Nur ein Bundesliga-Quartett startet in Europa
Autor: Udo Schilling
Bamberg, Mittwoch, 15. Juli 2020
Die Angst geht in der Basketball-Bundesliga um, finanziellen Schiffbruch zu erleiden. In Südeuropa dagegen nehmen viele Vereine an den europäischen Klubwettbewerben teil - eine Ursachenforschung.
Die Ansage, dass die Basketball-Bundesliga im Jahr 2020 die stärkste Liga in Europa sein will, wird stets mit dem früheren BBL-Geschäftsführer Jan Pommer in Verbindung gebracht. Dieses Ziel wurde im November 2011 gesetzt. Knapp neun Jahre später sieht die Entwicklung in Deutschland eher düster aus.
Allein das Abschneiden in der vergangenen Saison in den europäischen Wettbewerben wirft kein gutes Licht auf die deutschen Klubs, die die BBL repräsentieren. München und Berlin lagen bei Abbruch der "Königsklasse", der Euroleague, auf Rang 17 bzw. 16 der 18er-Tabelle. Im zweitklassigen Eurocup schieden Ulm nach der Vorrunde und Oldenburg in der Top-16-Runde aus. In der Basketball-Champions-League (BCL), gemeinhin als qualitativ drittstärkster Wettbewerb bekannt, erreichte lediglich Bonn das Achtelfinale. Für Bamberg und Vechta war nach der Vorrunde Schluss. Im viertklassigen Fiba-Europe-Cup sorgte Medi Bayreuth für einen Lichtblick. Die Oberfranken hatten sich für das Final-Four-Turnier qualifiziert, das jedoch der Corona-Pandemie zum Opfer fiel.
Insgesamt kein Ruhmesblatt für die acht Bundesligisten und weit weg von Europas Spitze. Für die kommende Saison haben überhaupt nur vier deutsche Klubs gemeldet. Die Schwergewichte München und Berlin bekamen ihren Startplatz in der Euroleague durch den Abbruch der vergangenen Saison für die kommende zugesichert. Ulm startet wieder im Eurocup. Frankfurt und wohl auch Oldenburg hätten dort starten können, verzichteten aber aus finanziellen Gründen auf die Teilnahme; so auch Vechta und Vizemeister Ludwigsburg in der BCL. Dort ist Bamberg als einziger deutscher Klub vertreten. Beim Fiba-Europe-Cup stehen die Teilnehmer noch nicht fest, ein Start eines deutschen Teams ist aber unwahrscheinlich.
Ganz anders verhalten sich die Vereine in Südeuropa. Alleine Spanien stellt in der Euroleague vier Mannschaften. Dazu kommen jeweils vier im Eurocup und in der BCL. Damit spielen zwei Drittel der ACB-Klubs europaweit. Ähnlich sieht es in den EU-Ländern Frankreich (9 Starter), Italien (8) oder Griechenland (5) aus. Türkische Clubs sind neunmal vertreten.
Das sagt der Liga-Boss: Dr. Stefan Holz
Dr. Stefan Holz, Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga, sieht die vergangene Saison mit dem mageren Abschneiden der deutschen Klubs als Momentaufnahme. "Im Jahr davor stand München in der Euroleague gut da, Berlin erreichte das Eurocup-Finale und Bamberg das BCL-Final-Four. Europäisch gesehen sind wir - außer mit der spanischen ACB - sportlich und wirtschaftlich mit vielen Ligen auf Augenhöhe", sagt Holz, betont jedoch, dass der historische Stellenwert des Basketballs in vielen südeuropäischen Ländern ein anderer als in Deutschland sei. Deshalb versteht Holz die Vereinsverantwortlichen. "Die rechnen spitz und gehen finanziell kein Risiko ein. Jeder Bundesligist will auch 2021/22 noch existieren. Die Herangehensweise von Klubs in Südeuropa ist zum Teil anders, vor allem, wenn die noch staatliche Gelder erhalten. Die agieren nach dem rheinischen Grundgesetz, et hätt noch immer jot jejange." Der BBL-Geschäftsführer erinnerte an dieser Stelle aber auch an den Rückzug von Eskisehir noch vor dem Beginn der BCL-Saison 2018/19. Ob die Vereine die nächste Spielzeit finanziell alle überstehen, stellt Holz in den Raum.
"Die kommende Saison setzen wir mal in Klammern. Die Situation ist sehr speziell. Klar hätte ich gerne mehr deutsche Teilnehmer, doch die Entscheidung treffe nicht ich, sondern die Klubs", sagt Holz, der auch die möglich sinkende Qualität der Teams im Auge hat, wenn Spieler sich lieber Vereine suchen, die in einem europäischen Wettbewerb spielen.
Das sagt der Insider: Wolfgang Heyder
Wolfgang Heyder, früherer Geschäftsführer bei Brose Bamberg und Liga-Insider, sieht die fehlende Basketball-Kultur als größten Bremsschuh, der die Entwicklung der BBL auf europäischem Niveau limitiert. "Eine Kultur oder Identität gibt es in Deutschland nur regional. Hier hat Basketball eine gute Qualität und ist ein Thema, aber gesamtgesellschaftlich ist Basketball nicht relevant. Dabei ist Deutschland auf europäischem Niveau vorn dabei", sagt der 63-jährige Bamberger und meint damit die Erfolge der Jugendnationalmannschaften bei den Europameisterschaften in den vergangenen Jahren. "Leider haben die Männer es verpasst, bei der letzten WM für einen Schub in der Öffentlichkeit zu sorgen."