Schiedsrichter zu werden in einem Drei-Tages-Kurs. Funktioniert das eigentlich?
Das funktioniert sogar sehr gut. Früher wurden die Kurse über fünf oder sechs Wochenenden abgehalten. Natürlich kann man da mehr ins Detail gehen, das Ergebnis ist aber dasselbe. Heutzutage ist Zeit ja ein seltenes Gut. Der Verband liegt daher richtig, den Kurs auf drei Tage zu verknappen.
Wie hat sich denn das Teilnehmerfeld zusammengesetzt?
Ich weiß nicht, ob es überhaupt einen klassischen Anwärter gibt, den man in irgendeine Schublade stecken kann. Wir waren ein bunt gemischter Haufen. Da war vom Elf- bis zum 50-Jährigen alles dabei.
Gab es Lehrinhalte beziehungsweise Regeln, die Ihnen noch gar nicht geläufig waren?
Als Fußballer weiß man natürlich, wie das Spiel funktioniert. Aber ich denke trotzdem, dass die wenigsten aller Aktiven jemals ein Regelbuch in der Hand hatten. Bei manchen Sachen versteht man nun besser, was warum und wie geahndet wird, weil es im Regelwerk exakt so festgehalten ist.
Sie haben den Test mit voller Punktzahl bestanden, durchgefallen ist von den 13 Neulingen niemand. Fühlen Sie sich nun auch als richtiger Schiedsrichter?
Ich bin ehrlich: Komisch ist das schon noch. Es haben ja auch Personen in meinem Umfeld mitbekommen, dass ich den Kurs absolviert habe. Gerade am Anfang bin ich oft darauf angesprochen worden, aber so richtig als Schiedsrichter fühle ich mich noch nicht. Aber ich denke, dass wird nach dem ersten gepfiffenen Spiel ganz anders sein.
Man wird Sie also tatsächlich als Schiedsrichter in Aktion erleben?
Natürlich. Es macht keinen Sinn, einen Schein zu besitzen und nichts dafür zu tun. Wer einen Führerschein macht, will ja irgendwann auch mal Auto fahren. Und natürlich will ich sehen, ob ich das kann. Es hilft mir zwar sicherlich, schon viele Partien als Spieler bestritten zu haben. Ob ich dann gleich ein guter Schiedsrichter bin, ist eine andere Frage. Von dieser Seite gesehen reizt mich das schon sehr.
Welche Linie werden Sie als Schiedsrichter vertreten?
Das kann ich jetzt so genau gar nicht sagen. Als Spieler findet man es wohl immer besser, wenn ein Schiedsrichter viel laufen lässt, um einfach den Spielfluss zu gewährleisten. Aber als Schiedsrichter fehlt mir die Erfahrung, zudem hängt das ja auch immer von den beiden Mannschaften ab. Ich denke, da gibt es keinen Königsweg.
Hat der Kurs zur Folge, dass Sie Entscheidungen des Unparteiischen besser akzeptieren können?
Ja, hat er tatsächlich. In Schiedsrichter-Kreisen hat sich meine Teilnahme natürlich schnell rumgesprochen. Ich habe schon das Gefühl, dass man auf einer anderen Ebene kommuniziert. Egal ob jetzt vor, während oder nach dem Spiel. Und auf der anderen Seite kann man einzelne Entscheidungen des Schiedsrichters wesentlich besser nachvollziehen, weil man eben die Regeln genau kennt.
Würden Sie Ihren Mannschaftskollegen einen Kurs nahelegen?
Absolut, jederzeit. Am Anfang hört sich das natürlich immer recht trocken an. Eine Regel ist eine Regel, da gibt es relativ wenig Spielraum. Aber letztendlich bringt es jedem etwas. Man hat auch als Schiedsrichter gewisse Vorteile, zum Beispiel freien Eintritt bis hoch zur Bundesliga. Auf der anderen Seite bringt es den Vereinen natürlich auch viel. Jeder Verein ist ja eigentlich dazu verpflichtet, für jede aufstiegsberechtigte Mannschaft einen Schiedsrichter zu stellen und muss eine Strafe zahlen, falls er es nicht macht. So gesehen ist es eine Win-Win-Situation für alle - Spieler, Schiri und Verein.
