Er ist verkabelt, trägt eine Maske und kommt mächtig ins Schwitzen: Kenneth Ogbe. Der Neuzugang von Brose Bamberg hat den Medizincheck absolviert. Unser Portal bekam exklusive Einblicke.
In der letzten halben Stunde kommt Kenneth "Kenny" Ogbe richtig ins Schwitzen. Der unangenehme Teil einer Leistungsdiagnostik für Profisportler steht an: die Spiroergometrie. Der 25-Jährige ist verkabelt, trägt eine Maske. Der Widerstand des Fahrradergometers, auf dem Ogbe sitzt, wird immer größer. Die Belastbarkeit seiner Lunge und seines Herz-Kreislauf-Systems werden überprüft, die Atemgase unter körperlicher Anstrengung gemessen. Schweiß läuft an dem durchtrainierten Oberkörper herab. "Den Teil des Medizinchecks müsste ich nicht unbedingt haben, er ist aber notwendig", sagt Ogbe nach dem Check, bei dem unsere Zeitung exklusiv dabei ist, schmunzelnd. Frisch geduscht wartet er auf die Nachbesprechung mit dem Arzt.
Dass es Auffälligkeiten geben könnte, glaubt der Neuzugang von Brose Bamberg nicht. "Ich fühle mich fit und bin athletischer und schneller als je zuvor." Der Medizincheck, den Profisportler und Neuzugänge eines Vereins regelmäßig machen müssen, sei Routine. Böse Überraschungen gebe es selten. "Ich persönlich habe es noch nicht erlebt, dass es jemand nicht durch diesen Check geschafft hat", sagt Dr. Olaf Pöppelmeier. Er ist am Bamberger Klinikum Oberarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und bei Ogbes Medizincheck der behandelnde Arzt. Genaue Auskunft über die Ergebnisse der Untersuchung des Deutsch-Nigerianers darf er nicht geben. Wegen der ärztlichen Schweigepflicht.
Bei Medizinchecks wird die Sporttauglichkeit festgestellt. "Es geht darum, Gefahren für den Sportler zu reduzieren. Sollten Auffälligkeiten erkannt werden, würde man den Patienten nachbehandeln", erklärt Dr. Pöppelmeier. Sportler wie Kenneth Ogbe werden orthopädisch und kardiologisch-internistisch untersucht. "Wir arbeiten interdisziplinär zusammen." Werden keine Probleme festgestellt, darf der Sportler loslegen.
Auf Herz und Nieren geprüft
Bei Bambergs neuem Guard dauert die Leistungsdiagnostik rund drei Stunden. Ob Ultraschall des Herzens, Ruhe- und Belastungs-EKG, Blutabnahme oder Funktionsprüfung der Gelenke - Ogbe wird sprichwörtlich auf Herz und Nieren geprüft. Auch auf die Verletzungsgeschichte eines Sportlers wird bei einem Anamnese-Gespräch eingegangen. Im Fall von Ogbe ist diese Akte dünn. Zwar verpasste er 2015/2016, als er an der University of Utah spielte, den Großteil der Saison wegen Leistenproblemen, seitdem ist der geborene Münchner aber frei von Verletzungen. Und er ist bereit, in Bamberg den nächsten Schritt zu machen.
Nach zwei Jahren bei Alba Berlin, in denen er 2020 Pokalsieger und deutscher Meister wurde, sollen in Bamberg mehr Einsatzminuten als in der Hauptstadt zusammenkommen. "Ich will mich weiterentwickeln", sagt Ogbe, der seit jeher als großes Talent galt, auf den großen Durchbruch aber noch wartet. Der soll beim neunfachen deutschen Meister gelingen. Sein neues "Wohnzimmer", die Bamberger Brose-Arena, kennt Ogbe gut. Als er in der Jugend für die Franken-Hexer Nürnberg spielte, war Ogbe von der Stimmung fasziniert. "Die Atmosphäre in Bamberg ist die beste in Europa."
Das DBB-Team als Ziel
Dass die einstige "Freak City" nicht mehr so verrückt ist wie in den erfolgreichen Jahren, hat auch Ogbe festgestellt. "Ich hoffe, dass wir durch unsere Leistungen wieder dafür sorgen, dass die Stimmung so wird wie früher." Mit seinen eigenen Leistungen will sich Ogbe auch für höhere Aufgaben empfehlen: in der Nationalmannschaft. Bislang kam er auf Einsätze in der U20 und im A2-Team. "Ich habe das Zeug dazu", zeigt sich Ogbe selbstbewusst, den Sprung zu Nationaltrainer Henrik Rödl zu schaffen. Zumal Ogbes Guard-Position als Baustelle im DBB-Team gilt. Sollte es sportlich in Bamberg rundlaufen, wäre Ogbes Glück perfekt.
Im November erwarten Kenneth Ogbe und seine Frau Jordan, die er in den USA auf dem College kennenlernte, ihr erstes Kind. "Jetzt müssen wir nur noch mit Bamberg Erfolg haben, dann passt alles", sagt Ogbe schmunzelnd. Dass alles passt, sollte auch auf seinen Medizincheck zutreffen. In diesem Jahr ist die Leistungsdiagnostik aber nicht der einzige Test, dem sich Kenneth Ogbe unterziehen muss. Nach seiner Rückkehr aus dem USA-Urlaub musste sich Ogbe auf das Coronavirus testen lassen. Das Hygienekonzept der Bundesliga sieht zwei negative Tests im Abstand von zwei Tagen vor, um für seinen Verein trainieren und spielen zu dürfen.