Julian Gressel erobert die USA: "Dieser Weg ist nicht planbar"
Autor: Tobias Schneider
Bamberg, Freitag, 07. Dezember 2018
Julian Gressel aus Neustadt/Aisch lebt den amerikanischen Traum. In der Nacht auf Sonntag kann er mit Atlanta den Titel in der Major League Soccer holen.
Der Weg des Julian Gressel klingt unwirklich, rasant verläuft sein Aufstieg: 2013 spielte der inzwischen 24-Jährige noch für den FC Eintracht Bamberg in der Regionalliga sowie für seinen Heimatverein TSV Neustadt/Aisch in der Landesliga. Er war ein talentierter Nachwuchsspieler unter vielen. Nun, fünf Jahre später, haben seine Gegenspieler Namen wie Zlatan Ibrahimovic, Wayne Rooney oder Bastian Schwein-steiger. Durch starke Leistungen auf dem College hat sich Gressel vor zwei Jahren für einen Platz im Kader von Atlanta United in der Major League Soccer (MLS) empfohlen. Im ersten Jahr wurde er bester Nachwuchskicker der Liga, in dieser Saison steht er als Leistungsträger seines Teams im Finale um den MLS-Cup, der Meisterschaft. In der Nacht auf Sonntag (2 Uhr, live bei Eurosport) empfängt Atlanta United die Portland Timbers in der heimischen Mercedes-Benz-Arena vor 70 000 Fans. Der Sieger schnappt sich den Titel. Und Gressel steht vor dem bisherigen Höhepunkt seiner Karriere.
Herr Gressel, mal ehrlich: Wenn Ihnen vor fünf Jahren jemand gesagt hätte, wo Sie im Dezember 2018 stehen, Sie hätten denjenigen doch für verrückt erklärt?
Julian Gressel: Als ich damals auf das College gewechselt habe, war es natürlich ein Wunschgedanke, eines Tages Profi zu werden. Das exakt so zu planen, ist aber nicht möglich. Man weiß ja nicht, wie der Weg weitergehen wird, es bleiben viele auf der Strecke. Eine große Verletzung kann vieles verbauen. In meinem Fall ist alles perfekt gelaufen. Andererseits ist mir nichts einfach so in den Schoß gefallen, ich habe viel und hart dafür gearbeitet und in jungen Jahren meine Familie in Deutschland zurückgelassen, um den Schritt in die USA zu wagen. Ich habe noch ein paar Jahre als Profi vor mir und hoffe, dass ich auch in der Zukunft von schweren Verletzungen verschont bleibe.
Den Klub Atlanta United gibt es erst seit zwei Jahren, er ist aber das Aushängeschild der Liga mit einem Schnitt von mehr als 50 000 Zuschauern und begeistert mit Offensivfußball. Warum funktioniert Fußball in Atlanta so gut?
Atlanta ist eine Stadt mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturen, viele haben ihre Wurzeln in Europa oder Südamerika, in Regionen also, in denen der Fußball schon immer sehr populär ist. Das war sicher ein Grund bei der Auswahl des Standorts. Dazu kommt das neue und große Stadion, das wir uns mit den Footballern der Falcons teilen. Dass sich ein so krasser Boom entwickelt, hat viele überrascht - auch den Klub und mich selbst. Es funktioniert deshalb so gut, weil eine Riesennachfrage vorhanden ist. Viele unserer Fans waren vorher sicherlich auch Anhänger von Vereinen aus Europa, speziell aus der englischen Premier League. Einen Klub wie unseren aus dem Nichts mit aufzubauen, macht als Fan auch Spaß, sie identifizieren sich voll mit uns. Das bekomme ich oft zu hören.