefahren. Damals hatte ich zwei Wochen Urlaub und wollte einen Kumpel in Berlin besuchen. Da kam mir die Idee mit dem Fahrrad hinzufahren. Durchschnittlich braucht man für die Strecke fünf bis sechs Tage. Mein Ziel war es diese an einem Tag zu schaffen. Diese fast 500 km bin ich dann wirklich in weniger als 24 Stunden gefahren.Was ist ihnen dabei besonders in Erinnerung geblieben?
Marcus Nowak: Es war einfach so intensiv, 24 Stunden lang an der frischen Luft zu sein. Ich bin die Nacht komplett durchgefahren. Das muss man mal ausprobiert haben. Das Wetter war wunderschön und die Stille in den Ortschaften war so intensiv. Ich bin dann gegen 13 Uhr in Berlin angekommen. Vor Ort wurde ich gleich empfangen und mit Essen und Trinken versorgt. Alle wollten die Geschichte hören, das war total stark. Zurück bin ich mit dem Flix-Bus gefahren. Das war eine einmalige Aktion, aber die hat die Initialzündung für lange Touren gegeben.Haben Sie sich speziell fürs Stadtradeln ein Fahrrad oder zusätzliches Equipment gekauft?
Marcus Nowak: Manche Sachen hatte ich schon davor, andere Sachen habe ich kurz davor erworben. Ich bin als stellvertretender Verkaufsleiter im Fahrradbereich tätig. Das Rad selbst habe ich schon seit letztem Jahr. In der Fahrradbranche kauft man sich alle zwei bis drei Jahre ein neues, und das verkauft man dann wieder, also ein ständiger Wechsel. Melanie Schmitt: Nein, ich hätte mir gerne ein neues Rad gekauft aber da mein Mann leider wegen Knieproblemen aufhören musste, bin ich mit seinem Mountainbike gefahren. Es macht wirklich Spaß, wenn man ein gutes Fahrrad hat. Auch E-Bikes sind erlaubt, ich glaube das war auch ein Grund, weshalb viele ältere Baunacher dieses Jahr mitgeradelt sind.Was mögen Sie besonders am Radfahren?
Marcus Nowak: Durch das viele Radfahren bekommt man ein gutes Gefühl für sich selbst. Für die eigene Leistungsfähigkeit im Körper. Mir gefällt der Einklang mit der Maschine. Es gibt weitläufige Strecken, wo die Natur wunderbar ist und wenn man dann mit sich selbst alleine ist und der Wind fährt einen durch die Haare, ja, das ist einfach ein Lebensgefühl.Melanie Schmitt: Das schöne ist, dass man auf dem Fahrrad ganz andere Dinge wahrnimmt. Danach weiß man, man hat etwas Gutes für sich selbst und für die Umwelt getan und fühlt sich einfach wohl. Ich bin aber auch keine konsequente Nur-Radfahrerin, das muss ich auch definitiv sagen. Es soll einfach Spaß machen.
Haben Sie auch negative Erfahrungen beim Radfahren gemacht?
Marcus Nowak: 2017 bin ich mal den ganzen Winter über mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. An einem Tag hat mein Fahrrad gestreikt und die Kette ist immer wieder abgesprungen. Es war dunkel, hat leicht geschneit und ich hatte auch noch Gegenwind. Da habe ich das Fahrrad hingeschmissen und in die Welt geschrien "Ich habe keinen Bock mehr, ich hör jetzt auf!" Dann bin ich in den Zug gestiegen und drei Monate lang mit dem Zug zur Arbeit gefahren. Irgendwann habe ich mich aber wieder gefangen und mir gesagt, "Das hat doch eigentlich Spaß gemacht, es gibt manchmal eben schlechte Tage."Haben Sie einen Tipp für Leute, die mehr Radfahren wollen?
Marcus Nowak: Sich einfach trauen über eigene Grenzen zu springen und das Auto öfter stehen zu lassen. Die Bequemlichkeit hindert uns im Alltag oft daran. Alternativ kann man sich auch ein Lastenfahrrad kaufen. Das gibt es auch als Lasten-E-Bike, wo man alles reinschmeißen kann. Es muss ja nicht gleich ein Rennrad sein. Einfach ein Fahrrad, das gut zu einem passt. Melanie Schmitt: Ja, ich denke seit es das E-Bike gibt ist das eine super Alternative für Leute, die keine Berge fahren wollen oder denen Radfahren aus gesundheitlichen Gründen zu anstrengend ist. Der Landkreis Bamberg hat schon viel für den Radtourismus getan. Es gibt zum Beispiel schöne Themenradwege. Ich habe aber auch Verständnis dafür, wenn es mal schnell gehen muss und man das Auto nimmt. Die Fragen stellte Selina Helmrich