Staatsanwalt ermittelt gegen Schlund
Autor: Werner Baier
Hirschaid, Freitag, 08. August 2014
Anonyme Anzeigen betreffen besonders Grundstücksangelegenheiten. Der vormalige Hirschaider Bürgermeister ist sich keiner Schuld bewusst.
Aufgrund anonymer Anzeigen aus der Bevölkerung ermittelt die Staatsanwaltschaft Bamberg gegen den vormaligen Hirschaider Bürgermeister Andreas Schlund (CSU) wegen des Verdachts der Untreue. Andreas Schlund ist sich keiner Schuld bewusst und sieht dem Verfahren gelassen entgegen. "Alles Schnee von gestern!", kommentierte er die an angeblichen Verdächtigungen, die hauptsächlich im Zusammenhang mit Grundstücksangelegenheiten stehen.
Schlund selbst hat noch keinen Besuch von Ermittlungsbeamten gehabt; er wurde somit zur Sache noch gar nicht vernommen. "Mit mir hat darüber noch kein Mensch geredet," sagte er dem FT. Sein Amtsnachfolger Klaus Homann (CSU) bestätigte der Redaktion, dass Beamte im Rathaus von Hirschaid Akten sichergestellt haben. Des Weiteren will sich Homann zu den Vorgängen nicht äußern.
Ausgangspunkt der Ermittlungen dürfte die vorletzte Sitzung des Marktgemeinderates sein, in der Freie Wähler-Gemeinderat Peter van Dun in Vertretung des Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses Erinnerungen der örtlichen Rechnungsprüfer vortrug. Van Dun war es auch, der in einer der vorausgegangenen Sitzungen angebliche Verfehlungen des damaligen Dritten Bürgermeisters Erwin Krämer (Wählergemeinschaft Sassanfahrt-Köttmannsdorf-Rothensand) zur Sprache gebracht hatte. Krämer soll fragwürdige Treibstoffkäufe auf Rechnung der Gemeinde getätigt hatten. Zur Klärung dieser Angelegenheit schaltete später Bürgermeister Andreas Schlund die Staatsanwaltschaft ein. Aktuelle Information dazu: Die Ermittlungen in Sachen Krämer dauern an.
Zurück zur Causa Schlund: Van Dun berichtete in der Aprilsitzung, dass der Rechnungsprüfungsausschuss beim Verkauf von Grundstücken im Baugebiet Juliushof Zweifel an der Einhaltung des "Einheimischen-Modells" bekommen habe. Danach werden ortsansässige Familien begünstigt, wenn sie auf der Parzelle für sich ein Eigenheim erstellen. Die Rechnungsprüfer wollen aber eine kommerzielle Zwischennutzung entdeckt haben.
Ein anderes Kapitel ist der Bau des Parkplatzes am Awo-Kinderhaus im Baugebiet Juliushof auf Kosten der Gemeinde. Van Dun hatte damals Kritik an der eigenhändigen Vergabe der Bauarbeiten geübt. Ein gutes Jahr zuvor, am 5. Februar 2013, hatte van Dun auf Frage an den Bürgermeister erfahren, dass die Pflasterarbeiten für die Parkplätze am Awo-Kindergarten "seitens der Awo selbst realisiert" worden seien. Am 28. März 2013 versicherte Schlund aber der Awo schriftlich, dass der Markt Hirschaid Parkplatz, Gehweg und Straßenbegleitgrün, Radwegverlegung etc. übernehmen wird. Kopien, die der Redaktion vorliegen, zeigen dann auch, dass der Awo-Kreisverband zum Beispiel im Januar 2014 für die Pflasterarbeiten "Parkplätze" am Kinderhaus Juliushof dem Markt Hirschaid "vereinbarungsgemäß" folgenden Betrag in Rechnung stellte: 6383,62 Euro. Aus einem anderen Beleg mit Absender Awo und Datum vom 4. Juni 2013 geht hervor, dass der Kindergartenträger 12 7179,14 Euro für die Pflasterarbeiten mit der Gemeinde abrechnete.
Andreas Schlund sagte dazu dem FT, dass es sich dabei um öffentliche Parkplätze handle; weil diese gegen Ende der Bauarbeiten am Kindergarten noch nicht begonnen worden seien, habe er eine Eilentscheidung getroffen und die Arbeiten vergeben. Möglicherweise unterblieb eine spätere Information des Markgemeinderates und auch eine nachträgliche Genehmigung.
Ob dieses Vorgehen ein Fall für die Justiz ist und wie er gegebenenfalls juristisch zu betrachten ist, das werden die Ermittlungen nun ergeben. Üblicherweise werden Eilentscheidungen eines Bürgermeisters (manchmal durchaus zähneknirschend) nachträglich vom Gemeinderat gebilligt. Oder es erwächst ein Fall für die Versicherung.
Hinsichtlich der von den Rechnungsprüfern beanstandeten Mängel in der Vergabepraxis des Einheimischen-Modells verweist Schlund gegenüber unserer Zeitung auf den Umstand, dass - wie in Hirschaid üblich - alle Grundstücksverkäufe vom Bauausschuss oder Gemeinderat akzeptiert werden müssen. Er sieht sich da über jeden Verdacht erhaben. Wie vom Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Bamberg, Oberstaatsanwalt Martin Dippold, zu erfahren war, wird in einer anonymen Anzeige behauptet, es seien Baugrundstücke an Personen veräußert worden, die nach dem Einheimischen-Modell nicht berechtigt gewesen wären.
Es ist denkbar, dass der FT-Bericht über das Ergebnis der Rechnungsprüfung zu den anonymen Anzeigen geführt hat.
Ein weiterer Vorwurf geht dahin, dass mit Billigung von Andreas Schlund Grundstücke unter Marktpreis zur Nutzung überlassen worden seien. Dazu liegt dem FT in Kopie die Eingabe zweier Hirschaider Bürger an das Landratsamt und die Bezirksregierung vor. Sie verlangen zu prüfen, ob durch die offenbar kostenlose Überlassung von 2896 Quadratmeter Gemeindefläche im Umgriff des Seniorenhauses St. Mauritius in Sassanfahrt die Gemeinde geschädigt worden sei. Angeblich sei eine jährliche Pacht von 500 Euro vereinbart gewesen. Hier sei tatsächlich noch Klärungsbedarf, erfuhr der FT von Andreas Schlund. Die Gemeinde hatte das Bestreben, den Umgriff des Seniorenhauses für etwaige Erweiterungen zu sichern und war mit der Begrünung im Interesse der Bewohner einverstanden. Man müsste nun mit der Senivita OHG neu verhandeln, ob sie das Areal noch beansprucht und dann entscheiden. Das Landratsamt verweist auch in dieser Angelegenheit auf staatsanwaltliche Ermittlungen.
Insgesamt mache er sich keine große Gedanken, weil er sich nichts zuschulden habe kommen lassen, sagte Schlund unserer Zeitung.