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Brose-Trainer Roijakkers: "Haben Ballbewegung vergessen"


Autor: Maximilian Glas

Bamberg, Sonntag, 08. November 2020

Brose-Trainer Johan Roijakkers muss mit seiner Mannschaft eine bittere 75:78-Niederlage bei den Hamburg Towers hinnehmen. In der zweiten Halbzeit erzielt Bamberg nur noch 25 Punkte und leistet sich zwölf Ballverluste.
Mit hängenden Köpfen verließen die Bamberger Spieler nach der unglücklichen Niederlage in Hamburg das Spielfeld. Daniel Löb


Bei acht Sekunden Restspielzeit und einem Punkt Rückstand dribbelt sich der Bamberger Aufbauspieler Tyler Larson beim Ballvortrag auf den Fuß: eine symptomatische Aktion für das Auftreten der Brose-Mannschaft in der zweiten Halbzeit am Sonntagnachmittag in Hamburg. Ein Dutzend Ballverluste leisteten sich die Gäste in den zweiten 20 Minuten.

Einer der Gründe, warum das Team von Trainer Johan Roijakkers die Auftaktpartie bei den Hamburg Towers mit 75:78 (50:40) verlor. "Wir hatten in der zweiten Halbzeit einfach nicht mehr die Intensität, die wir gebraucht hätten", sagte Bambergs Topscorer Dominic Lockhart (20 Punkte) am Mikrofon von Magentasport. "Wir haben zu viele Fehler gemacht und dann auch die Würfe nicht mehr getroffen. Hamburg ist ein sehr gutes Team, keine Frage, aber wir haben das Spiel aus der Hand gegeben."

Bundesliga

Hamburg Towers - Brose Bamberg 78:75

(25:26, 15:24, 15:14, 23:11)

In der ersten Halbzeit hielten sich bei den Bambergern die Ballverluste (4) in Grenzen, das Spiel hakte in anderen Bereichen. Brose war gegen ein Team, das körperlich im Nachteil war, von Anfang an beim Rebound unterlegen. Gerade einmal drei Abpraller bekam Bamberg im ersten Viertel in die Hände, am Ende sollten es 13 weniger als beim Gegner sein.

Das runderneuerte Team der Towers zeigte in der Anfangsphase seines ersten Pflichtspiels bereits eine gute Ballbewegung. Der letztjährige Brose-Spieler Kameron Taylor führte sein Team offensiv an und trug zur 19:11-Führung nach sechs Minuten bei.

Die Bamberger Guards ließen sich defensiv zu einfach im Eins-gegen-Eins schlagen. Das nutzte vor allem der nur 1,75 Meter große Hamburger Aufbauspieler TJ Shorts immer wieder geschickt aus, indem er über die linke Seite zum Korb zog und in der Zone häufig die Center Maik Kotsar und Marvin Ogunsipe bediente.

Trotz schläfriger Verteidigung verzichtete Roijakkers im ersten Viertel auf eine Auszeit und behielt letztlich Recht. Denn das Zusammenspiel seiner Mannschaft wurde immer besser und wie in Bologna war vor allem auf Dominic Lockhart Verlass. Der 26-Jährige traf in der ersten Hälfte sicher von außen und nutzte seine Größenvorteile auch beim Zug zum Korb immer wieder aus. 20 Punkte gelangen ihm in Halbzeit eins, kein einziger in den zweiten 20 Minuten. Nach zwei krachenden Dunkings von Center David Kravish und Chase Fieler im Schnellangriff übernahm Bamberg zum Ende des ersten Viertels die Führung (25:26).

Danach schaltete das Brose-Team defensiv einen Gang nach oben und setzte sich kontinuierlich ab. Neuzugang Devon Hall kam bei seinem Debüt bereits länger als ursprünglich geplant zum Einsatz (26 Minuten), da Kenneth Ogbe kurzfristig zur Geburt seines ersten Kindes aus Hamburg abreiste.

Hall erzwang in seinen ersten Minuten nichts und konzentrierte sich auf seine defensiven Aufgaben, war dann aber kurz vor der Halbzeitpause da. Mit einem Dreier aus der Ecke nach Pass von Bennet Hundt und einem schwierigen Korbleger schraubte er den Bamberger Vorsprung erstmals auf mehr als zehn Punkte (37:48).

