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Altenheime, Bildungsstätten und AEO: Wo in der Region Bamberg die Corona-Zahlen steigen


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Donnerstag, 29. Oktober 2020

Über Nacht wurde Bamberg "dunkelrot". Doch woher kommt der neuerliche Anstieg der Corona-Zahlen?
Auch in Bamberg hängen seit Mittwoch an vielen Stellen der Stadt Plakate, die auf die Maskenpflicht aufmerksam machen. Doch die Verbote haben auch unerwünschte Nebenwirkungen: So zeigen erste Rückmeldungen aus dem Einzelhandel, dass die Zahl der Kunden in der Bambergs Innenstadt drastisch gesunken ist.   Foto: Ronald Rinklef


Wäre der Stadtrat eine Veranstaltung im Sinne des Infektionsschutzgesetzes, hätte er möglicherweise am Rande der Legalität getagt. Denn es sind gut und gern 80 Personen, die sich in der Business-Lounge der Brose-Arena versammelt haben. Wird hier etwa gefeiert? Doch zum Scherzen ist an diesem verregneten Oktobertag niemand aufgelegt.

Die Lage ist ernst. Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) lässt keinen Zweifel daran. Er spricht von atemberaubender Geschwindigkeit bei der Infektionsausbreitung. Tatsächlich hat Sars-CoV-2 in dieser Woche in Bamberg und im Landkreis noch einmal kräftig dazugewonnen. 45 Neuinfektionen kamen am Dienstag nach Angaben des Gesundheitsamts dazu. Am Mittwoch waren es 40, am Donnerstag weitere 48. Und auch die Corona-Ampel wechselt erneut ihren Farbton: Als OB Starke spricht, ist die Stadt Bamberg mit einer Inzidenz von 71 noch "rot". Doch schon acht Stunden später gilt die Warnstufe dunkelrot - weitere Einschränkungen treten bei Versammlungen und bei der Sperrstunde in Kraft (siehe auch nebenstehenden Bericht). Bamberg ist dabei in Bayern in guter Gesellschaft: Im Landkreis Schweinfurt liegt diese Zahl am Donnerstag bei 190, im Landkreis Kulmbach bei 177. Die schlechtesten Werte in Bayern hat das Berchtesgadener Land mit 264. Im Schnitt liegt die 7-Tage-Inzidenz im Freistaat bei knapp über 100.

Woher die neue Dynamik in der Region stammt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Das Infektionsgeschehen sei diffus, es gebe keine Herde, die man gezielt bekämpfen könne, erklärt der OB. Sicher ist, dass das Virus nun bereits die Schranken zu besonders geschützten Pflegeeinrichtungen übersprungen hat. In vier verschiedenen Seniorenheimen in Stadt und Landkreis Bamberg liegen bei Pflegenden Infektionen vor. In einem Fall hat es zusätzlich einen Bewohner getroffen, bestätigt Frank Förtsch, Sprecher am Landratsamt.

Sorgen macht den Spitzen der Verwaltung auch die Situation in der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO), wo am Mittwoch vier erste Infektionen festgestellt wurden. Bis Donnerstagmittag lagen die Ergebnisse weiterer 500 Tests vor. Die Erkenntnisse sind keine Entwarnung, aber auch kein Grund zur Panik: Anders als im Ankerzentrum Zirndorf, wo diese Woche 59 Menschen positiv getestet wurden, bleibt die Infiziertenzahl in Bambergs AEO vorbehaltlich von 150 ausstehenden Tests einstellig. Eine gewisse Ausbreitung erfährt das Virus zudem in den Bildungsstätten der Region. Nach Angaben des Gesundheitsamts wurden in den letzten Tagen insgesamt 370 Personen aus Schulen und Kitas in Quarantäne geschickt - Lehrer, Erzieher und Schüler werden nun getestet.

Die Intensivstationen der Krankenhäuser der Region hat der steile Anstieg der Infektionszahlen noch nicht erreicht. Am Donnerstag mussten in den drei Krankenhäusern zwar 19 Corona-Patienten stationär betreut werden, doch nur drei davon in der Intensivstation. Damit sind die Ärzte im Klinikum noch weit davon entfernt, die Maximalkapazität von 38 Intensivbetten ausschöpfen zu müssen. Diese können bei Bedarf noch einmal verdoppelt werden. Tatsächlich rechnet das Gesundheitsamt damit, dass die beschleunigte Ausbreitung des Virus in fünf bis sechs Wochen auch die Krankenhäuser treffen wird. Schon heute sei gegenüber der Situation von vor zehn Tagen ein Anstieg festzustellen.

Als im Stadtrat die dunkelrote Phase für Bamberg verkündet wird, ist bereits klar, dass die zusätzlichen Einschränkungen durch die neue Ampelstufe kaum noch Bedeutung haben würden. Denn mit dem erneuten Lockdown bis Ende November treten ab Montag noch einmal deutlich härtere Verbote in Kraft, so dass die in Bamberg versprochene Lockerung bei Freischankflächen mit der erlaubten Nutzung von Heizpilzen frühestens in einem Monat Auswirkungen haben wird.

Handelsumsatz bricht ein

SPD-Stadtrat und Stadtmarketing-Geschäftsführer Klaus Stieringer ist der erste, der eine Analyse wagte: "Die Beschlüsse von Bund und Ländern sind eine Katastrophe für den gesamten Wirtschaftsraum Bamberg", sagte er. Erfahrungen von Bamberger Händlern in dieser Woche ließen Schlimmes befürchten. Demnach hat die Maskenpflicht in der Innenstadt dazu geführt, dass die Umsätze in einzelnen Geschäften diese Woche auf nie da gewesene Tiefststände fielen. Viele Kunden würden aus Angst vor Ansteckung offenbar einen Bogen um die Läden machen. Unternehmen, die kerngesund ins Jahr gestartet seien, stünden vor dem Ruin. "Wir stehen in Bamberg vor der größten Pleitewelle seit dem Zweiten Weltkrieg", sagt Stieringer.

Betroffen von den Nachrichten zeigt sich auch Daniela Reinfelder (BuB). Die selbstständige Architektin fürchtet um die wirtschaftliche Lage von vielen Schaustellern und Gastronomen. Für sie bedeute die Absage des Weihnachtsmarktes nun den "sicheren Todesstoß".

Von einem "Überlebenskampf der Gastronomie" spricht angesichts des Lockdowns auch der Wirtschaftsreferent der Stadt, Stefan Goller. Zur Debatte um den Einsatz von Heizpilzen mit möglichst ökologischer Verbrennungstechnik auf neuen Freischankflächen meint er: "Es ist nicht sicher, wie viele Gastronomen im Dezember noch da sind."