Rolf Beyer vor dem Play-off-Start: "Wir fangen wieder bei Null an"
Autor: Klaus Groh
Bamberg, Mittwoch, 04. Mai 2016
Für die Brose Baskets zählt nur die Titelverteidigung. Im Viertelfinal-Duell mit den Würzburgern gilt der Hauptrunden-Erste als haushoher Favorit.
Freak City ist im Play-off-Fieber. Am Sonntag (20.30 Uhr) steigt das erste Viertelfinal-Duell zwischen den Brose Baskets und dem Nachbarn aus Würzburg in der Brose Arena. Gespielt wird nach dem Modus "best of five" - das heißt, wer zuerst drei Siege auf dem Konto hat, zieht ins Halbfinale ein. Für den souveränen Hauptrunden-Sieger aus Bamberg zählt nur die Titelverteidigung. Doch bereits im Halbfinale kommt es voraussichtlich zur Neuauflage der letztjährigen Endspielserie gegen Bayern München - vorausgesetzt der deutsche Meister und der Vize überspringen die Viertelfinal-Hürden gegen Würzburg beziehungsweise Ludwigsburg. Vor dem Start in die fünfte Jahreszeit im Basketball-verrückten Bamberg stand Brose-Baskets-Geschäftsführer Rolf Beyer Rede und Antwort.
Sieht man einmal vom Pokal-Aus im Halbfinale ab, gibt es nach der begeisternden Euroleague-Saison und den souveränen Auftritten in der Bundesliga bisher nicht viel zu kritisieren. Mit welchem Gefühl gehen Sie in die Play-offs?
Rolf Beyer: Ich zögere jetzt ein bisschen, denn man lässt sich durchaus von Gefühlen leiten. Wenn man ein paar Dinge herausheben will, ist die Euroleague-Kampagne sicher ein großer Meilenstein für unsere Organisation, die sich kräftig weiterentwickelt hat. Die Mannschaft hat sich toll präsentiert. Wir konnten den Kern des Teams sehr sinnvoll ergänzen und haben insofern sehr viel richtig gemacht. In der Rückschau ist es für unseren Club nicht so schlimm, dass wir nicht im Euroleague-Viertelfinale gelandet sind. Natürlich streben wir nach sportlichem Erfolg, aber wir wissen auch, was es bedeutet hätte, im April noch eine Play-off-Serie zu spielen. Das Pokal-Aus war nicht ernüchternd. Es war durchaus im Bereich des Möglichen gegen einen so starken Gegner wie den FC Bayern München in dessen eigenen Halle. Zufrieden waren wir natürlich trotzdem nicht. Aber es hat uns ein Stück weit geholfen zu sehen, wo wir stehen und wo wir uns verbessern müssen. Insofern gehe ich mit einem guten Gefühl in die Play-offs. Allerdings: Wir fangen jetzt wieder bei Null an. Es ist eine ganz andere Phase. Wir merken schon, dass uns die Doppelbelastung von Euroleague und Bundesliga viel Substanz gekostet hat. Wir haben bereits mehr als 60 Spiele absolviert. Deshalb nutzen wir diese Woche zur Regeneration und bereiten uns gezielt auf die Play-off-Serie vor. Jetzt kommt die heiße Zeit des Jahres.
Kann den Brose Baskets - mit Ausnahme von Bayern München - eine Mannschaft in einer Play-off-Serie den Titel streitig machen?
Es gibt so viele Stimmen, die sagen, eigentlich können wir uns nur selbst schlagen. Damit tue ich mir schwer. Ich glaube schon, dass wir als Mannschaft mit unserem Trainerstab und dem Sportdirektor über eine sehr stabile Organisation verfügen, die über eine Serie hinweg bestehen kann. Davon bin ich überzeugt. Wir sehen aber auch, was Psychologie im Sport bewirken kann. Es wird definitiv schwer. Frankfurt hat durch den Gewinn des FIBA Europe Cups weiteren Rückenwind bekommen. Mit den Mitteln, die die Fraport Skyliners haben, spielen sie eine Riesen-Saison. Gordon Herbert macht einen tollen Job. Auch Oldenburg schwimmt auf einer Welle der Euphorie - gerade durch den Sieg zum Hauptrundenabschluss über den FC Bayern München, mit dem sie sich den zweiten Platz sicherten. Es gibt also schon Gegner, die man berücksichtigen muss. Auch die Bayern werden nach der Niederlage in Oldenburg nochmals richtig die Zähne zeigen. Ich glaube, wir können uns auf harte Play-offs freuen. Alba Berlin ist für mich das Team, das aus der unteren Hälfte des Play-off-Feldes am ehesten ein Wörtchen mitsprechen könnte. Die Mannschaft besitzt so viel Potenzial, aber - das hat man am Freitag gegen uns gesehen -, sie funktioniert nicht richtig. Die Berliner haben aber eine ganze Reihe von Einzelkönnern. Das ist ein ganz gefährlicher Gegner, der durchaus explodieren kann - wie er es beim Pokalsieg bereits bewiesen hat.
Im Viertelfinale gibt es mindestens drei Frankenderbys gegen Würzburg. Wie schätzen Sie den Aufsteiger, der nicht ganz überraschend den Sprung in die Play-offs schaffte, ein?
