Druckartikel: "Schnell, aggressiv und smart"

"Schnell, aggressiv und smart"


Autor: Peter Seidel

Bamberg, Montag, 20. August 2018

Beim Trainingsauftakt von Brose Bamberg spricht der neue Chefcoach Ainars Bagatskis über den Stil, wie sein Team spielen soll.
Chefcoach Ainars Bagatskis (M.) spricht mit Individualtrainer Stefan Weißenböck; vorne Brose-Kapitän Nikos Zisis  Fotos: Daniel Löb


Das erste Training überlässt der neue Chefcoach seinen Assistenten. Stefan Weißenböck und Marcelo Nicola leiten am Montagvormittag in der Strullendorfer Trainingshalle die Pass-, Dribbel- und Wurfübungen der Bamberger Brose-Basketballer, während Ainars Bagatskis ruhig an der Seitenlinie steht und zusieht. Erst am Ende des Trainings ruft der 51-jährige Lette das Team zusammen, richtet einige Worte an seine Mannschaft und beendet damit die erste von insgesamt 26 Trainingseinheiten, mit denen sich der neunfache deutsche Basketball-Meister auf die am 29. September beginnende Bundesligasaison vorbereitet.

Neugierig auf den neuen Coach und die neuen Spieler waren nicht nur die geladenen Pressevertreter. Die gesamte Führungsriege des Vereins mit Aufsichtsratsvorsitzendem Michael Stoschek, Geschäftsführer Rolf Beyer, Sportdirektor Ginas Rutkauskas und Vereinspräsident Norbert Sieben verfolgte ebenfalls den Trainingsauftakt. Nach der enttäuschenden vergangenen Saison herrscht nun wieder Aufbruchstimmung beim einstigen Serienmeister, der sich künftig in der Rolle des Jägers statt in der des Gejagten sieht.

Bagatskis soll dafür sorgen, dass die Bamberger Korbjäger weiterhin eine führende Rolle im deutschen Basketball einnehmen und eine Dominanz der Münchner Bayern verhindern. Von Titeln will der neue Chefcoach aber nicht reden. "Ich verspreche keine Meisterschaften, aber ich verspreche harte und professionelle Arbeit. Wir wollen schnell, aggressiv und smart spielen. Wir müssen so schnell wie möglich unsere Teamidentität finden. Ich möchte nicht, dass unsere Mannschaft so spielt wie andere. Wir werden spielen wie Brose Bamberg", beschreibt der ehemalige lettische Nationaltrainer den Basketball-Stil, den er seinem künftigen Team verordnen will.

 

Talent der Spieler nutzen

Konkret heißt das für Bagatskis, der bei Brose einen Vertrag bis 2020 unterschrieben hat: "Basketball ist ohne Defensive nicht möglich, das ist das Wichtigste. Aus ihr entwickelt sich die Offensive, und im Angriff will ich das Talent meiner Spieler nutzen. Daher gilt es, die richtige Balance zu finden. Alleine mit der Offensive kannst du kein Spiel gewinnen, und nur mit Abwehr auch nicht."

Vier Wochen hat Bagatskis nun Zeit, den Spielern seine Basketball-Philosophie näherzubringen, ehe es mit dem ersten Saisonspiel in Würzburg ernst wird. Beim Trainingsauftakt hatte der Coach fast sein gesamtes Team beisammen. Lediglich Neuzugang Tyrese Rice fehlte. Der Aufbauspieler stößt erst am Donnerstag zur Mannschaft, weil er in diesen Tagen noch bei der Hochzeit seines besten Freundes zu Gast ist. Dies hatte sich der US-Amerikaner im Vertrag mit Brose zusichern lassen.

Während der Saisonvorbereitung trainieren auch drei Juniorennationalspieler mit den Bundesliga-Profis: Kay Bruhnke, Marvin Heckel und der Este Kristian Kullamäe. Das Trio ist wie der Australier William McDowell-White, der zwischen den Brose-Basketballern und dem Farmteam Baunach Young Pikes in der 2. Liga ProA hin- und herpendeln wird, mit einer Doppellizenz ausgestattet.

Während die Nachwuchsspieler nach dem Ende des ersten Trainings schnell unter die Dusche verschwinden, sind die Neuzugänge in der folgenden Interviewrunde gefragte Gesprächspartner - wie auch der neue Coach. "Eigentlich möchte ich nicht über mich selbst sprechen. Grundsätzlich bin ich jemand, der sich nicht verstellt. Wenn ich sauer bin, dann aus einem guten Grund. Aber ich bin kein schlechter Kerl", sagt Bagatskis lachend.