Von der flüssigen Ballbewegung und der aggressiven Verteidigung des zweiten Viertels blieb nach der Pause nicht mehr viel übrig. Nachdem die ersten 20 Minuten mit sehenswerten Spielzügen und hohen Wurfquoten für ein erstes Ligaspiel für Außenstehende sehr gut anzuschauen war, entwickelte sich die Begegnung im zweiten Durchgang zu einem echten Kampf.

Towers drehen Spiel mit Intensität

Und da hatten die Towers um Co-Kapitän Max Dileo die Nase vorne. Der emotionale Anführer besorgte mit einem Dreier nach einem 12:1-Lauf wieder die Hamburger Führung (52:51). Die Bamberger benötigten unglaubliche siebeneinhalb Minuten für ihren ersten Feldkorb. Brose leistete sich unzählige "Unforced Errors": Hall stand auf der Seitenauslinie, Hundt rutschte zweimal aus oder der Ball wurde beim Einwurf nicht innerhalb von fünf Sekunden ins Feld gebracht. Konstanz und Stabilität kam bis auf ein dreiminütiges Zwischenhoch Ende des dritten Viertels nach Dreiern von Hall (zwei) und Vitali nicht mehr ins Bamberger Spiel.

Roijakkers wechselte auf der Point-Guard-Position munter durch, doch fand an diesem Nachmittag weder in Bennet Hundt noch in Co-Kapitän Tyler Larson eine ordnende Hand, die Brose Bamberg für eine erfolgreiche Saison aber dringend benötigt.

Bei Larson fiel zum wiederholten Mal auf: Fällt der erste Wurf nicht, ist sein Selbstvertrauen nicht da und er mutiert zu einem offensiven Nullfaktor (0 von 8 Feldwürfe). Dass Brose trotz vieler Fehler trotzdem bis in die Schlussphase eine Siegchance hatte, lag auch daran, dass die Towers jede Menge Punkte von der Freiwurflinie liegen ließen (16/26). Doch aus der Distanz fanden die Mannen von Trainer Pedro Calles in den letzten Minuten ihr Händchen. Terry Allen brachte die Hausherren mit einem Dreier 90 Sekunden vor Schluss nach langer Zeit wieder in Front (74:73).

Fieler konnte im Gegenzug noch für Bamberg kontern, doch in den letzten Angriffen agierte Brose glücklos. Ein Dreierversuch des schwachen Christian Sengfelder für den Ausgleich in der letzten Sekunde verfehlte sein Ziel. Bamberg blieb bei mageren 25 Punkten in der zweiten Halbzeit. "Da haben wir offensiv nicht mehr stattgefunden. In der Defensive waren wir in Teilen noch ganz o.k., im Angriff haben wir die Ballbewegung dann einfach vergessen", resümierte Coach Roijakkers.

Spieler des Spiels

Devon Hall benötigte in seinem ersten Spiel auf europäischem Boden kaum Eingewöhnungszeit. Der Shooting Guard stellte sich in den Dienst der Mannschaft und übernahm in der schwierigen Phase im dritten Viertel Verantwortung. Der 25-Jährige hatte einen guten Rhythmus, wurde dann aber nicht mehr in Szene gesetzt.

Die Basketball-Statistik

Hamburg: Allen (20/3 Dreier), Kotsar (14), K. Taylor (12/2), Swing (9/2), Ogunsipe (7), Shorts (6), Dileo (5/1), Hollatz (5), Rich, Cuthbertson, B. Taylor Bamberg: Lockhart (20/4), Hall (13/3), Fieler (11/1), Kravish (10), Vitali (9/2), Hundt (7/1), Odiase (5), Sengfelder, Larson Schiedsrichter: Cici, Oruzgani, Arik Zuschauer: keine Gesamtwurfquote: Hamburg 42 Prozent (27 Treffer/62 Versuche), Bamberg 44 (26/59)

Dreierquote: Hamburg 42 Prozent (8/19), Bamberg 36 (11/30) Freiwurfquote: Hamburg 61 Prozent (16/26), Bamberg 75 (12/16) Rebounds: Hamburg 43 (29 defensiv/14 offensiv), Bamberg 30 (26/4) Ballgewinne/-verluste: Hamburg 4/13, Bamberg 7/16

Assists: Hamburg 16 / Bamberg 18 Fouls: Hamburg 22 / Bamberg 22