FC Eintracht verliert turbulentes Geisterspiel
Autor: Tobias Schneider
Bamberg, Sonntag, 10. März 2019
Das Topspiel gegen Neudrossenfeld entwickelt sich zu einem Drama in mehreren Akten: Dass die Gäste mit 1:0 gewinnen, ist am Ende pures Glück.
60 Minuten in Unterzahl und trotzdem das dominierende und bessere Team: Der FC Eintracht hat das leidenschaftliche und unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragene Topspiel in der Landesliga gegen den TSV Neudrossenfeld mit 0:1 verloren. Ein Ergebnis, das angesichts des Spielverlaufs wie ein schlechter Scherz wirkt.
Der Verlauf des Spiels
Packende Zweikämpfe, hohe Laufbereitschaft: Der FC Eintracht setzte Neudrossenfeld über die gesamte Zeit zu. War das Spiel zunächst ausgeglichen und von hochkarätigen Chancen auf beiden Seiten geprägt, übernahm der FCE nach der Roten Karte gegen Robin Renner (29.) und dem verwandelten Handelfmeter zum 0:1-Rückstand durch Stefan Kolb gänzlich die Kontrolle über das Spiel. Und das in Unterzahl. Neudrossenfeld kam nur noch vereinzelt zu Entlastungsangriffen und spielte seine Konter zum Ende hin schlampig aus. Allerdings hatten die Gäste mit Tobias Grüner einen Mann zwischen den Pfosten, der über sich hinauswuchs.
Der Pfiff des Spiels
Robin Renner schaute ungläubig, Keeper Fabian Dellermann wollte noch verhindern, was nicht mehr zu verhindern war: Schiedsrichter Manuel Steigerwald griff sofort an die Gesäßtasche und verwies Renner des Feldes (29.). Ein Handspiel soll es gewesen sein, als er für den geschlagenen Dellermann auf der Linie stehend einen Schuss von Stefan Kolb klären wollte. Und da er ein sicheres Tor verhindert hatte, folgte in der Konsequenz der Platzverweis. Den Elfmeter verwandelte schließlich Kolb und war dabei mit dem Glück im Bunde: Dellermann tauchte in die richtige Ecke ab, patschte den Ball aber nur noch gegen den Innenpfosten - 0:1. Die Beurteilung der Elfmeterszene erhitzte die wenigen Gemüter auf der Tribüne, eine sicher strittige Szene. "Der Arm war angelegt. Was soll ich machen?", sagte Renner wenig später, als er sich untröstlich unter die wenigen Zuschauer auf der Tribüne mischte. Ausschlaggebend bei der Entscheidungsfindung ist einzig, ob das Handspiel mit Absicht erfolgt oder nicht. Begriffe wie "Vergrößerung der Körperfläche" oder "unnatürliche Körperhaltung" existieren zwar im Sprachgebrauch, sind aber noch nicht im Regelwerk verankert. Das ändert sich ab Juni und macht die Handspiel-Regel dann wohl noch undurchsichtiger.
Aufgrund der Distanz von einigen Metern hätte Renner vielleicht die Möglichkeit gehabt, den Arm noch wegzuziehen. Die Absicht besteht in diesem Fall also darin, dass er das Handspiel billigend in Kauf genommen haben könnte. Eine ganz ähnliche Szene sollte sich kurz darauf auf der Gegenseite ereignen - ohne den folgenden Elfmeterpfiff: Patrick Görtler ließ einen Kopfball über den Schädel streichen, der Ball landete am Oberkörper eines einige Meter entfernten Neudrossenfelders. Eine Berührung mit der Hand ist naheliegend (siehe Bildgalerie) und eine ähnliche Argumentation wie im vorangegangenen Fall möglich. Der Pfiff blieb aber aus, der FCE musste auf anderem Wege zum Torerfolg kommen. Er tat sein Möglichstes.
Der Held des Spiels
Was der FC aber versuchte, an Tobias Grüner gab es an diesem Tag kein Vorbeikommen: Der TSV-Torhüter zeigte mehrere Glanzparaden und war der entscheidende Mann, dass Neudrossenfeld mit drei Zählern nach Hause fahren durfte. Zunächst entwickelte sich ein Privatduell mit Tobias Ulbricht: Der Routinier scheiterte im Eins-gegen-Eins mit einem zu schwachen Versuch auf idealer Fanghöhe (11.). Dann schraubte er sich nach einem Einwurf und einer Görtler-Flanke hoch, der Flugkopfball aus wenigen Metern war aber zu unplatziert - und Grüner parierte mit einem Reflex (25.). Nachdem Ulbricht das Tor nicht gelang, versuchte es Görtler. Dessen ersten Versuch aus 20 Metern ließ Grüner noch prallen (20.), war aber zwei Minuten später mit einer Sensations-Tat zur Stelle: Den strammen Görtler-Schuss aus spitzem Winkel wischte er noch mit einer Hand über die Latte - Ecke statt Traumtor in den Winkel. Chancenlos wäre er allerdings in der zweiten Halbzeit gewesen, als sich Lukas Schmittschmitt den Ball zu einem Freistoß zurechtlegte, zwei Meter hinter der rechten Strafraumkante (66.). Der Ball segelte in formvollendeter Kurve rechts um die Mauer herum, klatschte aber nur an die Unterkante der Latte und sprang am reaktionslosen Grüner zurück ins Feld. Beim nächsten Hochkaräter des FCE sollte Grüner aber wieder im Fokus stehen: Marco Schmitt zog im Strafraum mit links ab, der 27-Jährige kratzte den Schuss aber noch aus der langen Ecke (71.). Die letzte Gelegenheit vergab schließlich Patrick Görtler, als er aus spitzem Winkel den Ball über die Latte jagte, vielleicht aber lieber den Pass in die Mitte hätte forcieren sollen (85.).
Das Unding des Spiels
Vielleicht war es ein taktischer Kniff, um Zeit zu schinden, vermutlich aber eine emotionale Unbeherrschtheit: In der Schlussphase quittierte TSV-Coach Werner Thomas eine Zuschauerbemerkung während des laufenden Spiels lautstark damit, dass "ihr den Punktabzug nicht umsonst bekommen habt." Eine Aussage, die wiederum sein Pendant Michael Hutzler auf die Palme brachte. Es folgte ein hitziges Wortgefecht an der Seitenlinie, Schiedsrichter und Ordner bereinigten die Szene. "Da gibt es keine Vorgeschichte. Ich weiß nicht, was ihn da geritten hat. So etwas sagt man nicht, das ist unsportlich", sagte Hutzler. Den obligatorischen Handschlag gab es vorerst nicht.
Die Geste des Spiels
Die Sicht hinter der Hecke und dem Zaun war bescheiden, der leichte Nieselregen ebenfalls unangenehm. Davon abschrecken ließen sich aber bis zu 40 Fans des FCE nicht. Sie verfolgten das komplette Spiel unterhalb der Anzeigetafel, sangen und hängten ein Banner auf. Alles verlief friedlich. Nach dem Spiel ging die Mannschaft geschlossen zu ihnen. Eine Geste, die Hutzler gefiel: "Ich finde beides super: Dass sie uns unterstützt haben und dass die Mannschaft zu ihnen gegangen ist."