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Stadt Bamberg kassiert beim Trinkwasser ab


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Mittwoch, 06. Februar 2013

Vor wenigen Tagen hat der Stadtrat eine Resolution gegen die Privatisierung des Trinkwassers verabschiedet. Tenor: Trinkwasser soll bezahlbar bleiben. Das heißt aber nicht, dass die Stadt beim Preispoker nicht selbst ordentlich zulangen würde.
Foto: Ronald Rinklef


Klaus Rubach ist nicht der Mann, der sich von Gefühlen lenken ließe. Doch als es unlängst im Stadtrat ums Wasser ging, da wurde der Geschäftsführer der Stadtwerke fast ein wenig leidenschaftlich. Die von der EU-Kommission beschlossene Richtlinie zur Privatisierung der Wasserversorgung bedroht für den Stadtwerke-Chef den Kern der kommunalen Daseinsvorsorge, eine ernste Gefahr, wie Rubach glaubt: "In aller Regel führt die Privatisierung neben einem Arbeitsplatzabbau zu deutlichen Preissteigerungen sowie einer Verschlechterung der Trinkwasserqualität und des Leitungsnetzes."

Bamberg hätte also viel zu verlieren, würde das EU-Parlament die Richtlinie bestätigen. Das Wasser in der Domstadt hat einen guten Ruf. Und es schmeckt auch gut: 5,5 Millionen Kubikmeter pumpen die Stadtwerke durch das Spinnennetz des Leitungsgeflechtes zu den Endverbrauchern, knapp zwei Drittel davon stammen aus den eigenen Brunnen im Regnitzbecken und in Gaustadt.

Weniger eindeutig sieht die Sache bei der Preisgestaltung aus. Hier gibt es vor dem Hintergrund der Privatisierungsdebatte aktuell erheblichen Erklärungsbedarf. Denn auch die Stadtwerke beherrschen die Kunst, Preise bis an die Schmerzgrenze auszureizen.

Das moniert der Bamberger Pensionär Dieter Johannes. In seinem Reihenhäuschen in Bamberg Südwest verbrauchte der frühere Bahn-Mitarbeiter 2012 rund 116 Kubikmeter Trinkwasser, ein Durchschnittswert. Als Johannes durch Zufall auf eine Bekanntmachung der Stadtwerke stieß, wäre er fast aus den Latschen gekippt: "Die Anhebung der Grundpreise beträgt 962 Prozent in einem Jahr. Das ist ein drastischer Aufschlag."

Dazu muss man wissen, dass die Grundgebühren neben dem pro Kubikmeter berechneten Arbeitspreis von 1,87 Euro pro Kubikmeter den fixen Anteil beim Wasserpreis bilden. Sie steigen nach dem Beschluss des Aufsichtsrats 2013 explosionsartig an: von 0,82 Cent auf 7,89 Euro pro Monat, was fast einer Verzehnfachung entspricht. Rechnet man den Arbeitspreis hinzu, stellt sich die Rechnung immer noch drastisch dar: "Die Gebühren für meinen Wasserverbrauch steigen unterm Strich um 37, 4 Prozent."

Dieter Johannes ist weit davon entfernt, deswegen der Privatisierung der Wasserversorgung das Wort zu reden. Dennoch findet er ein solches Geschäftsgebaren nicht in Ordnung: "Um eine Teuerung in dieser Dimension zu rechtfertigen, bräuchte man eine nachvollziehbare Kalkulation", sagt der Rentner.

Doch eine solche haben Johannes und mit ihm Tausende anderer Stadtwerke-Kunden bis heute nicht erhalten. Statt dessen "Selbstbeweihräucherung im Stadtwerke-Magazin", wie der Bamberger kritisiert. Dort berichten die Stadtwerke zwar über die anstehenden Mammutinvestitionen in der Trinkwasserversorgung, verlieren aber kein Wort über die daraus resultierende Umlegung des Millionenaufwands auf die 70000 Bamberger Wasserverbraucher. Jm Gegenteil. Der Bericht verspricht sogar Einsparungen, weil durch die Bündelung der Aufbereitungsanlagen "nicht unbeträchtliche Betriebskosten eingespart werden" sollen.

Von diesen Einsparungen kommt bei den Bamberger Wasserverbrauchern nichts an. Sie führen bestenfalls dazu, dass Wasser in Zukunft nicht noch teurer wird. Denn hört man Christoph Jeromin von den Stadtwerken, so haben die Bamberger seit Jahren von Preisen profitiert, die eigentlich längst hätten erhöht werden müssen. Dadurch habe sich ein Investitionsstau ergeben, der nun durch das Projekt Wasser 2025 abgebaut wird. Konkret bedeutet das: Im Stadtwald wird für neun Millionen Euro ein Wasserwerk errichtet, das im Frühling 2014 in Betrieb genommen werden soll. Mit neuen Druckfiltern, energieeffizienten Pumpen und automatischer Überwachungs- und Steuerungstechnik wollen die Stadtwerke Bambergs Wasserversorgung an die gestiegenen hygienischen Anforderungen anpassen und auf sichere Beine stellen. Und auch die Preisstrukturen sind im Umbruch: "Wir haben einen großen Anteil von Fixkosten bei der Wasserversorgung durch das Wasserwerk und das Leitungsnetz. Dies macht es sinnvoll, die Grundpreise deutlich zu erhöhen", sagt Jeromin. Dabei kann sich der verantwortliche Mann für Bambergs Wasser auch auf ein Gutachten des kommunalen Prüfungsverbandes stützen. Darin hätten die Experten bestätigt, dass in Bamberg gehandelt werde müsse. Dennoch müsse niemand befürchten, dass mit dem Wasserpreis Gewinne erzielt würden: "Das ist nicht erlaubt. Alles fließt in die Rücklagen oder Investitionen."

Die Bundesnetzagentur hatte schon vor geraumer Zeit wegen zu hoher Wasserpreise in vielen deutschen Städten eine stärkere Kontrolle der öffentlichen Wasserversorgung gefordert. Die Bürger könnten so von sinkenden Preisen profitieren, argumentierte Matthias Kurth. In Bamberg sieht man dagegen Anpassungen nach oben als unvermeidlich an. Helmut Müller, der für die CSU im Aufsichtsrat der Stadtwerke sitzt, sieht großen Nachholbedarf: "Die Technik ist teilweise 100 Jahre alt."

Sein Kollege Dieter Weinsheimer (Freie Wähler) versteht die Kostenlawine freilich auch als Folge einer neuen "Politikära". Wie beim Bamberger Trinkwasser seien niedrige Kosten der Daseinsvorsorge früher politisch gewollt gewesen. Davon nehme man nun auf breiter Front Abstand. "Ich kann mir gut vorstellen, dass die Preise weiter zulegen."

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