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Fabien Causeur - die neue Nr. 1


Autor: Udo Schilling

Bamberg, Dienstag, 06. Sept. 2016

Mit dem Olympia- und Weltmeisterschaftsteilnehmer aus Brest hat Brose Bamberg den Posten des nach Istanbul gewechselten Brad Wanamaker hochkarätig besetzt.
Fabien Causeur trägt in der kommenden Saison das Trikot mit der Nr. 1. Foto: Daniel Löb


Fabien Causeur, der 29-jährige Franzose, hat 93 Euroleague-Spiele, davon 89 für Vitoria, auf dem Buckel. Die nächste wird seine sechste Saison in der europäischen Topliga. Mit Nikos Zisis (253 Euroleague-Spiele), Nicolo Melli (105) und Leon Radosevic (90) haben die Bamberger in der Königsklasse jede Menge Erfahrung. Dazu kommt mit dem 32-jährigen Weißrussen Vladimir Veremeenko (130 Eurocup-Spiele) ebenfalls ein routinierter Haudegen.
"Fabien ist ein Mann von Format. Er ist bodenständig, sympathisch und passt menschlich hervorragend in die Mannschaft. Er wird sich mit seiner Persönlichkeit aber noch mehr in der Kabine für das Miteinander einbringen", sagte unlängst Brose-Geschäftsführer Rolf Beyer in der Süddeutschen Zeitung über Causeur.


Trainer Andrea Trinchieri will einen Vergleich zu Brad Wanamaker nicht ziehen: "Wir hatten keine Chance, einen neuen Wanamaker zu finden, deshalb haben wir uns nach einem anderen Typen umgeschaut. Ich weiß nicht, ob das funktioniert. Aber wir haben mindestens einen sehr guten Basketball-Spieler mit hohem Basketball-IQ und fünf Jahren Euroleague-Erfahrung. Wir haben etwas verloren, wir haben aber auch etwas erhalten. Warten wir das Resultat ab."
Aussagen über Causeur, die nach einem Gespräch mit dem Franzosen verlangen.

Bretonen gelten als etwas skurril. Auch Asterix mit seinem Dorf ist ja in der Bretagne angesiedelt. Was ist an Ihnen skurril?
Ich weiß nicht - ich bin ein typischer Bretone, komme aus der Nähe von Brest. Zwei Minuten vom Meer entfernt steht mein Elternhaus. Wir sind zum einen offen, aber stolz auf unsere Stadt, in der man sehr zusammenhält. Überall in Frankreich erkennt man die Bretonen, wenn sie sich treffen - das ist schon sehr speziell. Man erkennt die Fans beispielsweise bei jeder Fußball-WM an unserer bretonischen Flagge. Jedes Jahr freue ich mich, in meine Heimat zu kommen, um die frische Brise zu atmen.

Auch Linkshändern wird ja gerne eine Macke angedichtet.
Ich weiß nicht. In meiner Familie gibt es jedenfalls vier Linkshänder. Die ganze Familie ist basketballverrückt. In Brest war mein Großvater der Coach meines Onkels und meines Vaters. Meine beiden Schwestern spielen derzeit zusammen, eine ist 18, die andere 30. Deren drei Kinder spielen auch schon Basketball. Ich begann mit sechs Jahren das Spielen. Mein Vater war mein Trainer. Da wurde ich schon süchtig nach dem Spiel.

Von der Bretagne wechselten Sie in die Normandie nach Le Havre und über Cholet nach Vitoria ins spanische Baskenland. Auch eine Region mit Eigenheiten, wie eine isolierte Sprache. Wie war das da?
Ich war immer in kleinen Städten zum Basketball spielen. In Vitoria wird der Sport gelebt. Die Basken fühlen Basketball, kommen zu den Spielen und machen ein Fest daraus. Sie stehen hinter dem Team.

Die Fans in Bamberg werden als Freaks bezeichnet. In Vitoria hat man auch eine besondere Fankultur. Beim Euroleague-Final-Four in Berlin waren über 1000 Anhänger mit Blaskapelle in der Arena und sorgten für die beste Stimmung.
Oh ja - auch bei der Copa del Rey (Anm. der Red.: dem spanischen Königspokalturnier) wollen die Fans zeigen, dass sie die besten in Spanien sind. Selbst wenn wir verloren haben, feierten sie uns noch nach dem Spiel. Etwa in Berlin - das war ein sehr besonderer Moment für das Team.

Nun kommen Sie nach Franken. Die Menschen hier gelten auch als sehr eigen. Ist Ihnen das bewusst?
Nein. Aber ich habe von den Fans gehört. Im letzten Jahr war ich leider nicht in Bamberg dabei, weil ich verletzt war. Doch meine Teamkollegen erzählten mir, dass es sehr schwer war, hier zu spielen.

Beim Final Four in Berlin spielten Sie wegen einer Rückenverletzung im Halbfinale gegen Fenerbahce Istanbul nur drei Minuten. Wie bitter war das?
Das war zum einen eines der besten Wochenenden als Basketballspieler. Zum anderen für mich persönlich eines der schlechtesten. Wenn man zum Final Four reist, weißt man nicht, ob man jemals wieder dabei sein wird. Man will sein Bestes geben, und dann kannst du es nicht zeigen. Da spielst du 20 Jahre Basketball und dann das. Ich versuchte mich zu zwingen, dem Team zu helfen, verletzte mich dann aber beim Aufwärmen - eine Rückenblockade. Ich sagte meinem Coach, obwohl ich wusste, dass es nicht okay ist, ich probiere es. Das war sehr frustrierend. Ich habe von der Bank aus versucht, mein Team zu unterstützen, war aber sehr enttäuscht von der Situation.

