Bayern vor Schlager in Bamberg mit Glanzleistung
Autor: Klaus Groh
Bamberg, Samstag, 05. Dezember 2015
Die Brose Baskets wurden in der Euroleague von ZSKA Moskau bei der 88:100-Heimniederlage auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Wenn am Sonntag gegen Bayern München ein Sieg gelingen soll, ist vor allem in der Verteidigung eine Steigerung nötig.
Die Euphorie, die die vier Euroleague-Siege in Folge im November in Freak City ausgelöst hatten, war am Donnerstagabend schnell verflogen. Die Brose Baskets wurden bei der 88:100-Niederlage von ZSKA Moskau knallhart auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Vielleicht war das aber auch ein Dämpfer zur rechten Zeit. Am Sonntag (17 Uhr) muss sich der deutsche Meister gegen den Finalgegner Bayern München ganz anders präsentieren, wenn die Heimserie zumindest in der Bundesliga halten soll.
"Moskau hat sehr gut gespielt. Sie haben starke, erfahrene Spieler und in der Offensive ihren Rhythmus gefunden. Wir konnten sie einfach nicht stoppen", stellte Bambergs Kapitän Brad Wanamaker, der mit zwölf Punkten und neun Assists eine gewohnt starke Vorstellung bot, enttäuscht fest. Im Hinblick auf die Zukunft und das Duell mit den Bayern meinte er: "Es war gut, gegen ein so starkes Team zu spielen. Aus dieser Niederlage können wir eine Menge lernen. Wir wissen, wie wichtig ein Sieg ist - nicht nur für die Tabelle, sondern auch für den Respekt. Wir mögen die Bayern nicht, sie mögen uns nicht. Kurz gesagt: Wir müssen gewinnen."
Auch Trainer Andrea Trinchieri hofft, dass seine Jungs nach dieser Pleite umdenken und zurück zu ihrer defensiven Qualität finden: "Wenn wir aber unser Ego vor den Teamgedanken stellen, dann werden wir nichts lernen. Wir haben gegen einen Final-Four-Kandidaten gespielt - da gibt es natürlich einen Unterschied. Den haben wir heute gesehen. Um in solchen Spielen bestehen zu können, musst du zwölf Spieler haben, die bereit sind. Wir hatten heute keine zwölf. Wir brauchen jeden. Unsere Verteidigung war enttäuschend." Und Trinchieri stellte knallhart fest: "Wir waren heute nicht bereit, auf diesem Niveau zu spielen."
ZSKA hat immer Antwort parat
Nando de Colo (27 Punkte/11 Assists) brachte die Bamberger schon in der Anfangsphase mit seiner Treffsicherheit zum Verzweifeln. Es machte sich Frust breit auf Seiten der Bamberger, die allerdings aufgrund der individuellen Qualität von Wanamaker, Nicolo Melli, Janis Strelnieks, Darius Miller und Nikos Zisis im Spiel blieben und nach 22 Minuten noch mit 52:51 in Front lagen. Danach drehte aber de Colo erneut auf und war maßgeblich daran beteiligt, dass sich das Star-Ensemble aus Moskau fünf Minuten später mit sehenswerter spielerischer Leichtigkeit erstmals eine zweistellige Führung (69:58) gesichert hatte.Immer, wenn sich die Bamberger anschickten, mit viel Einsatz den Rückstand zu verkürzen (75:81), hatten Cory Higgins (23 Punkte) und der Ex-Bamberger Kyle Hines (17) postwendend die passende Antwort parat und sorgten dafür, dass der Erfolg nicht mehr in Gefahr geriet.
Hines von Freak City begeistert
"Wir sind mit großer Intensität rausgekommen und haben ihnen die Energie geraubt. Das war der Schlüssel zum Erfolg, denn es ist nicht leicht, hier zu gewinnen. Die Bamberger haben einige erfahrene Spieler in ihren Reihen. Dass sie die Top 16 so früh erreicht haben, zeigt, wie stark sie sind", analysierte "Karl-Heinz", wie er von den Fans in Bamberg genannt wird, die Partie. Das 1,98 Meter "kleine" Kraftpaket war überwältigt vom Empfang, den ihm die Zuschauer bereiteten: "Die Fans hier gehören sicher zu den besten in ganz Europa. Freak City, das ist einfach großartig. Nach so langer Zeit hierher zu kommen und so freundlich begrüßt zu werden, das hat mich sehr gefreut."Jetzt gilt es für die Brose Baskets, zu einer geschlossenen Mannschaftsleistung zurückzufinden und Kapital daraus zu schlagen, dass die Bayern am Freitagabend in Straßburg noch ein wichtiges Euroleague-Auswärtsspiel bestreiten mussten, das sie klar mit 82:69 gewannen. Dabei legten die Münchner nach fantastischen ersten drei Vierteln (66:40-Führung) im Schlussabschnitt den Schongang ein und ermöglichten den Gastgebern am Ende noch ein wenig Ergebniskosmetik. Beim FC Bayern ragten die Center John Bryant (17 Punkte) und Deon Thompson (14) heraus. Aber auch Nihad Djedovic (10), K.C. Rivers (10), Bryce Taylor (9), Alex Renfroe (8), Dusko Savanovic (7), Paul Zipser (4) und der Ex-Bamberger Anton Gavel (3) steuerten wichtige Punkte zum Erfolg bei. Dieser Erfolg ermöglicht den Bayern in den verbleibenden beiden Partien gegen Real Madrid und bei Roter Stern Belgrad noch die Chance, nach den Bambergern als zweite deutsche Mannschaft in die Top 16 einzuziehen.
