Wer ist in der Königsklasse dabei?
Autor: Klaus Groh
Bamberg, Mittwoch, 25. November 2015
Die deutschen Klubs sind im Streit zwischen Euroleague und Fiba derzeit nur in der Beobachterrolle. Wo der Weg hingeht, ist nach Meinung von Rolf Beyer völlig offen.
Der europäische Vereins-Basketball steht vor einer grundlegenden Reform, bei der die deutschen Spitzenteams die großen Verlierer sein könnten. In den vergangenen Jahren gingen immer zwei deutsche Mannschaften in der Königsklasse, der Euroleague, an den Start. Ab der neuen Saison wird das wohl nicht mehr der Fall sein - es ist nicht einmal sicher, ob der deutsche Meister überhaupt im Konzert der Großen dabei sein wird.
Die Euroleague hat mit ihren elf A-Lizenz-Klubs, die unabhängig vom Abschneiden in den nationalen Ligen einen Startplatz sicher haben, beschlossen, von der kommenden Saison nur noch mit 16 anstatt der bisherigen 24 Mannschaften zu spielen. Diese Regelung sieht zudem eine Ausweitung der Vorrunde auf 30 Spiele pro Verein vor. Zur Finanzierung dieses Mammutprogramms wurde ein Zehnjahresvertrag mit dem Vermarkter IMG abgeschlossen.
Die Euroleague reagierte mit diesem Konzept auf das Bestreben des europäischen Ablegers des Weltverbandes Fiba, die Klub-Wettbewerbe wieder selbst ausrichten zu wollen. Die Fiba hatte zuvor versucht, die Topklubs auf ihre Seite zu ziehen und eine Champions League - vergleichbar mit dem Fußball - einzuführen. Das Format ist das Gleiche - wobei allerdings nur acht Mannschaften gesetzt sind. "Wenn man nach Emotionen fragt, müsste man sagen, jetzt hat man uns im Sandkasten unser Förmchen weggenommen. Der deutsche Meister ist nicht mehr automatisch dabei. Das ist so eine spontane Reaktion, die man zeigen kann. Aber das ist Quatsch", kommentierte der Geschäftsführer der Brose Baskets, Rolf Beyer, die Pläne und ergänzt: "Die Euroleague ist eine Organisation, die den europäischen Spitzen-Vereins-Basketball regelt und durchführt. Das ist, ganz nüchtern gesehen, ein gut funktionierender Wirtschaftsbetrieb, der die stärksten Marken unter seinem Dach vereinigen will."
Harter Kampf um die Plätze
Euroleague-Boss Jordi Bertomeu hat bei der Präsentation des Final Fours, das im Mai nächsten Jahres in Berlin stattfindet, angedeutet, dass der deutsche Meister wohl eine Wildcard für den neuen Wettbewerb bekomme. Doch Beyer warnt: "Da dürfen wir uns jetzt nicht einfach zurücklehnen und in unserer deutschen Überheblichkeit - in Anführungszeichen - sagen, wir sind eh dabei." Denn es gibt zahlreiche Kandidaten, die Ambitionen hegen, in diesem elitären Kreis dabei sein zu wollen. "Rein technisch ist da so viel Musik drin. Mit dem Eurocup-Champion sind wir schon bei zwölf. Dann kommt ein Qualifikant aus einem Turnier mit acht Teams dazu. Das ist die Nummer 13. Dogus ist Sponsor von Darussafaka Istanbul, aber auch der Euroleague. Der Verein hat aber keine A-Lizenz. Meine persönliche Einschätzung ist, dass die Mannschaft in der Euroleague stattfindet. Dann ist schon der 14. Spot besetzt. Darüber hinaus bestehen Interessen einer französischen Liga oder der Adria-Liga. Roter Stern Belgrad hat eine Halle mit 20 000 Plätzen. Ich weiß nicht, ob Jordi Bertomeu auf so eine Atmosphäre verzichten will. Zusätzlich ergeben sich Interessen russischer Klubs wie Khimki oder Kuban, aber auch in Griechenland, der Türkei und Spanien. Es gibt 16 Plätze, von denen also 14 schon fast fix sein könnten, und wir haben mindestens acht oder neun Bewerber, die um die verbleibenden zwei Plätze buhlen", sieht der Brose-Geschäftsführer einen harten Wettkampf.Beyer, der auch Vizepräsident der deutschen BBL-Arbeitsgemeinschaft ist, weiß aber auch, dass es der Liga schwer fallen wird, Termine für die 30 zusätzlichen Partien in der europäischen Königsklasse während der Bundesliga-Hauptrunde zu finden. "Das stellt uns als BBL schon vor die eine oder andere Frage, wie kriegt man das unter einen Hut. Mit einem gewissen Abstand muss man das aber auch nüchtern betrachten. Die Fiba hätte auch nichts anderes gemacht. Wir werden das als BBL genau analysieren", betont Beyer.
Er sieht es als offen an, ob sich die Basketball-Bundesliga-Klubs für das Euroleague- oder für das Fiba-Konzept entscheiden. "Wir sind jetzt als BBL im ersten Schritt Betrachter dieser Situation. Beide Seiten haben Fakten geschaffen, aber es ist noch nicht klar, wie und mit wem beispielsweise ein Fiba-Wettbewerb ablaufen soll, nachdem die Euroleague am 9. November mit vielen A-Lizenz-Klubs klare Bindungsvereinbarungen getroffen hat. Ich gehe davon aus, die Fiba wird nicht sofort klein beigeben. Wir als BBL haben momentan beide Dinge vor uns liegen und werden uns damit auseinandersetzen", so Rolf Beyer, der am Donnerstag seinen 44. Geburtstag feiert, zur "offenen Gemengelage".
Egal, in welche Richtung es geht, muss die BBL auch darüber nachdenken, ihre Liga mit 18 Klubs zu reduzieren, zumal in der Saison 2017/18 von der Fiba zwei Zeitfenster im November und Februar für Spiele der Nationalmannschaft gefordert werden. "Idealer Weise schaffen wir eine gemeinsame Position der BBL - das ist logisch. Aber am Ende stehen auch finanzielle Interessen der Klubs oder der Liga dahinter. Das sind alles Dinge, die sich eventuell aushebeln, die sich bedingen. Es geht um Stärke, finanzielle Anreize, es geht um die Nationalmannschafts-Zeitfenster der Fiba. Es geht um so viele Aspekte, die man nicht außer Acht lassen kann. Das ist ein extrem interessantes sportpolitisches Thema, von dem wir alle ein Teil sind", beurteilt Beyer die Lage.