Brose Bamberg: Basketballer schwitzen im knöcheltiefen Sand
Autor: Klaus Groh
Bamberg, Mittwoch, 30. August 2017
Beim Athletiktraining mit Sandro Bencardino wird den Brose-Assen einiges abverlangt.
Mittwoch, 9.30 Uhr, Außentemperatur 22 Grad - es ist Schwitzen angesagt für die Brose-Basketballer. Am zehnten Tag der Vorbereitung auf die neue Saison steht die insgesamt 18. Trainingseinheit auf dem Programm. Zum siebten Mal bat dabei Athletiktrainer Sandro Bencardino auf dem Kunstrasenplatz der DJK Don Bosco Bamberg in Wildensorg die neue Mannschaft zu einem eineinhalbstündigen Programm, bei dem die Basketball-Asse an Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer arbeiteten.
Es sieht alles so einfach aus, wenn der bewegliche und topfitte 50-jährige Ironman-Triathlet die Übungen vormacht. Vor allem den großen Jungs kommt dagegen schon mal ein leiser Fluch über die Lippen, wenn sie bei einer Größe von 2,08 m, wie Quincy Miller, versuchen, die komplexen Vorgaben umzusetzen.
"Auf geht's, schneller", lauten die bestimmten Anfeuerungsrufe, die Bencardino seinen Schützlingen zuruft. Ab und zu ist bei den Jungs auch ein Grinsen zu erkennen, wenn ihr "Vorturner" ihnen ein aufmunterndes "gut gemacht" zuruft.
Nach einem ausführlichen Stretching-Programm, bei dem wirklich alle Muskelgruppen einbezogen werden, folgt ein Zirkeltraining, mit dem Kraft und Koordination verbessert werden sollen. Und zum Abschluss folgt noch eine kurze Einheit im tiefen Sand des Beachvolleyball-Platzes. Bei den Sprungkraft- und Sprintübungen mobilisieren auch die Routiniers die letzten Reserven.
"Sandro ist einfach fantastisch"
Bryce Taylor, der Neuzugang aus München, beantwortet die Frage, ob diese Form des Trainings für einen Basketballer nicht lästig sei, wie folgt: "Das ist ein Teil der Vorbereitung und hilft uns, stärker zu werden und die Kondition für eine hoffentlich lange Saison zu verbessern. Sandro ist einfach fantastisch. Ich finde, jeder sollte dankbar sein, dass wir so einen engagierten Athletiktrainer haben. Er verfügt über so viel Erfahrung. Und es zeigte sich in den letzten Jahren, dass sich alle Spieler, die mit ihm und Coach Andrea Trinchieri gearbeitet haben, deutlich gesteigert haben."Von Vorteil ist für die Spieler bei diesem Kraftakt, die Temperaturen sind inzwischen auf 25 Grad im Schatten gestiegen, sicher auch, dass sie im Sommer nicht auf der faulen Haut lagen. Leon Radaosevic erzählt, dass er nach der Meisterschaft im Urlaub gerade einmal sechs Tage mit dem Training ausgesetzt hatte, bevor er wieder an seiner Fitness gearbeitet hat. Vorgesehen ist von den Brose-Verantwortlichen, dass sich die Jungs etwa zwei Wochen erholen, bevor sie in ihr Hausaufgaben-Programm, das alle mitbekommen haben, starten. Die regelmäßigen Schnelligkeits-, Reaktions- und Ausdauertests zeigen dann auch schonungslos den Fitness-Zustand auf.
Am Nachmittag stand noch eine knapp zweistündige Einheit in der Halle auf dem Programm, in der Erfolgstrainer Andrea Trinchieri seinen Schützlingen seine Philosophie nahe brachte und auch bereits an der Taktik arbeitete.