Mit seiner besonnenen Art erinnert der Lette wesentlich mehr an seinen unmittelbaren Vorgänger Luca Banchi als an den temperamentvollen Andrea Trinchieri. Doch die italienische Ära bei Brose Bamberg ist nun Geschichte. Mit Bagatskis und Sportdirektor Rutkauskas gibt nun ein baltisches Duo die Richtung vor.

 

Stimmen von Spielern

Arnoldas Kulboka (litauisches Talent, Rückkehrer): "Italien war eine großartige Erfahrung. Dort habe ich in der italienischen ersten Liga und in der Champions League viel gelernt. Ich hatte eine große Rolle, bekam fast 30 Minuten Spielzeit pro Partie, das war richtig gut. Ich habe auch an Muskelmasse zugelegt, muss aber weiter daran arbeiten. Mein Agent, die Teamverantwortlichen und ich sind der Meinung, dass ich weiter in Europa spielen, mehr Erfahrung sammeln und reifen soll. Dann werden wir sehen, was die Charlotte Hornets mit mir vorhaben. In Bamberg werde ich nicht so viele Minuten bekommen wie in Italien, aber ich möchte spielen und dem Team etwas geben, damit wir gewinnen und den Titel holen. Über meine Rolle zu sprechen, ist derzeit noch zu früh." us Stevan Jelovac (serbischer Nationalspieler): "Deutschland ist nun mein sechstes Land außerhalb von Serbien, in dem ich spiele. Die große Chance, beim besten deutschen Klub der letzten Jahre zu spielen, wollte ich nicht verpassen, deshalb bin ich nach Bamberg. Von der Stadt habe ich seit meiner Ankunft am Freitagnachmittag noch nicht viel gesehen, aber seit ich mit Saragossa hier gespielt habe, weiß ich, dass die Stadt nicht so groß ist, aber die Leute und die Stadt voll auf Basketball fokussiert sind. Zisis ist der Anführer von einem sehr talentierten Team. Wenn wir eine gute Teamchemie hinbekommen und fleißig trainieren, haben wir eine gute Chance, mit den Spielern, die noch dazukommen, eine erfolgreiche Saison zu bestreiten." us Maurice Stuckey (Rückkehrer aus Würzburg): "Das Angebot aus Bamberg hörte sich natürlich verlockend an. Da gab es nicht viel zu überlegen, denn es ist für mich die Möglichkeit, den nächsten Schritt zu gehen. Es hat sich hier einiges verändert, in der Zeit, in der ich weg war, ich habe mich auch verändert. Ich hoffe, dass wir erfolgreich sind. Ich bin ruhiger geworden, einfach ein bisschen erwachsener, selbstbewusster, konstanter. Ich will dem Team viel Energie geben. Ich liebe es zu verteidigen, hoffe, dass ich meine Teamkollegen gut in Szene setzen kann und meinen Wurf von der Dreierlinie noch konstanter hinbekomme. International spielen zu können, ist für mich eine große Herausforderung. Besonders freue ich mich auf die Stimmung in der Halle." kg Patrick Heckmann (nach Verletzung wieder dabei): "Ich war letzte Saison auf Grund der Verletzung ein halbes Jahr raus und freue mich, jetzt wieder in der Halle zu stehen. Meiner Schulter geht's gut, ich habe keine Beschwerden mehr. Hier und da spürt man noch einen Muskel, der etwas anders machen will. Aber ich bin voll belastbar. Die Marschroute lautet, mit viel Leidenschaft und Herz zu spielen. Die, die länger da sind, wie Nikos Zisis und Elias Harris, müssen den Jungs zeigen, was es ausmacht, in Bamberg zu spielen, was wir den Fans zurückgeben müssen. Wir müssen uns erst einmal als Mannschaft und jeder seine Rolle finden. Wir brauchen uns auf jeden Fall vor keinem zu verstecken. Wir wollen unsere Chancen sowohl in der Bundesliga als auch in der Champions League nutzen." kg Cliff Alexander (athletischer Neuzugang aus den USA): "Ich will vor allem meine Athletik ins Spiel einbringen, meine Fähigkeiten rund um den Korb. Ich kann aus der Halbdistanz werfen, rebounden und unter dem Korb aufräumen, das sind meine Stärken, die ich auch hier in Bamberg einsetzen werde. Meine Armspannweite beträgt 2,22 Meter, das hilft mir beim Rebound und in der Verteidigung enorm. Ich möchte mit der Mannschaft auf jeden Fall die Play-offs erreichen, wenn möglich die Meisterschaft. Ich bringe eine Gewinner-Mentalität mit. Der Trainer hat mich bei der Summer League angesprochen und mich überzeugt, hierher zu kommen. Ich habe in den sozialen Medien viel von Freak City gehört und freue mich schon auf die Stimmung in der Halle." kg