Michael Demus über die Zukunft der Schiedsrichter
Am liebsten würde Michael Demus ihm sofort eine Pfeife in die Hand drücken und auf den Platz schicken. "Als Schiedsrichter ist Joe Bechmann ein absolutes Juwel, das nur poliert werden muss", sagt der Lehrwart der Schiedsrichter-Gruppe Bamberg: "Er ist erfahren, körperlich topfit, kennt und lebt den Fußball. Bevor er nach dem Karriereende als Spielertrainer irgendwo anfängt, sollte er lieber Schiedsrichter werden. Ich bin mir sicher, dass er rucki-zucki in zwei oder drei Jahren in der Landesliga pfeifen würde."
Wie viele Schiedsrichter-Gruppen stehen auch die Bamberger vor einem Generationenproblem: Es hören mehr Unparteiische auf als Neue nachkommen. Ein Trend, der sich in den kommenden Jahren verschärfen und dazu führen wird, dass Jugendspiele oder Partien aus unteren Klassen nicht mehr besetzt werden können. Und das möchte Demus unter allen Umständen verhindern.
Erwachsene an die Pfeife
Wie viele neue Schiedsrichter aber dauerhaft dem Job an der Pfeife nachgehen, steht in den Sternen. Gerade die jüngere Generation verliere recht schnell die Lust, wenn sie mit der oft rauen Realität auf einem Fußballplatz konfrontiert werde. "Viele junge Schiedsrichter sind ja außerdem selbst Fußballer, die teils höherklassig spielen. Irgendwann stehen sie vor der Entscheidung: spielen oder pfeifen", erklärt Demus.
Auch deshalb hofft der Lehrwart, künftig mehr Erwachsene für das Schiedsrichterwesen begeistern zu können. "Wir suchen nicht nach Marathonläufern, wichtiger ist es, das Regelwerk vernünftig zu vermitteln und zu kommunizieren." Auch Mädchen hätten schnelle Aufstiegsmöglichkeiten.
"Die Schiedsrichter durchlaufen alle eine Erfahrungsphase, werden gecoacht, beobachtet und betreut. Dann kristallisiert sich irgendwann heraus, ob sie förderfähig sind", sagt Demus. Anhand eines Punktesystems wird ermittelt, wer in höhere Ligen aufsteigt.
Mitgliedschaft nötig
Schiedsrichter zu werden bedeutet aber auch, einem Verein anzugehören. Während in manchen Ländern das Schiedsrichterwesen vom Verband losgelöst ist, sind die deutschen Schiedsrichter ein Teil davon. Das hat zur Folge, dass ein Schiedsrichter zwingend Mitglied in einem Verein sein muss. "Das ist sicherlich ein Hindernis für viele. Warum das so sein muss, erschließt sich mir nicht", sagt Demus.
Info: Lehrwart Michael Demus steht für sämtliche Fragen rund um das Schiedsrichter-Wesen und die Ausbildung unter Telefon 0172/ 8314406 und per E-Mail an michael.demus@t-online.de zur Verfügung. red
Prüfungsinhalte
Theorie (Regeln 1 bis 17): 1. Spielfeld, 2. Ball, 3. Spieler, 4. Ausrüstung der Spieler, 5. Schiedsrichter, 6. Weitere Spieloffizielle, 7. Dauer des Spiels, 8. Beginn und Fortsetzung des Spiels, 9. Ball im und aus dem Spiel, 10. Bestimmung des Spielausgangs, 11. Abseits, 12. Fouls und unsportliches Betragen, 13. Freistöße, 14. Strafstoß, 15. Einwurf, 16. Abstoß
17. Eckstoß
Theorie-Prüfung: 30 Fragen insgesamt. Die ersten zehn sind Multiple-Choice-Aufgaben, danach folgen 20 zu lösende Text-Aufgaben. 50 von 60 Punkten sind zum Bestehen notwendig.
Praxis-Test: Lauftest über 1000 Meter. Bestanden hat, wer weniger als acht Minuten benötigt. red