Auch für die französische Nationalmannschaft mussten Sie absagen, nachdem Sie 2010 bei der WM und 2012 in London dabei gewesen waren. Hat es Sie geschmerzt, als Sie Tony Parker & Co. in Rio haben spielen sehen?
Das war eine andere Situation. Da habe ich entschieden, nicht zum Team zu stoßen. Ich habe dem Verband gesagt, ich muss an meinem Körper arbeiten, um eine gute nächste Saison zu spielen. Das war ich dem Klub schuldig. Klar wäre ich gerne dabei gewesen. London war eine überragende Erfahrung, das Beste, was einem Sportler passieren kann. Aber eine Karriere bedeutet eine Menge Höhen und Tiefen. Du weißt nie, was passiert, aber das schlechteste ist eine Verletzung. Das ist mir passiert - Pech. Aber das musst du abhaken und an die Zukunft denken.

In Bamberg spielen Sie in einem europäischen Team mit Spielern aus acht verschiedenen Nationen plus einem Amerikaner. Ist das ein Vorteil für die Euroleague?
Das kann ich nicht sagen. Es ist schön, verschiedene Kulturen im Team zu haben. In Vitoria war es ähnlich, daher bin ich es gewohnt. In Bamberg sind fast alle aus dem vergangenen Jahr geblieben, sodass es für mich einfacher wird, ins Team zu finden. Die Chemie stimmt, ich hoffe, wir haben eine gute Zeit. Wir sind aber erst am Anfang.

Das Team ist neben Ihnen mit vielen guten Guards besetzt. Wie schätzen sie den Spielaufbau international ein?
Die Euroleague wird in dieser Saison härter als je zuvor. Die besten Spieler Europas konzentrieren sich auf die 16 Teams. Ich bin sicher, unser Back-Court ist wettbewerbsfähig, erfahren in der Euroleague und wird sein Bestes geben, um dagegen zu halten.

Was oder wer hat Sie überzeugt, für zwei Jahre nach Bamberg zu wechseln, immerhin haben Sie in Ihrem vierten Jahr in Vitoria ihre beste Euroleague-Saison hingelegt und standen mit ihrem Team im Final-Four?
Der Coach. Er sprach mit mir im Sommer, dass er mich haben möchte, dass er mich coachen möchte. Ich denke, das ist wichtig. Ich habe immer Orte gewählt, wo ich mich als Spieler verbessern, dem Team helfen und spielen kann. Bamberg ist eine gute Gelegenheit, eine neue Liga und für mich als Person und als Spieler ein neues Land kennenzulernen.

Und wie sind Ihre ersten Eindrücke nach gut zwei Wochen?
Trainer Trinchieri spricht viel mit mir und erwartet auch viel von mir. Er pusht mich. Manchmal sagt er sachen, die ich nicht gerne höre, weil sie weh tun, aber er ist ein fairer Coach. Er fordert von dir das Beste, was du geben kannst. Das will ich, auch wenn es etwas Zeit braucht.

Bisher trugen sie stets die Nr. 5. Die wird aber nicht mehr vergeben. Das Trikot mit der Fünf von John Goldsberry hängt unter dem Arena-Dach. Warum haben Sie sich für die 1 entschieden, ist ja auch eher ungewöhnlich für Basketballer...
Ich war mir sicher, dass ich wieder die Fünf tragen kann. Als man mir sagte, das geht nicht, wusste ich nicht, was ich machen soll. Ich habe bisher immer die Fünf gehabt, in Vitoria die 55, aber ich wollte die nicht mehr. Die 1 ist schön, nicht nur wegen der Position auf dem Feld. Der Hauptgrund ist jedoch: Ich habe am 1. Januar meine Freundin kennen gelernt, ein guter Tag, deshalb fiel die Wahl auf die Eins - eine Glückszahl.

Haben Sie schon Unterschiede zwischen Vitoria und Bamberg festgestellt?
Ja, vor allem im Zeitplan für uns Spieler. Hier wird früher am Tag trainiert und daher auch früher gegessen, so wie ich es aus Frankreich gewohnt war. In Vitoria fand alles viel später am Tag statt, da kamst du oft erst um zehn, elf nachts zum Abendessen. Beim ersten Vormittagstraining in Bamberg war ich echt müde. Inzwischen habe ich den Rhythmus gefunden. Als wir einmal einen Vormittag frei hatten, war ich trotzdem um 8 Uhr wach. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Organisation hier wirklich spitze ist. Wir Spieler müssen uns nur um Basketball kümmern. Alles andere wird einem abgenommen. Die Leute hier sind organisatorisch perfekt. Das erwartet man wohl auch von euch hier in Deutschland.

Franzosen gelten ja gemeinhin als Feinschmecker. Was essen Sie am liebsten?
Ich mag alles und esse gerne. Ich habe hier schon ein paar gute Plätze gefunden. Ich liebe es, in Restaurants zu gehen und etwas Neues auszuprobieren. Ich habe auch Coach Andrea gefragt, der kennt sich da aus, wo ich für dies oder für das hingehen kann.

Und wenn Sie zu Hause sind?
Crepes! Aber auch Meeresfrüchte. Der Fisch in der Bretagne ist hervorragend. Dann kocht meine Mutter all das, was ich mag. Aber Crepes gehören zu meinen Top Drei.

Rotwein oder Weißwein?
Ich mag Weißwein, den teile ich mit meiner Freundin. Zu Crepes gibt's Cidre.

Aber Sie wissen schon, dass Bamberg eine Bierstadt ist?
Oh ja, das weiß ich. Als ich am ersten Tag zum Medizintest kam, gingen sie hinterher mit mir in ein Restaurant mit vielen Biersorten. Ich wusste nicht, welches ich nehmen sollte, dann habe ich verschiedene probiert.
Das Gespräch
führte Udo Schilling