Druckartikel: Stadt will eine Entscheidung gegen die Ostumfahrung Bambergs

Stadt will eine Entscheidung gegen die Ostumfahrung Bambergs


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Dienstag, 19. April 2016

Das Auftauchen der DB-Ostumfahrung im Bundesverkehrswegeplan erhöht den Zugzwang in Bamberg. Schon in Kürze soll eine Entscheidung fallen.
Über die Natosiedlung fällt der Blick über den Hauptsmoorwald Richtung Süden. Entlang des Frankenschnellwegs soll sich die Ostumfahrung erstrecken. Im Hintergrund: Strullendorf und Hirschaid.  Foto: Ronald Rinklef


Claus Reinhardt vom Baureferat der Stadt hat gute und schlechte Nachrichten. Vergangene Woche gab es ein Gespräch mit Vertretern des Bundesverkehrsministerium. Spannende Fragen waren zu klären: Etwa die, wie es dazu kommen konnte, dass sich ausgerechnet die von vielen Beteiligten und Bürgern in Bamberg Stadt und Land abgelehnte DB-Ostumfahrung in den Bundesverkehrswegeplan mogeln konnte.

Die Antwort beruhigt und beunruhigt zugleich. Denn einerseits trifft wohl zu, was Staatssekretär Thomas Silberhorn (CSU) dieser Zeitung bereits vor Ostern gesagt hatte: Dass die Ostumfahrung im Entwurf des Plans eine Art Platzhalterfunktion für die zwei übrigen Varianten einnimmt. Laut Reinhardt bestätigte nämlich das Verkehrsministerium, dass die tatsächlich zu realisierende Variante im weiteren Verfahren noch ausgewählt werden soll. Das würde bedeuten, alle drei Trassenvarianten wären noch im Rennen - Ostumfahrung, Ausbau im Bestand und Tunnellösung.

Andererseits, und das ist die für viele bedrohliche Seite der Medaille, hat Berlin die Ostumfahrung nicht umsonst in den Verkehrswegeplan aufgenommen. "Es ist die einzige Variante, die in der Kosten-Nutzenanalyse einen positiven Wert von 1,1 erreicht", sagt Reinhardt. Das bedeute, die Vorteile bei den Kosten, bei der Bauzeit sowie bei den bahnbetrieblichen Punkten sprechen aus Sicht der Bundesregierung für die Ostumfahrung und nicht für den Ausbau im Bestand oder die Tunnellösung.

Die Bamberger CSU will keine Ostumfahrung - sie fürchtet um den ICE-Halt und sieht eine Reihe von Nachteilen, u.a. für den Trinkwasserschutz im Stadtwald. Umso ernster nimmt die CSU die Priorisierung der Trasse durch den Bund. Es bestehe die Gefahr, dass die Deutsche Bahn die DB-Ostumfahrung als Grundlage für die Haushaltsberatungen anmeldet, fürchtet Kreisvorsitzender Christian Lange. "Spätestens dann aber wären Fakten geschaffen, gegen die sich die Stadt nicht mehr wehren kann."

Auch Fraktionschef Helmut Müller will nichts anbrennen lassen: Die CSU-Stadtratsfraktion fordert in Übereinstimmung mit dem Bundestagsabgeordneten Thomas Silberhorn (CSU) und Landrat Johann Kalb (CSU), rasch eine städtische Position zur Frage der Ausbauvarianten zu finden und die Stadtspitze mit einem klaren Mandat aus dem Stadtrat auszustatten. Hintergrund: Die offizielle Einwendungsfrist für den Bundesverkehrswegeplan läuft am 2. Mai ab.

Ähnlich denkt die Mehrheit in der SPD-Fraktion. Sie ist unverändert der Meinung, dass sämtliche Varianten der Ostumfahrung auszuscheiden sind.

Trotzdem spricht vieles dafür, dass es kein glattes Nein zur Ostumfahrung im Stadtrat geben wird. Bis zuletzt hatten Teile von Freien Wählern und Bürger-Block die Prüfung einer getunnelten Ostumfahrung mit Westanbindung (Vorschlag Initiative Bahnsinn Bamberg) durch ein neutrales Gutachten gefordert. Skeptisch beurteilen das angestrebte Aus für die Ost-Trasse auch die Bamberger Gärtner. Und die GAL warnt davor, sich unter Druck setzen zu lassen und eine Güterzug-Ostumfahrung "bereits jetzt" auszuscheiden. Ursula Sowa sieht noch Verhandlungsspielraum und beruft sich dabei auf ein städtisches Gutachten, das von weit weniger Zugverkehr ausgeht als die Bahn. Die Hoffnung der Grünen ist, dass doch noch eine Null-Lösung möglich ist.

Freilich erscheint es fraglich, inwieweit rein städtische Festlegungen den Bund überhaupt interessieren. Fakt ist, dass am Ende allein der Bundesverkehrswegeplan bestimmt, was geschieht. Er hat Gesetzeskraft.
Gänzlich unbeeindruckt von der Meinungsfindung im Stadtrat spricht sich die Bürgerinitiative "Bahnsinn Bamberg" dafür aus, eine Ostumfahrung ernsthaft zu prüfen und möglicherweise mit einer Westanbindung zu versehen. "Selbst die Ostumfahrung der Deutschen Bahn ist viel besser als der Ausbau im Bestand oder ein fragwürdiger Tunnelbau", sagt Bahnsinn-Sprecher Herbert R. Meyer. Nach seiner Überzeugung spricht für die Ostumfahrung, dass nur dadurch die Anwohner in der Stadt vor Lärm und der optischen Verschandelung hoher Lärmwände verschont blieben. Außerdem seien die Kosten niedriger und die Bauzeit kürzer.


Lärmschutz ade?

Mit seiner These steht Meyer allerdings in Gegensatz nicht nur zur Stadtverwaltung, die beide Ostumfahrungen als schwer wiegenden Eingriff in ein wertvolles Trinkwasserschutzgebiet einstuft. Auch die Bürgermeister und politischen Spitzen der Gemeinden ringsum, u.a. von Hallstadt, Kemmern und Gundelsheim, lehnen eine Trasse durch den Hauptsmoorwald ab. Neben den optischen und ökologischen Eingriffen in einen Bannwald fürchtet man vielerorts zusätzlichen Lärm und ebenso, dass der erhoffte Lärmschutz entlang der Bestandsstrecke nicht verwirklicht wird.

Eine eigene Meinung zur Idee einer getunnelten Ostumfahrung vertritt MdB Thomas Silberhorn. Für ihn ist es ein Luftschloss ohne Aussicht auf Verwirklichung: "Man kann sich doch leicht ausrechnen, dass die Untertunnelung und Westanbindung einer Ostumfahrung nie mit positivem Kosten-Nutzen-Verhältnis zu machen ist."