Ich glaube, die Würzburger haben sich andere Ziele gesteckt, als nach dem Aufstieg gleich oben mitzumischen. Sie spielten in der ersten Saisonhälfte sehr solide. Jetzt zum Schluss ist die Luft ein wenig dünner geworden. Der Mannschaft, so hat es den Eindruck, geht es ein bisschen an die Substanz. Aber auch da gilt: Es ist ein Derby, die Würzburger werden sich reinhauen. In der Turnhölle wird eine brandheiße Atmosphäre auf uns warten. Da kann in so einer Serie durchaus etwas passieren, das wir nicht auf der Rechnung haben. Ich freue mich auf dieses Frankenderby - genauso, wie ich mich auf Gießen gefreut hätte, noch einmal Karsten Tadda oder Gabe Olaseni in der Halle zu haben. Wir müssen uns akribisch vorbereiten, haben aber in der Saison gezeigt, dass diese Aufgabe machbar ist.
Kommentar
"Bamore" - das Basketball-Herz schlägt im verrückten Bamberg
Das bisher Erreichte zählt nicht mehr - vor dem Play-off-Start werden die Karten neu gemischt. Die Tatsache, dass sich die Brose Baskets - trotz der Doppelbelastung in zahllosen englischen Wochen über sieben Monate hinweg - kaum einmal eine Blöße in der Bundesliga gaben, lässt darauf schließen, dass spätestens am 19. Juni in Freak City wieder einmal eine große Party gefeiert wird.
Die Heimstärke, die Konstanz und die mannschaftliche Geschlossenheit sprechen dafür, dass die Bamberger zum achten Mal in den vergangenen zwölf Jahren den deutschen Titel holen. In dieser Saison ist es bisher nur ZSKA Moskau gelungen, das Parkett der Frankenhölle als Sieger zu verlassen. Neben allen nationalen Konkurrenten mussten auch zahlreiche europäische Schwergewichte in Bamberg die Waffen strecken. Und mit der Roten Wand im Rücken sollte die italienisch angehauchte Play-off-Kampagne "Bamore" auch im Halbfinale gegen die Bayern ein Erfolg werden.
Viertelfinale beginnt am Sonntag in Bamberg
Das Play-off-Viertelfinale im Modus "best of five" beginnt für die fränkischen Rivalen aus Bamberg und Würzburg am Sonntag, 8. Mai, um 20.30 Uhr mit Spiel 1 in der Bamberger Brose Arena. Spiel 2 findet am Donnerstag, 12. Mai, um 20 Uhr in der s.Oliver Arena statt, Spiel 3 am Sonntag, 15. Mai, um 17 Uhr wieder in Bamberg. Sollte die Serie dann noch nicht entschieden sein, steigt das vierte Spiel am Dienstag, 17. Mai, in Würzburg. Kommt es zum Showdown, würde dieser am Donnerstag, 19. Mai, in der Frankenhölle über die Bühne gehen. Die Halbfinalserie beginnt am Wochenende 21./22. Mai, das erste Endspiel steigt am Sonntag, 5. Juni. Spätestens zwei Wochen später, am Sonntag, 19. Juni, steht fest, wer die Meistertrophäe in die Höhe stemmen darf.
Zwei fränkische Arenen immer ausverkauft
Die Zuschauerzahlen in der Bundesliga befinden sich auf einem stabil hohen Niveau. Mit durchschnittlich 4408 Besuchern (1 348 842 absolut) wurde der drittbeste Wert in der Liga-Geschichte nach Abschluss der Hauptrunde erzielt. In der vergangenen Spielzeit sahen 1 355 923 Besucher die 306 Begegnungen - dies entspricht einem Schnitt von 4431. Die aktuelle Auslastungsquote liegt bei 85,0 Prozent - wobei die Arenen in Bamberg, Ulm und Würzburg 17 Mal ausverkauft meldeten. Die meisten Fans lockte erneut Alba Berlin in die Halle: Insgesamt 171 599 Zuschauer (10 094 im Schnitt) sahen die 17 Heimspiele in der Mercedes-Benz-Arena, die 14 500 Fans Platz bietet. Auf den Plätzen 2, 3 und 4 mit ebenfalls über 100 000 Zuschauern folgen die Brose Baskets (115 600/6800), ratiopharm ulm (105 400/6200) und Bayern München (100 109/5889). In die Würzburger Arena kamen 53 380 Fans (Platz 12/Schnitt 3140), in Bayreuth waren es 51 772 Anhänger (14./3045).
Zweitbeste Bamberger Bilanz nach 2010/11
Die Brose Baskets beendeten die Hauptrunde mit acht Punkten Vorsprung vor den EWE Baskets Oldenburg souverän auf dem ersten Platz. In den 34 Partien gab es nur drei Auswärtsniederlagen in Gießen, Frankfurt und Oldenburg. Eine bessere Bilanz hatten die Bamberger nur in der Saison 2010/11, als Peja Suput, Casey Jacobsen, Brian Roberts und Co. von den 34 Begegnungen nur zwei verloren.
Im Schnitt mit 19,3 Punkten gewonnen
Die Bamberger gewannen im Schnitt mit einer Differenz von 19,3 Punkten - auch das ist Liga-Spitze. Am nächsten kam dem siebenmaligen Titelträger das mit 91,1 Punkten offensivstärkste Team vom FC Bayern München (Differenz 13,3). Die Brose Baskets rangieren mit ihren durchschnittlich erzielten 89,8 Punkten auf dem zweiten Platz. Auch in der Defensiv-Statistik sind die Bamberger mit 70,5 kassierten Zählern Zweiter. Die beste Abwehr stellen die Skyliners Frankfurt, die nur 68,2 Zähler zugelassen haben. Im Vergleich mit den Brose Baskets gelangen ihnen in der Offensive zehn Punkte weniger.