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Spritpreis: Schwankungen bis zu 25 Cent in der Region - und ein ganz besonderer Preis


Autor: Natalie Schalk

Bamberg, Donnerstag, 20. Dezember 2018

Welcher Konzern, welche Straße, welche Tageszeit sind am besten? Und hat's jetzt genug geregnet? Hintergründe der extremen Schwankungen beim Spritpreis.
Quelle: clever-tanken.de, Grafik: Micho Haller


Sven Bauer ärgert sich über den Spritpreis. "Klar gibt's Länder, wo's noch schlimmer ist als bei uns. Italien zum Beispiel." Der 30-Jährige kommt aus Weichendorf im Landkreis Bamberg, fährt Diesel und hat gerade in Bamberg bei der Bavaria am Berliner Ring getankt. "Der Preis", sagt er, "ist teilweise einfach eine Frechheit. Weil die Leut' ja drauf angewiesen sind."

Im November lag dem ADAC zufolge der Durchschnittspreis für Diesel in Bayern mit 1,43 1 Euro um 24 Cent höher als ein Jahr zuvor, bei Super E10 waren es mit 1,52 6 Euro 16 Cent mehr als im November 2017. Zur gleichen Zeit sank der Mineralölpreis auf dem Weltmarkt auf einen Jahrestiefststand. Sven Bauer bezweifelt deshalb stark, dass die Kraftstoffpreise wegen der Probleme beim Schiffsverkehr so gestiegen sind. "In anderen Ländern ist's ja auch nicht teurer geworden. Diese Schwankungen finde ich immer komisch - das sind ja oft zehn Cent am Tag."

Das Klagelied der Kunden

Oliver Koch ist Chef der Bavaria am Berliner Ring in Bamberg und hat in Schweinfurt und Hirschaid Aral-Tankstellen gepachtet. Er kennt das Klagelied der Kunden. "Vermutet wird da viel, der Spritpreis ist ein emotionales Thema. Aber unsere Infrastruktur und die Preise lassen sich nicht mit anderen Ländern vergleichen." Österreich hat beispielsweise eine Ölpipeline und andere Transportwege; auch Maut und Besteuerung sind anders. Letztlich sei es wie bei jedem Produkt: "Angebot und Nachfrage regeln den Preis."

Folgen der Sommerdürre

Und das Angebot war in Franken zuletzt knapp, wie Alexander von Gersdorff vom Verband der Mineralölwirtschaft in Berlin erklärt. Zum einen konnten die großen Tanklastschiffe vom Ölzentrum Rotterdam weniger Diesel und Benzin in Richtung Bayern transportieren, zum anderen gab es den Teilausfall einer Raffinerie bei Ingolstadt. Inzwischen habe sich die Lage entspannt. "Es werden keine außergewöhnlichen Tankstellen-Leerstände mehr gemeldet und der Preis ist kräftig gefallen."

Was den Pächtern bleibt

Elisabeth Pinzel steht hinter der Kasse der Avia in der Bamberger Moosstraße. Seit zwölf Jahren hat sie die Tankstelle gepachtet. Ein junger Mann kommt herein: "Nummer 4 mit Karte." Er zahlt 20 Euro für 14 Liter - und ist entsetzt, als Elisabeth Pinzel sagt, dass ihr davon 14 Cent bleiben. "Die Leute denken: Wunder was wir verdienen", sagt die 57-Jährige. "Aber wir bekommen immer einen Cent Provision pro Liter - egal ob Super oder Diesel, egal ob der Sprit teuer ist oder billig."

Viele Tankstellen leben von ihrem Shop

Oliver Koch von der Bavaria, die ein paar Hundert Meter und eine Abbiegung entfernt liegt, findet, die Kollegin werde da vergleichsweise gut bezahlt. "Viele glauben, wenn der Preis steigt, verdienen wir mehr", sagt der 52-Jährige. In gewisser Hinsicht stimmt das - aber nicht, weil dem Pächter mehr vom Benzinpreis bleibt, sondern weil die Leute bei hohen Preisen weniger tanken. Dann kommen sie öfter. In seinen Aral-Tankstellen macht Koch etwa zwei Drittel des Umsatzes mit "Convenience-Produkten".

Sven Bauer, der gerade seinen Diesel voll getankt hat, deutet auf die Regale. Hier findet sich alles vom fränkischen Landbier bis zum Last-Minute-Weihnachtsgeschenk. "Damit machen die ihr Geld", sagt er. "Beim Sprit kassiert doch das Meiste der Staat. Der Bürger wird gemolken." Bauer gibt dem Pächter auch nicht die Schuld an den Preisschwankungen. Oliver Koch erklärt, dass er nicht einmal weiß, wann und wie sich der Spritpreis ändert. Ein paar Minuten vorher spuckt die Kasse einen Zettel aus, dann werden die Preis-Tafeln automatisch umgestellt. "Das entscheidet die Muttergesellschaft", sagt Koch.

ADAC: "Die Konzerne haben Luft"

"Die Spritpreisgestaltung kann man kaum beeinflussen", erklärt Wolfgang Lieberth, Verkehrsexperte des ADAC Nordbayern in Nürnberg. "Aber es ist bekannt, dass die Konzerne deutlich Luft haben, die Preise anzugleichen. Anders wären auch die Schwankungen im Laufe eines Tages nicht realisierbar." Im Pendlerverkehr wird am meisten kassiert. Die besten Zeiten zum Tanken sind dem ADAC zufolge zwischen 15 und 17 Uhr sowie 19 und 22 Uhr. Lieberth geht nicht davon aus, dass die Preise über die Feiertage steigen, denn derzeit entspannen sie sich eher und auch vor den Sommerferien änderte sich das Preisniveau nicht.

Seit vor gut fünf Jahren die "Markttransparenzstelle" geschaffen wurde, sind die Preise gut vergleichbar. Beispielsweise mit der App des ADAC oder Vergleichsportalen wie dem im mittelfränkischen Heroldsberg ansässigen Verbraucherinformationsdienstes clever-tanken.de. Allerdings stellt der ADAC fest, dass sich der Markt in den letzten Jahren immer mehr differenziert. Uhrzeit, "regionale Teilmärkte", also die Konkurrenzsituation im näheren Umkreis, aber auch größere Zusammenhänge wie Niederschläge und Pegelstand der Flüsse machen die Einzelpreise schwer nachvollziehbar.

Der Sonderpreis

"Die Leute wissen gar nicht mehr, ob 1,50 aktuell billig oder teuer ist, weil die Konzerne ihre Preise ständig ändern", sagt Thomas Dütsch. Seine Eltern eröffneten 1954 die kleine Tanke in Mürsbach (Kreis Bamberg), und Dütsch ist zufrieden, dass er bei seiner Freien Tankstelle die Preise gestalten kann, wie's ihm gefällt: Ihm gefällt's auf 0,4 Cent genau. Morgens um acht Uhr kostete Super E10 hier 1,37 4 Euro - zehn Stunden später war der Preis genauso.

Dütsch kann keinen Riesenapparat mit Konkurrenzanalysen beschäftigen. "Bei uns bleibt der Preis ziemlich lange gleich", sagt er. Aber mit der 0,4-Cent-Strategie ist er oft einen halben Cent günstiger als die anderen. "Und dann stehen wir bei den Vergleichsportalen ganz oben."