Belohnung für Spender
Was seine Jungs schon umsetzen können, wird sich beim ersten Testspiel am 6. September gegen Crailsheim zeigen. Dabei sind die Zuschauer noch ausgeschlossen. In den Genuss, das neue Team erstmals live zu sehen, kommen einige Fans am 10. September um 18 Uhr, wenn der österreichische Erstligist aus Gmunden in der Brose Arena antritt. Diese Partie ist eine Kompensationsleistung für das in der letzten Saison ausgefallene Liga-Spiel gegen die insolventen Hagener. Die etwa 2000 Dauerkartenbesitzer, die sich das Eintrittsgeld für diese Partie nicht zurückzahlen ließen, sondern es an den Brose Bamberg e.V. spendeten, erhalten eine Eintrittskarte. Bis es aber soweit ist, wird in der Halle noch viel Schweiß fließen, auch wenn die Temperaturen in den nächsten Tagen in den Keller gehen sollen.
Harris und Theis bewegen im Fitnessstudio Tonnen von Gewichten
Bevor Sandro Bencardino die Brose-Stars ab 21. August unter seine Fittiche nahm, hatten sich diese vorher schon mit individuellem Training über den Sommer fit gehalten. Mannschaftskapitän Elias Harris und sein Kumpel Daniel Theis, der künftig für die Boston Celtics in der NBA spielt, gründeten für drei Wochen ihre eigene Trainingsgruppe und präsentierten ihre Fortschritte in den sozialen Medien unter dem Hashtag #TheisHarrisBootCamp.
Neben einer zweistündigen Basketball-Einheit am Nachmittag, quälten sich die beiden am frühen Morgen in einem Bamberger Fitnessstudio - unter der Anleitung von Personal Trainer Deniz Bozkurt, der gemeinsam mit den beiden Big Men ein Trainingsprogramm erstellte, um Schnell-, Sprungkraft und Ausdauer durch gezielte Übungen zu erhöhen. "100-prozentiges Vertrauen ist wichtig. Die Jungs haben sich voll auf das Training eingelassen, haben an sechs Tagen die Wochen in zweistündigen Einheiten Tonnen von Gewichten bewegt", so Bozkurt. "Jeder normale Mensch hätte nach einer solchen Einheit erst einmal zwei, drei Tage Muskelkater und könnte gar nichts mehr machen."
Auch bei den kraftraubendsten Übungen, wenn es beispielsweise galt, einen Gewichtsschlitten mit 360 Kilogramm Ladung mehrere Bahnen durch das Studio zu schieben, hielt das Duo eisern durch. "Wir haben richtig Gas gegeben. Quälen muss man sich bei jeder Übung, aber am Ende hat man auch etwas davon", sagt Harris.
Beschwerdefreies Training
Eine Qual war für den 28-Jährigen die vergangene Saison, als er aufgrund von Knieproblemen einen Großteil der Saison verpasste. Mittlerweile könne Harris das rechte "Problemknie" aber wieder voll belasten und verspüre keinerlei Schmerzen. Trotzdem war die Nationalmannschaft in diesem Sommer kein Thema für ihn. "Ich hatte mehrmals während der Saison Kontakt zu Henrik Rödl (Anm. d. Red.: Co-Trainer der Nationalmannschaft). Wir haben gemeinsam entschieden, dass die EM zu früh kommt. Ich hätte auch von der Belastung her ein etwas mulmiges Gefühl gehabt, von der Nationalmannschaft kommend, direkt in eine Euroleague-Saison zu starten", erklärt Harris, der seinem besten Kumpel Daniel Theis nicht nur für die heute startende Eurobasket die Daumen drückt, sondern natürlich auch für sein NBA-Abenteuer in Boston. "Unser ganzes Team wird ihn weiter supporten. Ich habe ihm gesagt, dass er jeden einzelnen Moment genießen soll. Seine Rolle in der NBA zu finden, ist eine Mentalitätsfrage - und da mache ich mir bei Daniel überhaupt keine Sorgen." Personal Trainer Deniz Bozkurt möchte Theis auch während der NBA-Saison beratend zur Seite stehen. Den Kontakt zu Celtics-Headcoach Brad Stevens habe er bereits gesucht. "Ich bin mir sicher, dass Daniel in den USA in kurzer Zeit fünf, sechs Kilo Masse draufpackt. Damit wird er auch seine Sprungkraft und seine Agilität noch einmal auf ein neues Level heben", erklärt Bozkurt.