Am Ende setzte er zum entscheidenden K.o.-Schlag an. 25 Sekunden waren in der Verlängerung noch zu spielen, als Marco Belinelli den Dreier zum 87:82 einnetzte - die Entscheidung. Der 29-jährige Shooting Guard, der mit den San Antonio Spurs 2014 NBA-Champion wurde und dort wegen seiner Ähnlichkeit mit dem boxenden Filmhelden den Spitznamen "Rocky" verpasst bekam, war über 20 Minuten nicht zu sehen, ehe er die Deutschen fast alleine besiegte.
Sieg über Spanien ist Pflicht
Eine kleine Hoffnung besteht noch für die deutsche Basketball-Nationalmannschaft, die Endrunde der Europameisterschaft in Lille zu erreichen. Nach der 82:89 (42:42, 76:76)-Niederlage am Mittwochabend, der dritten im vierten Spiel der Vorrundengruppe B in Berlin, muss am Donnerstagabend (17.45 Uhr, live in der ARD) Spanien geschlagen werden, das erst zwei Siege (ein Erfolg gegen Island am späten Mittwochabend vorausgesetzt) auf dem Konto hat. Das dominierende Team in Europa des vergangenen Jahrzehnts wäre dann ausgeschieden, Deutschland aufgrund des besseren direkten Vergleichs mit den Iberern als Gruppenvierter in der Endrunde.
Die Italiener, die heute (14.30 Uhr) mit einem Sieg über Serbien sich sogar noch den Gruppensieg sichern können, knüpften nur phasenweise an ihre Galavorstellung vom Dienstagabend an, als sie Spanien mit 105:98 entzauberten. Die italienischen NBA-Stars Danilo Gallinari (Denver Nuggets, 25 Punkte), Andrea Bargnani (New York Knicks, 17) und Marco Belinelli (Sacramento Kings, 17) hatten aber am Ende mehr zuzusetzen als das deutsche NBA-Trio Dirk Nowitzki (14), Dennis Schröder (29) und Tibor Pleiß (10).
Prophet Andrea Trinchieri
Andrea Trinchieri, Trainer vom deutschen Meister Bamberg, der seine beiden Schützlinge, Karsten Tadda und Neuzugang Nicolo Melli, live beobachtete, prophezeite vor dem Spiel: "Es ist nicht leicht, eine solche Leistung wie sie Italien gegen Spanien gezeigt haben, am nächsten Abend zu wiederholen." Der Italiener, der sich keinen Tipp über den Sieger der Partie entlocken ließ, hatte Recht. Die Azzurri warfen aufgrund der bissigen deutschen Verteidigung bei weitem nicht so gut, wie am Vortag.
Tadda beginnt stark
Tadda begann die Partie überraschend, um Belinelli auszuschalten; was ihm auch gelang. Der Italiener hatte den Spaniern am Vorabend 27 Punkte (sieben Dreier) eingeschenkt. Mit Benzing, der erstmals in der Startformation spielte, und Nowitzki für Pleiß auf der Centerposition gelang dem deutschen Team ein toller Start. Nach Taddas Punkten drei und vier zum 11:5 sah sich Italiens Coach Simone Pianigiani zu einer Auszeit gezwungen. "Tadda hat uns in der Anfangszeit sehr geprägt", sagte der Bundestrainer.
Zur Pause unentschieden
Schröder erlaubte sich zwar wieder einige Ballverluste (insgesamt sechs), punktete aber konstant und sorgte mit Paul Zipser erstmals für eine Acht-Punkte-Führung (15:8), die auch bis zum Viertelende nahezu konstant blieb (22:17). Alessandro Gentile (am Ende 15 Punkte) führte sein Team auf 26:27 heran. Und der von der Bank kommende Pietro Aradori ließ zwei Dreier in den Korb der Deutschen rauschen. "Die beiden haben uns im zweiten Viertel weh getan", sagte Fleming zur Pause. Mit der Sirene glich Italiens Daniel Hackett zum 42:42 aus.
Nowitzki lässt die Halle beben
Mit der gleichen Formation wie zu Beginn, aber mit einer Zonenverteidigung, begann Fleming die zweite Hälfte. Belinelli erzielte in der 23. Minute per Freiwurf seinen ersten Punkt. Die Deutschen ackerten und glänzten teilweise. Nowitzki baute den Vorsprung erstmals auf zehn Zähler aus (53:43) - die erneut mit 13 050 Zuschauern ausverkaufte Arena tobte. Doch Italien kam mit dem überragenden Gallinari, der insgesamt zwölf Fouls zog, heran. Fünf Minuten vor dem Ende setzte "Rocky" zum ersten "Haken" an und brachte sein Team per Dreier erstmals wieder in Führung (69:68). Doch der immer wieder blitzschnell - wenn auch nicht immer erfolgreich - zum Korb ziehende Schröder brachte sein Team 27 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit mit 75:72 nach vorn.
Flemings Entscheidung zu foulen
Coach Fleming entschied sich, den Gegner an die Freiwurflinie zu schicken: "Italien ist das am besten von außen werfende Team, die Entscheidung war für mich klar, dass wir den Dreier verhindern wollten." Anders sah das im ARD-Interview sein Schützling Schröder: "Ich hätte nicht gefoult, sondern verteidigt." Der 21-Jährige wurde, nachdem Gentile von der Freiwurflinie auf 74:75 verkürzt hatte, ebenfalls gefoult. Schröder traf nur einmal, und im Gegenzug glich Gallinari mit einem Halbdistanzwurf aus. Die letzte Siegchance vergab Schröder - er verlegte einen schwierigen Korbleger.
Zu viele Fehler in der Verlängerung
In der Verlängerung hielt Deutschland trotz zweier Ballverluste Schröders bis zum 82:82 mit. 62 Sekunden waren da noch auf der Uhr. Gallinari traf erneut zum 84:82 für Italien. Der tragische Held Schröder wurde beim Zug zum Korb gefällt, aber es ertönte kein Foulpfiff. Bis der Spielmacher in die Abwehr gehumpelt war, hatte "Rocky" schon zum K.o.-Schlag ausgeholt.