Ein Berliner startet in Bamberg durch
Autor: Maximilian Glas
Bamberg, Mittwoch, 20. November 2019
Bei Alba groß geworden, bei den Bayern weiterentwickelt und bei Brose kurz vor dem Durchbruch: Der 20-jährige Nelson Weidemann hat mit seiner Unbekümmertheit schnell seine Rolle gefunden.
Mit Serienmeistern kann Nelson Weidemann wenig anfangen. "Ich mag die Golden State Warriors nicht wirklich, weil sie die letzten Jahre einfach zu gut waren. Da habe ich mich immer auf die Seite des Gegners geschlagen", sagt der 20-Jährige über das übermächtige NBA-Team der vergangenen Jahre. Übermächtig in der deutschen Basketball-Landschaft war über viele Jahre der neunmalige Meister Brose Bamberg. Der gebürtige Berliner gibt grinsend zu: "Ja, als ich als kleines Kind immer bei den Alba-Spielen in der Halle war, ging Bamberg gar nicht. Aber das ist lange her."
Mittlerweile ist der FC Bayern, zu dem Weidemann 2016 wechselte, mit zwei nationalen Titeln in Folge auf dem Weg zum neuen Basketball-Serienmeister. Dass der Aufbauspieler die bayerische Landeshauptstadt (Vertrag beim FCB läuft bis 2022) im Sommer vorerst verließ, liegt weniger an seiner Antipathie gegenüber vermeintlich übermächtigen Mannschaften, sondern vielmehr an seinen sportlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Weidemann kam lediglich auf drei Bundesliga-Einsätze und sammelte seine Spielpraxis vornehmlich als Leistungsträger in der zweiten Mannschaft in der ProB.
Da die Bayern ihren Kader im Sommer qualitativ wie quantitativ weiter aufgerüstet hatten, legten die Verantwortlichen dem ehemaligen Juniorennationalspieler einen vorübergehenden Wechsel nahe.
Die Bamberger schlugen Ende Juli zu: Weidemann wurde für zwei Jahre ausgeliehen - mit anschließender Kaufoption. Eine Entscheidung, die der 20-Jährige vier Monate später nicht bereut. "Ich habe nicht wirklich damit gerechnet, dass ich so viel spiele. Ich bin sehr erleichtert", sagt Weidemann, der in den bisherigen acht Bundesliga-Partien knapp zehn Minuten auf dem Parkett steht. "Ich sehe das als eine Belohnung für meine harte Arbeit in den letzten drei Jahren an."
Zwei große Jugendlieben
Weidemann, dessen Vater aus Ghana stammt, wurde in der Jugend von Alba Berlin groß. "Meine Mutter hat in der Schule gespielt, mein sieben Jahre älterer Cousin hat mich dann immer mit auf den Freiplatz oder in die Halle mitgenommen", erzählt der inzwischen 1,90 Meter große Aufbauspieler. Weidemanns zweite Leidenschaft in der Jugend war die Musik. Er probierte sämtliche Instrumente, von der Gitarre über Piano bis zum Schlagzeug, aus. Die Liebe zum orangenen Leder setzte sich aber durch.
Für Basketball-Experten ist Weidemanns Cousin kein Unbekannter: Der 27-jährige Bill Borekambi spielt seit vielen Jahren in der 2. Liga ProA, aktuell in Schwenningen. Im Gegensatz zu seinem Cousin, der zwei Jahre an einem College in Kalifornien verbrachte, entschied sich Weidemann in jungen Jahren gegen den Schritt nach Übersee: "Ich hatte einige Angebote und habe darüber nachgedacht. Ich war zu dem Zeitpunkt zwar schon ausgezogen, habe aber mein Zuhause und die Familie sehr vermisst. Ich konnte mir damals noch nicht vorstellen, Deutschland zu verlassen." Für sein Heimatland war Weidemann in den Jugendnationalmannschaften durchgehend eine Stütze. 2016 gewann er mit der U18 das Albert-Schweitzer-Turnier, das als inoffizielle Weltmeisterschaft dieser Altersklasse gilt. Zwei Jahre später sicherte er sich mit dem deutschen U20-Team die Bronzemedaille bei der Europameisterschaft in Chemnitz - gemeinsam mit seinem jetzigen Bamberger Teamkollegen Louis Olinde.