Yassin Idbihi: Sich mit dem Ex-Verein zu beschäftigen, ist verschwendete Energie
Für Yassin Idbihi, der vor der Saison vom Vize Bayern München zum Meister nach Bamberg gewechselt ist, kommt es am Sonntag (17 Uhr) im Südschlager der Basketball-Bundesliga in der Brose Arena zu einem Wiedersehen mit etlichen ehemaligen Teamkollegen. Im Interview offenbarte der 32-jährige Center seine Einschätzungen.Wie ist das Gefühl, gegen die alten Weggefährten zu spielen?
Yassin Idbihi: Ich bin ja schon ein bisschen älter und habe schon gegen viele Ex-Vereine gespielt. Mittlerweile ist das ein Spiel wie jedes andere. Man ist darauf fokussiert, das Spiel einfach irgendwie zu gewinnen. Bayern ist ein direkter Konkurrent um die vorderen Tabellenplätze, und wir wollen sie hinter uns lassen.
Wie schätzen Sie die Chancen der Bamberger bei der Neuauflage des letztjährigen Finales ein?
Wir spielen in eigener Arena und wollen alle unsere Heimspiele gewinnen. Wir haben sicher ganz gute Chancen, aber in so einem Topspiel kann immer viel passieren. Da kann mal Bayern, mal Bamberg gewinnen - das hat man in der letzten Saison in der Finalserie gesehen. So ein Spiel erwarte ich auch am Sonntag.
Svetislav Pesic hat Sie in der letzten Saison am Ende gar nicht mehr eingesetzt. Geht man da mit dem Gefühl ins Spiel, dir zeige ich es?
Zu allererst herrscht bei mir das Gefühl vor, dass ich dankbar bin, hier in Bamberg noch einmal die Chance bekommen zu haben. Alles, was in München passiert ist, gehört bei mir der Vergangenheit an. Das ist für mich ein Abschnitt, der jetzt vorbei ist. In meinem ersten Jahr bin ich dort Meister geworden - habe auch viel dazu beigetragen. Das zweite Jahr hat es sportlich nicht so gut geklappt. So ist das halt. Jetzt konzentriere ich mich voll auf Bamberg. Wenn man sich die ganze Zeit Gedanken macht über den Ex-Verein und den Ex-Trainer, ist das einfach verschwendete Energie. All meine Energie setze ich jetzt für Bamberg ein, nicht für München.
Sind Sie mit Ihrer Rolle in Bamberg zufrieden?
Wir gewinnen im Moment. Wir spielen in der Euroleague super gut. Ich habe noch nicht konstant gute Leistungen gebracht. Aber ich bekomme immer wieder vom Trainer eine Chance - dafür bin ich ihm sehr dankbar. Ich werde weiter hart arbeiten und bin zu 100 Prozent davon überzeugt, dass ich dem Verein und dem Trainer das Vertrauen, das sie mir entgegengebracht haben, zurückzahlen werde.
Was ist für Sie der Schlüssel zu diesen tollen Erfolgen in der Euroleague?
Wir spielen Team-Basketball. Unsere Führungsspieler sind absolut selbstlos und suchen immer den besser postierten Mann. Teilweise passen wir sogar zu viel. Das ist jetzt schon meine zehnte Profi-Saison in Deutschland, aber so etwas habe ich noch nie miterlebt. Das ist natürlich ein Grund, ein anderer ist unsere Defensive. Viele Spieler können drei, vier Positionen verteidigen, deshalb sind wir sehr flexibel. Verteidigung und das selbstlose Auftreten unserer Führungsspieler sind für mich die Faktoren für den Erfolg.
So etwas funktioniert aber nur, wenn man sich untereinander gut versteht.
Die Team-Chemie ist super, das hängt natürlich viel damit zusammen. Das fängt immer mit den besten Spielern an, mit denen, die die meiste Spielzeit bekommen. Sie sind absolute Vorbilder, wie sie das Team führen.