Gähnende Leere? Das denken fränkische Fußball-Fans über den Re-Start
Autor: Maximilian Glas
Bamberg, Montag, 18. Mai 2020
Der erste Geisterspieltag der Bundesliga-Geschichte hat bei den Fans gemischte Gefühle ausgelöst. Die einen sind froh, dass wieder gekickt wird, die anderen sehen die Saisonfortsetzung weiter kritisch. Eine Umfrage bei Fanclubs aus der Region.
Bamberg"Natürlich hat das ein bisschen was von Alte Herren, 19 Uhr, Flutlicht-Atmosphäre", sagte Thomas Müller nach dem 2:0-Sieg des FC Bayern München am Sonntag bei Union Berlin in der fast menschenleeren "Alten Försterei". "Altherren-Fußball", auf den die Nation anscheinend gewartet hat. Denn der Bundesliga-Neustart vor Geisterkulisse bescherte Pay-TV-Sender Sky laut eigener Aussage "den reichweitenstärksten Bundesliga-Samstag der Sendergeschichte". Mehr als fünf Millionen Fans sahen die Übertragungen der Spiele am Samstag im Fernsehen und im Livestream.
Doch wie kamen die Partien unter besonderen Rahmenbedingungen bei den Zuschauern an? Unsere Zeitung hat Fanclub-Vorsitzende aus der Region befragt.
Markus Zipfel (Fanclub "Korbstadt-Glubberer" Lichtenfels/1. FC Nürnberg): Fernseher auf die Terrasse stellen, gemütlich Grillen und ein Bier trinken: ein Stück Normalität hat sich für Club-Fan Markus Zipfel aus Lichtenfels am Sonntagmittag eingestellt. "Normalerweise sind wir mehr Leute, diesmal musste ich es natürlich auf die Familie beschränken", sagt der Vorsitzende des Fanclubs "Korbstadt-Glubberer". "Es hat sich alles etwas merkwürdig angefühlt. Das Spielgeschehen war nicht so intensiv wie sonst, es hatte eher den Charakter eines besseren Trainingsspiels. Aber ich persönlich bin einfach froh, dass endlich wieder gekickt wird. Da gehen die Meinungen bei uns im Fanclub aber auseinander. Ich sehe es so: Auch der Club ist ein Wirtschaftsunternehmen, an dem viele Existenzen hängen. Deshalb ist es gut, dass gespielt wird."
Zipfel kann sich noch gut an das erste Geisterspiel der Club-Historie erinnern - die Partie bei Alemannia Aachen im Januar 2004 (3:2 für Aachen). "Damals war es unvorstellbar, dass es so etwas noch einmal geben wird." Auch das zweite Geisterspiel am Sonntag beim FC St. Pauli verloren die Nürnberger (0:1). "Es war ein typisches Club-Spiel. Vorne wurden etliche Chancen nicht genutzt. Da fehlt einfach ein Knipser wie es früher Sasa Ciric war. Und in der Schlussviertelstunde mal wieder einen Treffer kassiert. Viele Club-Fans sagen ja jetzt schon wieder spaßeshalber, es wäre besser gewesen, wenn die Saison abgebrochen worden wäre."
Nur einen Spieltag nach dem Neustart steht der FCN bereits gewaltig unter Druck. Nach den Siegen der Konkurrenten Wehen Wiesbaden und Karlsruher SC beträgt der Vorsprung des Clubs auf die Abstiegsplätze nur noch ein Pünktchen. Nun sei auch Trainer Jens Keller gefordert, aus den qualitativ guten Einzelspielern endlich ein funktionierendes Team zu formen.
Dabei wünscht sich Zipfel etwas mehr Emotionalität. "Am Sonntag konnte man gut hören, dass Jens Keller ein ruhigerer Vertreter ist, sein Gegenüber Jos Luhukay hatte deutlich mehr Feuer an der Seitenlinie. Das wünsche ich mir in gewissen Situationen auch von Keller."